Orthorexie: krank vor lauter gesunder Ernährung

Es gibt mittlerweile Mütter, die ihr Kind nicht mehr stillen. Und zwar nicht aus medizinischen Gründen, sondern weil diese Mütter sich vegan ernähren – und das auch für ihre Kleinen gelten soll. Und Muttermilch ist nun mal nicht vegan. Es ist dies das perfekte Beispiel für eine Art der Ernährung, die nicht mehr natürlichen Bedürfnissen folgt, sondern sich der Angst unterwirft, alles nicht-Vegane wäre gesundheitsschädlich. Es ist das perfekte Beispiel für eine ‚orthorektische Ernährung‘.

Orthorexie – Was ist das?

Der aus dem Griechischen abgeleitete Begriff ‚Orthorexie‘ bezeichnet den ‚Richtige Appetit‘ und steht für ein zwanghaft ausgeprägtes Verhalten, sich gemäß den eigenen Maßstäben gesund zu ernähren. Die Ernährung wird zur Glaubenssache, zur Ideologie erhoben, deren Befolgen den Betroffenen einen wahren Leidensdruck verursacht. Gesund zu essen wird zur Besessenheit. „Dann hat gesundes Essen krankhafte Ausmaße angenommen“, sagt der Psychiater und Psychotherapeut Ulrich Voderholzer, ärztlicher Direktor der Schön Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee.

Ist Orthorexie nun eine Krankheit oder nicht?

Als Krankheit anerkannt ist die Orthorexie nicht. Manche Ärzte sehen sie bloß als eine kauzige Eigenart. Andere verstehen sie als eine Zwangsstörung und mögliche Vorstufe zu anerkannten Krankheitsbildern wie Magersucht. Denn wie auch bei Anorexie haben Betroffene häufig das Bedürfnis nach Kontrolle in einer als unübersichtlich und chaotisch wahrgenommenen Umwelt. „Orthorexie ist vielfach das Ergebnis einer Suche nach Orientierung in einer komplexen Gesellschaft. Gesundes Essen wird zur Ersatzreligion, stabilisiert das Selbstwertgefühl“, erklärt Voderholzer.

Wie diagnostiziert man eine Orthorexie?

Da Orthorexie bisher nicht offiziell als Krankheit anerkannt wird, gelten eine Reihe von Symptomen lediglich als Anhaltspunkte: Der Gedanke, sich gesund ernähren zu müssen um Krankheiten abzuwenden, besteht dauerhaft und auch außerhalb der normalen Essenszeiten. Werden die aufgestellten Essensregeln nicht eingehalten, leiden Betroffene unter Schuldgefühlen und Ängsten vor gesundheitlichen Folgen. Außerdem versuchen sie, das direkte Umfeld von den selbst aufgestellten Regeln zu überzeugen. Leider stellt sich der oder die Missionierende dadurch häufig ins soziale Abseits.

Kann man eine Orthorexie therapieren?

Es existieren bisher weder Leitlinien zur Therapie einer Orthorexie noch ein Behandlungsplan. Am besten fragen Betroffene oder Menschen, die die Befürchtung haben, ihr eigenes Essverhalten oder das ihrer Familienangehörigen sei nicht ‚normal‘, daher einen Psychologen und Psychotherapeuten um Rat, der sich auf Ernährungsstörungen spezialisiert hat. Gerade wenn die oder der Betroffene extrem an Gewicht und Leistungsvermögen verliert, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Denn dann hat sich das Bemühen, den eigenen Körper gesund zu halten, ganz klar in das Gegenteil verkehrt.

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Quelle: gesund-vital-online.de