ÖKO-TEST stellt BNN Armutszeugnis aus: Klarstellung des Bundesverbands Naturkost Naturwaren

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In der Mai-Ausgabe von ÖKO-TEST stellt das Verbrauchermagazin einen Test von hochwertigen Speiseölen vor. Der BNN wurde durch die ÖKO-TEST-Redaktion im Vorfeld der Berichterstattung zu Pestizid-Nachweisen befragt, die in zwei der zwölf Bio-Öle (es handelte sich jeweils um Traubenkernöl) gefundenen wurden. In seiner Stellungnahme (siehe unten) äußert der Verband, dass man sich niedrigere Werte und weniger Wirkstoffe gewünscht hätte. Er führt ebenso ins Feld, dass wenig Erfahrungen mit den spezifischen Ölen vorliegen und es sich bei Traubenkernöl um ein Produkt handelt, dass aufgrund des kleinparzelligen Wein-Anbaus in Deutschland besonders anfällig für Abdrift ist. Der BNN verweist in diesem Zusammenhang auf das, was Bio ausmacht: „Bio-Produkte definieren sich durch den Prozess ihrer Erzeugung und Herstellung, sie tragen gerade nicht zur Belastung von Boden und Wasser bei, da der Einsatz von chemisch-synthetischen Mitteln nicht erlaubt ist.“ Des Weiteren klärt der Verband erneut über die Funktion des BNN-Orientierungswertes auf, der keinen Grenzwert darstellt.

Aufgrund der im Artikel „Abgeschmiert“ getätigten Aussagen und der Vorberichterstattung in Form einer Pressemitteilung der ÖKO-TEST Verlag GmbH stellt der Bundesverband Naturkost Naturwaren folgendes richtig:

1. ÖKO-TEST schreibt im Artikel „Abgeschmiert“, dass der Bundesverband das Problem mit der Aussage herunterspiele, dass es sich beim BNN-Orientierungswert um ein Instrument zur Prüfung der Prozessqualität handele.

Wir stellen fest: Der BNN-Orientierungswert ist ein Instrument zur Prüfung der Prozessqualität. Er ist kein Grenzwert, sondern ein Hilfsmittel, um unvorhersehbare und unvermeidbare Pestizidgehalte gegenüber solchen abzugrenzen, die eine Folge von unzulässigem Mitteleinsatz oder technisch vermeidbaren Verunreinigungen sind. Bei Überschreiten des Orientierungswertes ist eine Ursachenrecherche anzustoßen, um einen Verstoß gegen die EU-Öko-Verordnung auszuschließen. Diese Information hat Ökotest bereits mehrfach erhalten. Im Übrigen wird mit dem Orientierungswert nichts heruntergespielt. Grade durch das Vorsehen der Ursachenrecherche können Verbesserungen angestoßen werden.

2. ÖKO-TEST stellt dem BNN ein Armutszeugnis aus, da sich der Verband hinter der EU-Öko-Verordnung verstecke, die selbst die EU-Kommission für nicht mehr ausreichend halten würde.

Wir stellen richtig: Der BNN versteckt sich nicht hinter der EU-Öko-Verordnung. Vielmehr betont der Bundesverband die Notwendigkeit der Erhaltung der Prozesshaftigkeit bei der Beurteilung von Bio-Produkten. Eine Stärkung der Endkontrolle der Produkte, so wie im aktuellen Vorschlag zur Revision der EU-Öko-Verordnung festgehalten, lehnt der BNN ab. (vgl. BNN-Pressemitteilung vom 27.03.2014). Besonders erwähnenswert ist, dass ÖKO-TEST in derselben Ausgabe (Artikel „Besser geht immer“) zu dem Urteil gelangt, dass die einseitige Abkehr von der Prozessorientierung hin zur Endproduktkontrolle mit Grenzwerten unglücklich sei.

3. ÖKO-TEST wendet für Bio-Produkte erneut andere Bewertungsmaßstäbe an, als für konventionelle Öle. Diese Information findet der aufmerksame Leser auf der letzten Seite des Artikels im Kleingedruckten am unteren Rand.

Wir stellen fest: Eine derartige Ungleichbehandlung von Produkten ist nicht nachvollziehbar. Bio-Produkte enthalten im Durchschnitt zwar deutlich weniger Pestizide (vgl. Öko-Monitorings Baden-Württemberg 2012), garantieren dies jedoch nicht, da die Verursacher möglicher Belastungen andere sind als die Anbauer. Insofern ist für uns die Aussage, dass die Bio-Öle im Test schlechter abschneiden als die konventionellen nicht nachvollziehbar, es wurde mit zweierlei Maß gemessen.

Auch hat Ökotest in seiner Pressemitteilung dem BNN zunächst ein falsches Zitat unterstellt: Der BNN habe kein Problem damit, wenn Produkte als „Bio“ verkauft werden, auch wenn der gesetzliche Höchstgehalt überschritten sei. Das ist selbstverständlich falsch und nie auch nur annähernd so geäußert worden und ist im Orientierungswert auch anders festgehalten. ÖKO-TEST hat den Fehler eingesehen und dieses Zitat aus der Pressemitteilung herausgenommen.

