Im Jahr der Biodiversität: Die Kartoffel als Verwandlungskünstlerin

2010 ist das Jahr der Biodiversität. Für Artenvielfalt sorgen auch die Bauernfamilien, nicht nur durch das Anlegen von Blühflächen oder Lerchenfenstern, sondern auch durch den Anbau verschiedenster Sorten von Nutzpflanzen. Am Beispiel der Kartoffel wird deutlich, wie durch klassische Pflanzenzucht die Anpassung an Standortbedingungen und unterschiedliche Verbraucherwünsche erfolgt. Damit trägt die Landwirtschaft aktiv zur Sortenvielfalt bei.

Die Kartoffel ist eine echte Verwandlungskünstlerin: mal als Knödel zum Schweinsbraten, mal als Pommes Frites oder vor dem Fernseher als Chips. Sowohl die verschiedenen Verwendungen als auch die unterschiedlichen regionalen Anbaubedingungen fordern und fördern die Vielfalt. Eine Kartoffel, aus der sich prima Knödel formen lassen, eignet sich selten für einen guten Kartoffelsalat. Soll für den bequemen Verbraucher der Kloßteig schon fix und fertig vorbereitet sein, entstehen darüber hinaus Anforderungen für die Verarbeitung. „Um diesen unterschiedlichen Wünschen gerecht zu werden, sind derzeit in Deutschland rund 200 verschiedene Kartoffelsorten zugelassen“, sagt Johann Graf, Fachreferent für Kartoffelanbau im Bayerischen Bauernverband.

Bei Frischkartoffeln im Laden werden in der Regel der Sortenname und die Kocheigenschaften angegeben, wie zum Beispiel „vorwiegend festkochend“. Damit könne der Kunde Rückschlüsse ziehen, für welche Verwendung sich die jeweilige Kartoffel am besten eignet. „Festkochende Sorten eignen sich besser für Salate und Pellkartoffel, mehlig kochende Sorten mehr für Suppen“, erklärt Graf.

Ausgewählt werden die Kartoffeln vom Kunden überwiegend über äußere Merkmale. Kartoffelsorten für den Frischmarkt müssen folglich formschön sein, eine glatte Schale haben und sich gut waschen und polieren lassen. „Innere Werte“, wie Geschmack, werden derzeit leider zu wenig honoriert, erläutert der BBV-Fachreferent.

Neben den klassischen Frischkartoffeln sind Kartoffeln als veredelte Produkte in Form von Pommes Frites, Chips und Knödelteig sehr beliebt. Graf: „Diese Sorten müssen gleichmäßig rund sein und eine glatte Oberfläche haben, damit sie sich gut maschinell schälen lassen.“ Hinzu kommen auch Qualitäten wie die Färbung beim Kochen oder Frittieren.

Aber Kartoffeln werden nicht nur gegessen. Aus Stärkekartoffeln wird in Fabriken Stärke gewonnen, die dann zum Beispiel in der Papierindustrie oder bei der Herstellung von Folien verwendet wird. „Entscheidend ist hier die Zusammensetzung der Stärke, der Stärkegehalt und -ertrag“, sagt Johann Graf. In Brennereien wird aus Kartoffeln mittels Vergärung und Destillation Alkohol erzeugt. Dieser Agraralkohol findet beispielweise Verwendung als Treibstoff oder in der Lebensmittelherstellung.

Um die Versorgung mit Kartoffeln über das ganze Jahr sicherzustellen, gibt es Sorten mit unterschiedlichen Reifezeiten. Die Frühkartoffeln werden schon ab Juni/Juli geerntet. Späte Sorten bleiben bis November in der Erde. Danach geht es in die Lagerhaltung. Hier gibt es Sorten, die sich bis in den Juni des folgenden Jahres halten und so eine ganzjährige Versorgung sichern.

Neben der Zahl alter Sorten aus den Ursprungsländern der Kartoffel hat die lange Nutzung und Züchtung zur Sortenvielfalt beigetragen. Hinzu kommen noch viele regionale Sorten, wie zum Beispiel das „Bamberger Hörnla“ oder auch Süßkartoffeln, die immer mehr Freunde finden. Beim Vorbeifahren an den Kartoffelfeldern sieht nur der Fachmann die Unterschiede, welche sich unter der Erde befinden. Dem Laien fällt höchstens die unterschiedliche Farbe der Blüten auf.

Quelle: Bayerischer Bauernverband