Gemüse mit Schönheitsfehlern: 40 bis 50 Prozent der Ernte in industrialisierten Ländern landen laut „Vereinten Nationen““ im Müll

Krummbeinige, in sich verwundene Karotten oder besonders kleine Kartoffeln werden meist gar nicht erst zum Verkauf angeboten. Obwohl sie im Geschmack ganz vorne mithalten können, werden Gemüse-Individuen von Verbraucherinnen und Verbrauchern oder den Händlern dennoch oft verschmäht. Bei Biobäuerinnen und Biobauern oder auf dem Biomarkt findet man sie schon häufiger, die kleinen außergewöhnlichen Lebensmittel. Doch auch in der Biobranche bleibt viel übrig oder wird gar nicht erst angeboten, da das Obst schon vor der Ladentheke von Händlern oder Sortiermaschinen aussortiert wird.

Wenn die Landwirtinnen und Landwirte keine Abnehmer finden, bleiben sie auf ihrer Ware sitzen, die gegebenenfalls im Futtertrog oder auf dem Kompost landet. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen gelangen in industrialisierten Ländern 40 bis 50 Prozent der Ernte in den Müll. Doch inzwischen haben es sich einige Biobetriebe gemeinsam mit engagierten Verbraucherinnen und Verbrauchern als Ziel gesetzt, die verschmähten Teile der Ernte zu retten. So sind einzigartige Projekte entstanden.

Misfits in der Lebensmittelbranche

Das englische Wort „misfit“ steht für den Außenseiter, Eigenbrötler oder einfach ein „nicht passendes Stück“. Unter dem Name „CulinARy MiSfiTs“, also „Kulinarische Sonderlinge“ haben es sich zwei Designerinnen in Berlin Kreuzberg zur Aufgabe gemacht, Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern weiter zu verarbeiten und so vor der Mülltonne zu retten. Lea Brumsack und Tanja Krakowski bieten vom Catering über Workshops bis zum Dinner mit dem etwas anderen Gemüse ein umfassendes kulinarisches Konzept gepaart mit viel Kreativität an.

Iss mich, auch wenn ich nicht perfekt bin!

Auch in Wien hat sich ein Projekt als Ziel gesetzt, Lebensmittel zu retten, die sonst weggeworfen werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von „Iss mich!“ liefern Gerichte in Einweckgläsern mit dem Fahrrad direkt nach Hause. Ein Glas, erklären sie stolz auf der Internetseite, rettet 300 Gramm Lebensmittel und spart 50 Gramm Kunststoffverpackung. Als Catering-Service bringen sie ihre Gerichte und Snacks unter die Leute. Mit Imperfektion gegen die Norm lautet das Motto der sogenannten „Lebensmittelretter“. So schaffen sie wieder ein Bewusstsein für den Wert von Nahrungsmitteln, unabhängig vom Aussehen.

Küche statt Kompost

Durch die Medien werden die Verbraucherinnen und Verbraucher inzwischen auf die hohen Wegwerfraten aufmerksam gemacht, besonders durch Dokumentationen oder Filme wie „Taste the waste“. Die Nachricht: Jeder einzelne kann helfen, den krummen Gurken und knolligen Kartoffeln eine zweite Chance zu geben. Das Ziel ist es, Kultur zu schaffen zwischen Acker und Teller. So können kleine Taten im Alltag schon viel verändern. Auf dem Markt beispielsweise werden oft „Zweite Wahl“-Kisten angeboten, in denen leicht lätschiger Salat neben knubbeligen Gurken auf hungrige Bäuche wartet. Diese Produkte sind meistens auch preislich reduziert.

In Biosupermärkten oder dem Naturkostfachhandel gibt es oft preisgesenkte Artikel, besonders vor Wochenenden oder Feiertagen. Generell empfiehlt es sich, beim Einkauf nach saisonalen und regionalen Biowaren Ausschau zu halten. Es lohnt sich auch, direkt bei Biobäuerinnen und Biobauern in der Nähe nachzufragen, ob sie Gemüse haben, das nicht verkauft werden kann. Denn als Suppe verkocht ist es egal, ob die Kartoffel klein oder groß war, ob der Lauch schrumpelig oder die Möhre dreibeinig war. Hauptsache es schmeckt und ist gesund!

Quelle: Ökolandbau.de