Der Bundesverband Naturkost Naturwaren bedauert die Art und die Schlussfolgerungen der jüngsten Berichterstattung des Magazins ÖKO-TEST. Um Missverständnisse zukünftig auszuschließen, lädt der Verband Vertreter/Innen der ÖKO-TEST-Redaktion zu einem gemeinsamen Workshop rund um BNN-Orientierungswert, Definition eines Bio-Produktes und Interpretation der EU-Öko-Verordnung ein.

Pressekontakt:
Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V.
Hilmar Hilger – Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Albrechtstr. 22, D-10117 Berlin
Telefon +49 (0) 30 847 12 24-24
Telefax +49 (0) 30 847 12 24-40
hilger (at) n-bnn.de
www.n-bnn.de

Quelle: BNN

Stellungnahme des BNN zur Anfrage des Magazins ÖKO-TEST
Stand: 28.03.2014

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Eine Bemerkung vorab: Da kaltgepresstes Traubenkernöl eine eher seltene Spezialität ist, haben wir sehr wenig Erfahrung in der Beurteilung.

Grundsätzlich bezieht sich der BNN-Orientierungswert auf das unverarbeitete Ausgangsprodukt, also auf die Weintrauben ggfs. könnte man auch die Traubenkerne als Ausgangsprodukt heranziehen. Da sich die allermeisten Schadstoffe im Fett anreichern, sind fettreiche Pflanzen(teile) wie z.B. Kerne stärker von der allgemeinen Umweltbelastung durch konventionelle Landwirtschaft und Industrie betroffen. Deshalb können Verarbeitungsfaktoren herangezogen werden, um diesen Effekt der Aufkonzentrierung wieder herauszurechnen. Der Zweck des BNN-Orientierungswerts ist zu entscheiden, ob es einen Hinweis gibt, dass möglicherweise gegen die Vorschriften des Ökologischen Landbaus verstoßen wurde. Eine Überschreitung löst deshalb eine Ursachenrecherche aus. Liegt kein Verstoß vor, so kann die Ware auch bei einer Überschreitung des BNN-Orientierungswerts als Bio-Produkt vermarktet werden. So sieht es auch die EU-Öko-Verordnung vor.

Bio-Produkte definieren sich durch den Prozess ihrer Erzeugung und Herstellung, sie tragen gerade nicht zur Belastung von Boden und Wasser bei, da der Einsatz von chemisch-synthetischen Mitteln nicht erlaubt ist. Daraus folgt auch, dass Bio-Produkte im Durchschnitt – und wie in vielen Ihrer Tests gezeigt – deutlich weniger Pestizide enthalten (um die 500 mal nach Zahlen des Öko-Monitorings Baden-Württemberg 2012). Die weitgehende Pestizidfreiheit ist dabei aber eher ein sehr erwünschtes Nebenprodukt, Kernanliegen ist, keine Pestizide in die Umwelt einzutragen und damit die Umwelt zu schädigen. Der konventionelle Weinbau ist dagegen eine der Kulturen mit dem intensivsten Pestizideinsatz überhaupt, so dass (auch wenn mir keine Zahlen vorliegen) konventionelles Traubenkernöl gleicher Herkunft zwingend deutlich höhere Pestizidgehalte aufweisen muss als Bio-Traubenkernöl, es sei denn das konventionelle ist raffiniert. Neben wertvollen Inhaltstoffen und geschmacklichen Eigenarten werden bei der Raffination auch die meisten Schadstoffe entfernt. Ob die vorliegenden Werte den gegenwärtigen Stand unserer Umwelt in Bio-Weinbergen widerspiegeln oder nicht, vermag ich nicht zu sagen, wegen des starken Einsatzes im konventionellen Weinbau und der kleinstrukturierten Parzellen in Deutschland halte ich es für möglich. Wenn es so ist, hätte ich mir wegen dem, was das über den Zustand der Umwelt in Weinbergen aussagt, niedrigere Werte und weniger Wirkstoffe gewünscht. Sie fragen, ob deshalb keine Bio-Traubenkernöl mehr hergestellt werden sollte? Die Konsequenz wäre, dass es nur noch konventionelles Traubenkernöl gäbe. Das kann nicht im Sinne der Verbraucher sein.

Selbstverständlich hat deshalb die Herstellung von Bio-Traubenkernöl ihre Berechtigung! Glücklicherweise sind Bio-Produkte nicht nur schadstoffärmer als konventionelle, sondern bieten u.A. oben erwähnten Nutzen für Mensch und Umwelt.

Die BNN-Orientierungswerte für Weichmacher in Bio-Olivenöl liegen aktuell bei 3 mg/kg für DEHP und bei 5 mg/kg für alle anderen Phthalate und Adipate. Laut Beschluss gelten diese Werte für Bio-Olivenöle aus Griechenland, es wird jedoch empfohlen auch andere Öle danach zu beurteilen. Die Orientierungswerte für Weichmacher werden momentan im BNN überarbeitet.