Hohe Keimbelastung in Sprossen und küchenfertigen Salatmischungen

Information Nr. 026/2010 des BfR vom 16. Juni 2010

Frische Sprossen und küchenfertige Salatmischungen aus der Tüte, die Tage zuvor geschnitten, gewaschen und verpackt wurden, gehören zu den leicht verderblichen Lebensmitteln. Obwohl sie gekühlt aufbewahrt werden, besteht die Möglichkeit eines schnellen mikrobiellen Verderbs und die Gefahr der Kontamination mit krankmachenden Keimen wie Listerien, Salmonellen, E. coli-Bakterien oder Viren wie Noroviren oder Hepatitis A-Viren. Diese Keime können verschiedene Lebensmittelinfektionen in unterschiedlicher Schwere und mit unterschiedlichen Symptomen wie Übelkeit, Magenverstimmungen, blutigen Durchfällen oder Nierenfunktionsstörungen hervorrufen. Sojasprossen oder Alfalfa sowie küchenfertige Mischungen aus Blattsalaten und Rohkost wie Weiß- oder Rotkohl und Möhren können damit zu einer Infektionsgefahr für den Menschen werden.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat Untersuchungen zur Keimbelastung von Sprossen und küchenfertigen Salatmischungen durchgeführt: 2009 wurden 59 Einzelproben von frischen, fertig verpackten Sprossen und Keimlingen aus dem Einzelhandel untersucht. Das Ergebnis zeigte, dass Keime sich in fertig verpackten Sprossen bereits innerhalb von wenigen Tagen stark vermehren und am Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums eine überdurchschnittlich hohe Keimbelastung für den Verbraucher darstellen. 2008 untersuchte das BfR küchenfertige Mischsalate aus dem Einzelhandel auf Listerienerreger. Von 133 Mischsalaten enthielten 5 % der Proben das krankmachende Bakterium Listeria monocytogenes, insbesondere Mischsalate mit Zusätzen von Weißkohl.

Intakte Salat- und Kohlblätter bieten einen gewissen natürlichen Schutz gegen Keime. Dieser wird zerstört, wenn sie geschnitten werden. An den Schnittflächen tritt Zellsaft aus, der Keime anzieht. Die in den Plastikverpackungen herrschende Luftfeuchte bietet zudem ein ideales Klima zum beschleunigten Wachstum von Mikroorganismen. In der wissenschaftlichen Literatur werden für die hohe Keimbelastung von Sprossen und küchenfertigen Mischsalaten vielfältige Ursachen verantwortlich gemacht. Die Kontamination mit Keimen kann bereits während der Wachstums- oder Erntephase durch die Düngung mit Kompost, Mist, Gülle oder durch das Beregnen mit verunreinigtem Wasser auf Salat, Gemüse oder Sprossen geschehen. Des Weiteren können Hygienemängel während des Bearbeitungsprozesses wie kontaminiertes Waschwasser oder mangelnde Kühlung das Keimwachstum in Sprossen und Mischsalaten begünstigen. Einige Keime werden über landwirtschaftliche Nutztiere in die Lebensmittelkette eingetragen, andere kommen überall in der Umwelt vor. Die Keime haften teilweise fest an der Oberfläche der Pflanzen, insbesondere bei Weißkohl, oder können sogar in das Gewebe eindringen. Inwieweit sich Keime in den Zellen von Pflanzen vermehren, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt. Sicher ist aber, dass Keime sich in der Pflanzenzelle wesentlich langsamer vermehren als in tierischen Zelle. Auch die Aufzucht von Sprossen in besonderen Behältern fördert das Wachstum von Keimen, so dass auf Zwischenreinigungen geachtet werden sollte.

Aus Sicht des BfR ist die Häufigkeit menschlicher Erkrankungen durch den Verzehr von mit Keimen belasteten Gemüsepflanzen in Deutschland aber relativ gering im Vergleich zu den Zahlen an Lebensmittelinfektionen, die auf den Genuss von tierischen Lebensmitteln insbesondere Geflügel- bzw. Schweinefleisch zurückzuführen sind. Das BfR rät Verbrauchern, Sprossen und abgepackte Salatmischungen vor dem Verzehr gründlich zu waschen, um die Keimbelastung zu verringern.

1 Vorgefertigte Mischsalate sowie Sprossen und Keimlinge

In den vergangenen Jahren ist in Deutschland das Angebot an Lebensmitteln, die eine komfortable und bequeme Handhabung bieten, gestiegen. Hierbei stellen die so genannten Fresh-cut-products einen immer größer werdenden Anteil dar. Im Bereich des Gemüses sind das frische, verpackte Salate aus geschnittenen und gewaschenen Einzelkomponenten (Anon. 2008). Diese können zusätzlich mit u.a. Käse, Schinken und/oder einem Dressing sowie einer Kunststoffgabel in einer Schale verpackt angeboten und damit zu einem Fertiggericht aufgewertet werden.

