Überstunden im Supermarkt: Pflichtkennzeichnung auf Etiketten schwer zu finden und schlecht lesbar

Pflichtangaben auf Verpackungen sollen Verbrauchern aussagekräftige Informationen über Qualität, Inhaltsstoffe und Herkunft von Lebensmitteln liefern. Ein aktueller Test der Verbraucherzentrale Hamburg zeigt jetzt, wie mühevoll und zeitraubend es oft ist, diese wichtigen Angaben ausfindig zu machen.

90 Personen beteiligten sich am Test von 16 ausgewählten Produkten, wie zum Beispiel Schokoweihnachtsmännern, Lebkuchen oder Süßigkeiten. Jeder Testteilnehmer musste auf jeweils 4 Verpackungen nach einem Kennzeichnungselement wie dem Fettgehalt pro 100 Gramm, drei Hauptzutaten, einem Allergiehinweis, E-Nummern oder dem Mindesthaltbarkeitsdatum suchen. Insgesamt 360 Antworten werteten die Hamburger Verbraucherschützer aus.

Die Ergebnisse

o In 51 von 360 Fällen, das entspricht 14 Prozent, konnten die Befragten die Angaben auf dem Etikett gar nicht finden, weil sie im Falz versteckt waren, oder zu viel Text auf der Verpackung stand. Beim Überraschungsei Car Super surprise brach mehr als die Hälfte der Testpersonen die Suche erfolglos ab; der Hersteller führt die Zutaten seines Produkts in 26 Sprachen auf.

o 49 Mal verlangten die Teilnehmer eine Lupe, um bestimmte Informationen entziffern zu können. Beim 60-Gramm-Schokoweihnachtsmann der Marke Milka war es sogar jede dritte Testperson.

o 14 von 16 getesteten Lebensmitteln wiesen eine deutlich zu kleine Schrift auf. Nicht einmal die allgemeine Mindestschriftgröße von 1,2 Millimetern, die die Lebensmittelinformationsverordnung ab Ende 2014 vorschreibt, wurde eingehalten.

o Personen ab 45 Jahren benötigten mehr als doppelt so lange wie Personen im Alter zwischen 17 und 44 Jahren. Älteren Menschen fällt es aufgrund der kleinen Schriftgröße oder den schlechten Kontrasten deutlich schwerer, die relevanten Angaben zu entschlüsseln.

o Rechnet man hoch, dass beispielsweise Familien mehrmals pro Woche wie im Test 16 Produkte einkaufen, dann gehen ihnen durch die mühevolle Informationssuche auf Verpackungen jedes Jahr knapp 20 Stunden beim Einkauf verloren. Die schlecht gekennzeichneten Produkte sind ein zusätzlicher Zeiträuber im Supermarkt.

„Die Lebensmittelindustrie kommt ihrer Informationspflicht nicht nach, sondern überfrachtet ihre Verpackungen mit unverständlichen Informationen“, so Silke Schwartau, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. „Viele Verbraucher, insbesondere ältere Menschen, empfinden die Situation als unzumutbar. Sie forderten während des Tests mehr Kundenfreundlichkeit und lesbare Etiketten.“

Beispiele aus Großbritannien oder den USA zeigen, dass es auch anders geht. Hier sind die Angaben in der Regel übersichtlich in Tabellenform angeordnet und dank schwarzer Schrift auf weißem Grund gut lesbar.

Hinweis: Die detaillierten Ergebnisse der Untersuchung stehen auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg www.vzhh.de zum Download bereit. Fotomaterial zu den getesteten Produkten kann bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden.

Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg e.V.