Formetanat-Rückstände in Salatgurken stellen kein Gesundheitsrisiko dar

Stellungnahme Nr. 013/2011 des BfR vom 21. April 2011

In einer Probe Salatgurken aus Spanien hat die Lebensmittelüberwachung des Landes Berlin/Brandenburg Rückstände des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Formetanat in Höhe von 0,13 mg/kg (maximal zulässig sind 0,05 mg/kg) nachgewiesen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat bewertet, ob durch die gemessene Rückstandsmenge eine Gesundheitsgefährdung für Verbraucher besteht.

Das Institut hat auf Basis verschiedener Verzehrsdaten abschätzt, wie viel Formetanat Verbraucher aus den belasteten Gurken aufnehmen würden. Es kommt bei dieser Expositionsabschätzung zu dem Ergebnis, dass die akute Referenzdosis (ARfD) für Kinder überschritten wird. Die ARfD gibt die Menge eines Stoffes an, die bei einer Mahlzeit oder bei mehreren Mahlzeiten über einen Tag ohne erkennbares Gesundheitsrisiko mit der Nahrung aufgenommen werden kann. Allein aus der Überschreitung der akuten Referenzdosis ist aber noch kein Gesundheitsrisiko abzuleiten. Für die Bewertung einer möglichen Gesundheitsgefahr ziehen die Toxikologen den Sicherheitsabstand (Margin of Safety, MOS) heran. Dieser gibt den Abstand zwischen der Dosis, die im Tierversuch ohne erkennbare schädliche Wirkung aufgenommen werden kann, und der geschätzten Aufnahme der Substanz durch die Verbraucher an. Im vorliegenden Fall ist trotz Überschreitung der Referenzdosis der Sicherheitsabstand groß genug, so dass eine Gesundheitsgefährdung durch den Verzehr der belasteten Salatgurken – auch für Kinder – unwahrscheinlich ist.

Die Abschätzung des Ausschöpfungsgrades der akuten Referenzdosis ist ein Modell, das eine Aussage darüber erlaubt, ob eine Gesundheitsgefährdung möglich ist. Aber auch wenn die vollständige Ausschöpfung der Referenzdosis noch keine Gesundheitsgefährdung bedeutet, muss die Ware vom Markt genommen werden, wenn zulässige Rückstandshöchstgehalte von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen überschritten wurden.

Generell ist festzustellen, dass die Zahl der Lebensmittelproben aus Deutschland oder der EU, in denen unzulässig hohe Rückstände an Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen werden, kontinuierlich abnimmt. Im Jahr 2009 hat die Quote der Beanstandungen bei Erzeugnissen aus Deutschland und den übrigen EU-Mitgliedsstaaten erstmals ein einheitlich niedriges Niveau erreicht. Dies ist das zentrale Ergebnis der „Nationalen Berichterstattung Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln 2009“, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) veröffentlicht hat.

Gegenstand der Bewertung

Das Landeslabor Berlin-Brandenburg hat in einer Probe Salatgurken aus Spanien Rückstände des Wirkstoffes Formetanat (bestimmt als Formetanat-hydrochlorid) in Höhe von 0,13 mg/kg nachgewiesen. Das BfR wurde gebeten, eine toxikologische Bewertung des ermittelten Rückstands vorzunehmen.

Ergebnis

Die Abschätzungen der akuten Exposition gegenüber Formetanat-Rückständen aus den Gurken ergeben unter Verwendung deutscher und europäischer Verzehrsdaten, dass die ARfD von 0,005 mg/kg KG für Formetanat bei Kindern überschritten wird, wobei die Ausschöpfung der ARfD maximal 152 % beträgt. Bei Erwachsenen führt die akute Exposition zu keiner Überschreitung der ARfD von Formetanat.

Eine Überschreitung der ARfD um bis zu 52 % bei Kindern bedeutet, dass zwischen dem akuten NOAEL im Tierversuch (0,5 mg/kg Körpergewicht) und der errechneten höchsten Exposition (0,0076 mg/kg Körpergewicht) ein Margin of Safety (MOS) von etwa 66 besteht. Für Wirkstoffe wie Formetanat, deren akute Toxizität eher von der Maximalkonzentration im Blut (Cmax) als von der bioverfügbaren Dosis (AUC) abhängt, kann der üblicherweise verwendete Faktor von 10 für die Interspezies-Differenzen auf 5 reduziert werden, d.h. für die akute Risikobewertung von Formetanat ist ein MOS von 50 als ausreichend anzusehen. Die WHO würde durch eine zusätzliche Reduktion des Toxikokinetikanteils für die Intraspezies-Differenzen sogar einen noch geringeren Faktor von 25 ableiten.

Daraus ergibt sich, dass nach gegenwärtigem Kenntnisstand eine akute Gesundheitsgefähr-dung durch den Verzehr von Salatgurken, die Formetanat-Rückstände in Höhe von 0,13 mg/kg aufweisen, unwahrscheinlich ist.

Begründung/Risikobewertung:
http://www.bfr.bund.de/cm/343/formetanat_rueckstaende_in_salatgurken_stellen_kein_gesundheitsrisiko_dar.pdf

Pressekontakt:
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Quelle: BfR