Frische, vorverpackte Mischsalate zählen aufgrund ihrer Zusammensetzung aus geschnittenen Pflanzenteilen und einer hohen primären Keimbelastung zu den leicht verderblichen Lebensmitteln. Sie stellen höchste Anforderungen an die Rohstoffe und Verarbeitungstechnologie. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, besteht nicht nur die Gefahr des mikrobiellen Verderbs, sondern auch die Gefahr der Kontamination mit pathogenen Mikroorganismen, wie zum Beispiel mit Listeria monocytogenes, Salmonellen und pathogenen E.coli. Obwohl die Mischsalate vielfach unter Schutzatmosphäre verpackt werden und in einer ununterbrochenen Kühlkette unter 6°C gelagert werden sollen, können sich psychrotrophe, mikroaerophile Listeria spp. in derartigen Produkten vermehren.

Besonders Weißkohl, der als Zutat in Mischsalaten eingesetzt wird, ist anfällig für Kontaminationen mit Listerien, wie zahlreiche Studien belegen (Kuo, 1990). Frische Sprossen und Keimlinge werden häufig als Brotbelag oder zur Aufwertung von Salaten unbehandelt oder nur kurz blanchiert verzehrt. Am bekanntesten sind Sojasprossen, bei denen es sich um die Sprossen der Mungobohne handelt. Aber auch der Verzehr von anderen Sorten wie zum Beispiel Alfalfasprossen (amerikanische Bezeichnung für Sprossen der Luzerne) oder Sprossen von Linsen, Radieschen, Erbsen (Green Peez), Bohnen und Knoblauch, die wegen ihres sehr milden Aromas geschätzt werden, nimmt zu.

Bei der Aufzucht von Sprossen gibt es verschiedene Systeme. Zumeist werden Sprossen und Keimlinge in speziellen Aufzuchtbehältern gezogen, seltener traditionell in Erde. Aufzuchtbehälter haben eine große Verbreitung im Bio-Handel. Aber auch Discounter und Großhandelsketten bieten frische Sprossen und Keimlinge an. Die Produkte werden zumeist auf sog. Trayschalen aus Kunststoff oder Pappe mit Einschlagfolie oder in geschlossenen Kunststoff-Schalen ohne Schutzbegasung oder sonstige erkennbare Konservierungen (antibakterielle Folien, Inlays) vertrieben. Die Haltbarkeit wird mit bis zu acht Tagen angegeben.

Die mikrobiellen Gefahren bestehen bei der Aufzucht in Erde darin, dass die Keimlinge vom Verbraucher zumeist mit Wurzel geerntet und nur mit Wasser gespült werden. Dies birgt die Gefahr einer hohen mikrobiellen Belastung, besonders wenn organische Dünger zum Einsatz kommen. Bei Produkten, die in Aufzuchtbehältnissen gezogen werden, muss bei der Herstellung auf ein ordnungsgemäßes Zwischenreinigen und Desinfizieren geachtet werden, da die Aufzuchtbehälter einen idealen Brutplatz für Mikroorganismen aller Art darstellen.

2 Bakterielle Kontamination von Sprossen

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat 2009 insgesamt 59 Einzelproben von frischen, fertigverpackten Sprossen und Keimlingen aus dem Berliner Einzelhandel gegen Ende der angegebenen Haltbarkeit untersucht. Dabei handelte es sich um 20 Mungobohnen- (Soja-), 11 Luzerne- (Alfalfa-), 3 Linsen-, 2 Erbsspargel-, 2 Bohnen- (Green Peez), 3 Rettich-, 3 Radieschen-, 1 Fenchel-, 1 Dinkel-, 1 Weizen- und 2 Sonnenblumenerzeugnisse, sowie 10 Mischungen aus Sprossen und Keimlingen. Nach 4 Tagen Lagerzeit bei 10°C stieg die Gesamtkeimzahl z.B. von Mungobohnen bereits von 107 auf knapp 109 KbE pro Gramm. Das BfR hat bei den Versuchen nach Ablauf der angegebenen Haltbarkeit Gesamtkeimzahlen ermittelt, die über 2,0×1010 KbE/g hinaus gingen.

Die auf einigen Packungen angegebenen Hinweise zum Waschen der Produkte verringerten die mikrobielle Belastung nur geringfügig. Durch Spülen mit 1%iger Essigsäure (zweimal je 5 Minuten) konnte die Gesamtkeimzahl unter aeroben Bedingungen um etwa zwei Zehnerpotenzen verringert werden. Bei den Untersuchungen wurden jedoch allgemein so hohe Gesamtkeimzahlen ermittelt, dass zumindest am Ende der maximalen Lagerzeit von einer überdurchschnittlich hohen Keimbelastung für den Verbraucher ausgegangen werden kann.

Vollständiges Dokument:
http://www.bfr.bund.de/cm/208/hohe_keimbelastung_in_sprossen_und_kuechenfertigen_salatmischungen.pdf

Quelle: BfR