Eisenbedarf für die Gesundheit von Säuglingen

Stiftung Kindergesundheit beantwortet zehn wichtige Fragen zu einem wichtigen Mineral

Untersucht der Kinder- und Jugendarzt ein Baby oder Kleinkind, schaut er sich immer aufmerksam die Unterseite des Unterlids, die Mundschleimhäute und die Haut unter den Fingernägeln an. Schon der schnelle Blick auf diese Bereiche liefert ihm einen ersten, wichtigen Hinweis darauf, ob das Kind unter einer Anämie – umgangssprachlich unter Blutarmut – leidet. Die Bindehaut des Auges und die Mundschleimhaut sind nämlich normalerweise gut durchblutet, also von hochroter Farbe, bei einer Blutarmut dagegen auffallend blass. Die häufigste Form der Blutarmut im Kindesalter ist durch einen Mangel am lebensnotwendigen Spurenelements Eisen bedingt.

Eisenmangel ist die weltweit am weitesten verbreitete Mangelkrankheit. In armen Ländern leidet praktisch jedes zweite Kind unter vier Jahren an einer Eisenmangelanämie. Aber auch bei uns haben schätzungsweise drei Prozent aller Kinder vor allem zwischen dem sechsten und 36. Lebensmonat auffällige Blutwerte: Der Gehalt des Blutfarbstoffs (die so genannte Hämoglobin-Konzentration oder Hb-Wert) im Blut liegt bei ihnen deutlich unterhalb des Normbereichs. Was sich hinter einem Eisenmangel verbirgt und was bei seinem Vorliegen heute getan werden muss, dazu hat die in München beheimatete Stiftung Kindergesundheit die wichtigsten Fragen und Antworten in einer aktuellen Stellungnahme zusammengestellt.

Wozu wird Eisen benötigt?

Eisen ist ein wesentlicher Bestandteil des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin und des Muskelfarbstoffs Myoglobin. Die mit Hämoglobin gefüllten roten Blutkörperchen (Erythrozyten) versorgen die Körperzellen mit Sauerstoff, der für die Energiegewinnung benötigt wird. Myoglobin dient als Speicher für den Sauerstoff. Auch viele Enzyme brauchen Eisen.

Was sind die Ursachen einer Anämie?

„An dieser Krankheit lassen sich die Fortschritte der Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten besonders eindrucksvoll ablesen“, sagt Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Noch vor 70 Jahren kannten die Lehrbücher der Kinderärzte nur eine einzige Anämie – heute wird die Zahl der genau erforschten Formen der Blutarmut auf weit über 200 geschätzt. Am häufigsten kommt es zur Eisenmangelanämie, wenn die Nahrung des Babys zu wenig Eisen enthält. Nur in seltenen Fällen liegt der Grund in ernsthafteren Störungen – zum Beispiel in einer Magen-Darm-Blutung, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn, einer Leukämie oder einer angeborenen Störung“.

Blass, weil Eisen fehlt?

Um es gleich vorweg zu sagen: Nicht jedes blasse Kind leidet an Blutarmut. Die Gesichtsfarbe allein sagt noch gar nichts über den Gesundheitszustand des Kindes aus. Am bleichen Aussehen ist meistens eine harmlose, verminderte Hautdurchblutung oder eine geringere Durchsichtigkeit der Oberhaut schuld. Tatsächlich blutarme Babys sind meist appetitlos und gedeihen schlecht. Ihre Muskeln sind schlaff, manchmal sind Leber und Milz vergrößert. Häufig bleibt aber auch eine Blutarmut längere Zeit unerkannt und wird erst bei einer Blutuntersuchung entdeckt. Eine endgültige Diagnose der Blutarmut liefert nur die Untersuchung des Blutes (Blutbild). Jungen sind übrigens viel häufiger als Mädchen von einer Eisenmangelanämie betroffen.

Welche Kinder sind gefährdet?

Normalgewichtige Babys kommen mit gut gefüllten Eisenspeichern zur Welt. Die Eisenvorräte, die sie von der Mutter mitbekommen, reichen bei reifen Neugeborenen für etwa sechs Monate. Zu früh geborene Kinder, Zwillinge und Drillinge sind dagegen bei ungenügender Eisenversorgung besonders gefährdet. Ihre Eisenvorräte sind schon nach zwei Monaten erschöpft. Dabei brauchen gerade sie viel mehr Eisen als normal geborene Babys, denn sie wachsen im ersten Lebensjahr erheblich schneller.

Welche Folgen sind möglich?

Bei blutarmen Kindern ist die Widerstandskraft gegen Infektionen vermindert. Sie geraten dadurch häufig in einen regelrechten Teufelskreis: Der Eisenmangel führt zu Blutarmut, die Blutarmut begünstigt Infektionen, und Infektionen können den Eisenmangel verstärken.

Wo kommt Eisen reichlich vor?

