Der Schinken unterm Mikroskop – Original oder Fälschung?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag: Histologische Untersuchung von Kochpökelwaren

Kochpökelwaren werden in der Gastronomie und von Dienstleistungsunternehmen zur Herstellung beliebter Gerichte verwendet. Häufig verbirgt sich hinter dem Namen „Schinken“ in verzehrsfertigen Speisen ein billigeres Ersatzprodukt. Im CVUA Stuttgart wurden in den Jahren 2011 und 2012 insgesamt 72 Proben Kochpökelwaren histologisch untersucht. Bei 65 % dieser Proben handelte es sich nicht um „Schinken“, sondern um minderwertige Ersatzprodukte.
Einleitung

Schinken ist namens- und wertbestimmender Bestandteil beliebter Speisen in der Gastronomie und auch bei Dienstleistungsunternehmen wie Party- und Pizzaservice. Verbirgt sich unter der Bezeichnung „Schinken“ auf der Pizza oder im Nudelauflauf aber auch wirklich diese hochwertige Kochpökelware oder stattdessen ein billigeres Ersatzprodukt? Anhand der kleingeschnittenen Teile unter dem geschmolzenen Käse kann der Gast nicht erkennen, ob es sich tatsächlich um Schinken handelt und mit Hilfe der Speisekarte erhält die Verbraucherin oft selbst bei genauem Studium der Fußnoten keine ausreichende Information ob ein Imitat oder ein Schinken verarbeitet wurde. Ob die „Schinkenpizza“ oder der „Nudelschinkenauflauf“ wirklich Schinken enthalten, kann in den meisten Fällen nur durch eine mikroskopisch-histologische Untersuchung festgestellt werden.

Allgemeine Verkehrsauffassung bei Kochpökelwaren

Was „Schinken“ ist, legen die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse im Deutschen Lebensmittelbuch fest. Die Leitsätze beschreiben die „allgemeine Verkehrsauffassung“. Nach Ziffer 2.341 der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse wird die Bezeichnung Schinken auch in Wortverbindungen nur für Kochpökelwaren von gehobener Qualität verwendet. Bei Bezeichnungen ohne Hinweis auf einen Körperteil handelt es sich um Teile der Hinterextremität (Hinterschinken, Schlegel, Keule). Schinken aus der Vorderextremität wird als Vorderschinken bezeichnet.

Kochpökelwaren sind nach Ziffer 2.30 umgerötete und gegarte, meist geräucherte Fleischerzeugnisse, denen kein Brät zugesetzt ist. Bei Bezeichnungen ohne Hinweis auf die Tierart handelt es sich nach Ziffer 2.31 um Teile von Schweinen.

Die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse im Deutschen Lebensmittelbuch beschreiben auch die „allgemeine Verkehrsauffassung“ für Formfleischerzeugnisse. Nach Ziffer 2.19 werden für Formfleischerzeugnisse Fleischstücken durch Tumbeln (auch als Poltern bezeichnet) mechanisch so vorbehandelt, dass sie zu größeren Stücken zusammengefügt werden können, die durch das Kochen ihre neue, fest gefügte Form erhalten. Der bei der Herstellung auftretende Muskelabrieb (brätähnliche Substanz) darf 5 Vol.-% nicht übersteigen, Brät wird nicht verwendet. Um Verwechselungen von Formfleischerzeugnisse mit Erzeugnissen aus gewachsenem Fleisch (Schinken) zu vermeiden, müssen sie korrekt gekennzeichnet werden: Formfleisch-Schinken, aus Schinkenstücken zusammengefügt.

Verschiedene Erzeugnisse werden als billigerer Ersatz für hochwertigen Schinken und vergleichsweise hochwertigen Formfleisch-Schinken verwendet. Dabei handelt es sich meist um brühwurstartig feinzerkleinerte Masse mit bis etwa bohnengroßen Einlagen von Magerfleisch, Speck und Bindegewebe. Ihr Fleischanteil liegt bei nur 50 – 70%, und das zugesetzte Wasser (bis zu 40%) wird durch Zutaten wie Sojaeiweiß, Pflanzenstärke, Gelatine, Cellulose etc. gebunden.

Wird die Pizza als „Schinkenpizza“ oder „Pizza mit Schinken“ bezeichnet, darf auch nur Hinterschinken darauf liegen. Wurde zur Herstellung Formfleisch-Schinken verwendet, muss sie „Pizza mit Formfleisch-Schinken“ heißen. Wurde gar ein brühwurstähnliches Imitat verwendet, muss dies zutreffend erläutert werden: „Pizza mit Pizzabelag nach Art einer groben Brühwurst aus Schweinefleisch“. Gleiches gilt auch für Nudelgerichte, Salate etc.!

Untersuchungen des CVUA Stuttgart:
http://www.cvuas.de/pub/beitrag.asp?subid=1&Thema_ID=2&ID=1630

Quelle: CVUA Stuttgart