Cholesterinsenkende Lebensmittel: Nichts für Gesunde und Kinder

Es gibt neue Hinweise, dass cholesterinsenkende Lebensmittel möglicherweise das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Dazu gehören Margarine und Jogurtdrinks mit zugesetzten Pflanzenstoffen wie Becel pro-aktiv von Unilever, Danacol von Danone oder Benecol von Emmi.

Produkte senken Cholesterinspiegel tatsächlich

Margarine und Milchprodukte mit zugesetzten Pflanzensterinen (auch Phytosterine oder Phytosterole genannt) gehören zu den ersten zugelassenen funktionellen Lebensmitteln: Studien hatten belegt, dass sie bei regelmäßigem Verzehr den Cholesterinspiegel um zehn Prozent senken können. Die Margarine Becel pro-aktiv hat vor über 11 Jahren eine EU-weite Zulassung als „Neuartiges Lebensmittel“ erhalten. Und die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) bestätigte 2009 die cholesterinsenkende Wirkung im Rahmen der Prüfung gesundheitsbezogener Werbeaussagen (Health Claims).

Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen

Allerdings gibt es schon lange Kritik, auch von der Stiftung Warentest Schnelltest Becel pro-aktiv. So können zugeführte Pflanzensterine die Aufnahme fettlöslicher Vitamine verringern. Weitere Nebenwirkungen und Überdosierungen beim Verzehr vieler angereicherter Lebensmittel können nicht ausgeschlossen werden. Foodwatch hat nach eigenen Angaben kürzlich eine Klage gegen den Nahrungsmittelkonzern Unilever eingereicht, weil dieser behauptet, es gebe „keinen Hinweis“ auf Nebenwirkungen bei Becel pro-activ. Unilever weist die Vorwürfe zurück und bezeichnet das Verhalten von Foodwatch als unseriös.

Aktuelle Studie liefert neue Risikohinweise

Problematisch ist, dass viele Käufer von cholesterinsenkenden Lebensmitteln gar keinen erhöhten Cholesterinspiegel haben – für sie sind diese Produkte nicht gedacht. Wissenschaftler und Hersteller streiten schon länger darüber, ob ein ständiger Verzehr phytosterinhaltiger Lebensmittel womöglich sogar Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen kann. Dafür sprechen neue Hinweise aus einer 2011 veröffentlichten niederländischen Studie. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat sie jüngst beurteilt und nun eine Stellungnahme dazu veröffentlicht. Sein Ergebnis: Es sei nicht ausreichend belegt, dass cholesterinsenkende Lebensmittel für gesunde Personen unbedenklich sind – insbesondere nicht für Kinder. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat deshalb die EU-Kommission darum gebeten, dass die Efsa eine Neubewertung von Phytosterinen in Lebensmitteln vornimmt.

Kennzeichnung auf dem Prüfstand

Außerdem wünscht sich das Ministerium eine Überprüfung der bestehenden Kennzeichnung, so eine Sprecherin gegenüber test.de: Sie soll es Verbrauchern unter anderem ermöglichen, ihre Sterin-Zufuhr auf drei Gramm täglich zu beschränken. Das ist vielen Verwendern aber nicht bekannt. Drei Gramm Pflanzensterine stecken in etwa vier 10-Gramm-Portionen der Margarine Becel pro-aktiv. Viele Konsumenten wissen offenbar auch nicht, dass cholesterinsenkende Lebensmittel ausschließlich für Personen mit erhöhtem Cholesterinspiegel bestimmt und keinesfalls für Schwangere, Stillende und Kinder unter fünf Jahren geeignet sind.

Fast die Hälfte der Konsumenten ohne Cholesterinproblem

Zwar muss auf den Produkten ein entsprechender Hinweis stehen. Eine Umfrage in Deutschland aus dem Jahr 2007 Jahren ergab aber, dass fast die Hälfte aller Konsumenten nicht zur Zielgruppe gehört. 3,5 Prozent waren sogar Minderjährige, von denen kein erhöhter Cholesterinspiegel bekannt war. In einer flämischen Region verzehrt laut einer belgischen Studie aus dem Jahr 2011 sogar jedes fünfte Vorschulkind regelmäßig cholesterinsenkende Lebensmittel. Obwohl auf den Produkten auch der Hinweis stehen muss, dass Patienten, die wegen erhöhter Cholesterinwerte Medikamente nehmen, den Verzehr von cholesterinsenkenden Lebensmittel mit dem behandelnden Arzt abstimmen sollten, tut das aber nur jeder Dritte. Schließlich wirken solche Lebensmittel wie ein cholesterinsenkendes Medikament.

Was Sie bei erhöhten Cholesterinwerten tun können

Ob Ihre eigenen Cholesterinwerte erhöht sind, können Sie bei Ihrem Hausarzt oder in der Apotheke mit einer Blutuntersuchung überprüfen lassen. Es gelten unterschiedliche Richtwerte – je nach Vorhandensein von Risikofaktoren wie erhöhtem Blutdruck, Rauchen, Diabetes und familiärer Veranlagung. Wenn das Blut zu viel Cholesterin enthält, lagert sich dieses verstärkt an der Arterieninnenwand ein. Solche arteriosklerotischen Ablagerungen ziehen arterielle Durchblutungsstörungen nach sich, die zum Beispiel zu einer koronaren Herzkrankheit, Angina Pectoris oder gar Herzinfarkt führen können. Hohe Cholesterinwerte lassen sich häufig schon mit richtiger Ernährung in den Griff kriegen. Wie das geht, zeigt der am 13. März erscheinende Ratgeber der Stiftung Warentest „Gut essen bei erhöhtem Cholesterin“:
https://www.test.de/shop/gesundheit-kosmetik/gut-essen-bei-erhoehtem-cholesterin-sp0308000/

Quelle: Stfitung Warentest