Die wichtigsten Eisenlieferanten sind tierische Lebensmittel, vor allem mageres Fleisch, Fisch, Wurst oder Eigelb. Aber auch in pflanzlichen Lebensmitteln ist Eisen enthalten, allerdings vorwiegend in der schlechter verwertbaren dreiwertigen Form. Als eisenreich gelten die verschiedenen Getreidesorten, besonders Hirse und Haferflocken, Gemüse, Hülsenfrüchte und Bierhefe (Reformhaus).

Brauchen Babys wirklich Fleisch?

Nach den aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sollten Babys schon mit Beginn des fünften Monats, aber spätestens mit dem Beginn des siebten Lebensmonats den ersten Brei gefüttert bekommen. Als erste Beikost eignet sich besonders gut ein Brei aus Gemüse, Kartoffeln und püriertem Fleisch. Warum eigentlich Fleisch? Professor Koletzko: „Es liefert vor allen anderen eisenreichen Lebensmitteln das meiste Eisen. Aus dem Myoglobin der Fleischmuskeln wird nämlich das Eisen besonders gut resorbiert. Außerdem verbessert Fleisch in der Mahlzeit des Kindes die schlechte Ausnutzung von Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln“.

Enthält die Muttermilch nicht genug Eisen?

Zwar ist die Muttermilch relativ arm an Eisen – sie enthält nur 0,2 bis 0,4 mg pro Liter – gleichzeitig ist aber auch der Eisenbedarf eines reifgeborenen Babys im ersten Halbjahr noch relativ niedrig. Danach wird es aber eng, der Bedarf des Kindes muss durch weitere Eisenquellen gedeckt werden. Professor Koletzko betont: „Stillen bleibt empfehlenswert, daran ist nichts zu rütteln. Nach dem sechsten Monat braucht ein Baby aber mehr als nur Muttermilch. Langes ausschließliches Stillen stellt ein Risiko für die Versorgung mit Eisen dar, wenn das Kind keine eisenreiche Beikost bekommt. Ein erhöhtes Risiko besteht bei ausschließlichem Stillen für mehr als sechs Monaten und bei mehr als fünf Stillmahlzeiten pro Tag mit acht Monaten. Deshalb empfehlen wir nach dem ersten Halbjahr eine zusätzliche Eisenzufuhr zum Stillen““.

Und wenn das Baby mit Fläschchen ernährt wird?

Die Säuglingsnahrungen enthalten zwischen zwei und acht Milligramm Eisen pro Liter. Jenseits von sechs Monaten wird der Eisenbedarf des Babys damit nicht mehr aus der Säuglingsnahrung allein gedeckt. Das Eisen muss also mit Beikost zugeführt werden. Professor Koletzko: „Bei normalgewichtigen Kindern, die mit gefüllten Eisenspeichern zur Welt kommen, sind zusätzliche Eisengaben wenig sinnvoll. Sie könnten bei Babys mit guten Eisenreserven sogar nachteilig sein: In Studien wurde bei Kindern, die zusätzliche Eisengaben bekamen, eine Verzögerung des Längenwachstums festgestellt. Das war jedoch nur bei der Zugabe von Eisenpräparaten der Fall, nicht bei eisenhaltiger Beikost“.

Kann man Babys auch vegetarisch ernähren?

Fleischlose Ernährung wird immer beliebter: In Deutschland geben in Umfragen sieben bis zehn Prozent der Erwachsenen an, sich vegetarisch zu ernähren. Mütter und Väter, die auch ihr Kind aus ökologischen oder weltanschaulichen Gründen grundsätzlich fleischfrei ernähren wollen, sollten folgende Empfehlungen der Stiftung Kindergesundheit beachten: Weil der Organismus des Babys das Eisen aus pflanzlicher Nahrung nur schlecht ausnutzen kann, wird gleichzeitig Vitamin C benötigt. Zum Beispiel in Form von Orangen- oder Apfelsaft, Kartoffeln, Obst- und Gemüsesalaten oder Paprika. Durch die Kombination mit Vitamin C wird die Aufnahme des Eisens aus den pflanzlichen Lebensmitteln erheblich verbessert (siehe nachfolgendes Rezept).

Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt außerdem: Kinder sollten im ersten Lebensjahr keine Trinkmilch als Getränk bekommen und auch bei der Zubereitung von Beikost sollten nur kleine Mengen von Kuhmilch verwendet werden.
Rezept für einen fleischfreien Brei für ein vier bis sechs Monate altes Baby

100 Gramm Karotten (oder Zucchini, Blumenkohl oder Broccoli) putzen und klein schneiden. 50 Gramm Kartoffeln schälen, klein schneiden und mit dem Gemüse in wenig Wasser weich dünsten.

10 Gramm Haferflocken (z. B. Instantflocken) zufügen und mit 30 Gramm Obstsaft oder –mus (z. B. Orangensaft) und 20 Gramm Wasser pürieren. Anschließend acht Gramm Rapsöl in den Brei einrühren (Rapsöl enthält die nützlichen Omega-3-Fettsäuren).

Diesen Brei kann man selbst zubereiten. Im Handel gibt es aber auch industriell hergestellte vegetarische Gemüse-Vollkorngetreide-Breie.


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