DLG-Qualitätsprüfung Schinken und Wurst 2012 in Erfurt – 6.600 Produkte auf dem Prüfstand

Geflügelwurst im Fokus: Anpassung der Leitsätze erforderlich

„Geflügelwurst“ steht zwar auf der Verpackung, doch auch Schweine- oder Rindfleisch sind enthalten. Ist diese in Deutschland rechtlich zulässige Praxis verbraucherfreundlich oder muss eine Änderung her? Diese Grundsatzfrage zur künftigen Beschaffenheit von Geflügelwurst wurde am Rande der Internationalen Qualitätsprüfung für Schinken und Wurst diskutiert, die das Testzentrum Lebensmittel der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) jetzt in Erfurt veranstaltete.

Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs beschreiben die allgemeine Verkehrsauffassung vieler Lebensmittel. Hierbei handelt es sich nicht um eine Rechtsnorm, sondern um ein Expertengutachten als Orientierungshilfe. „Ohne einen Hinweis auf eine besondere Tierart wird unter ‚Fleisch‘ immer das von Schwein oder Rind verstanden“, sagt Dr. Irina Dederer, wissenschaftliche Leiterin der DLG-Qualitätsprüfung, unter Hinweis auf die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse.

Das DLG-Testzentrum Lebensmittel analysierte die Zutatenliste der 141 Geflügelwürste, die zur vergangenen DLG-Qualitätsprüfung angemeldet waren und kam zu folgendem Ergebnis: Das Gros der am Markt befindlichen Geflügelwürste sind nicht „reine“ Geflügelprodukte. Die aus 100 % Geflügelfleisch bestehenden Produkte machen nach der DLG-Stichprobe nur rund 28 % am Markt aus, bilden also nicht den überwiegenden Marktanteil.

Dies hat nach Aussage von Dr. Dederer überwiegend technologische Gründe. Vor allem für die Herstellung von Rohwurst, sprich Salami, ist Geflügelfettgewebe hinsichtlich seiner Konsistenz und Oxidationsstabilität wenig geeignet und die so gewonnenen Produkte sind schnell erheblich sensorisch gemindert. Als Ersatz dafür verwenden Hersteller deshalb bei Brüh- und Kochwürsten immer häufiger pflanzliche Öle, bei Rohwürsten kommen Pflanzenfette zum Einsatz.

Anpassung der Leitsätze

Rechtlich ist an Schweine- oder Rindfleisch in Geflügelwurst nichts auszusetzen, solange keine Auslobung wie „rein Geflügel“ oder „100 % Geflügel“ erfolgt. Wenn das allerdings auf dem Etikett steht, dann muss auch ausschließlich Geflügelfleisch enthalten sein. Wer Geflügelwurst ohne andere Fleischarten kaufen möchte, muss also entweder das Verkaufspersonal befragen oder genau auf die Verpackung schauen. Denn Klarheit verschafft einzig das Zutatenverzeichnis, das über die verwendete Fleischart Auskunft gibt. Dort muss der prozentuale Anteil der qualitätsbestimmenden Zutaten angegeben werden. „Um falsche Erwartungen bei Verbrauchern künftig auszuschließen, ist eine bessere Kennzeichnung hinsichtlich der verwendeten Fleischarten notwendig“, fordert die DLG-Expertin ebenso wie die Verbraucherverbände. Werden Geflügelprodukte aus verschiedenen Fleischarten hergestellt, so sollten diese alle in der Verkehrsbezeichnung des Produktes stehen. Dann könne künftig ausgeschlossen werden, dass Verbraucher und Hersteller aneinander vorbeireden. Die Anpassung der historisch gewachsenen Leitsätze an die heutigen Verbrauchererwartungen sei unumgänglich.

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Quelle: DLG