Das Freihandelsabkommen TTIP aus Sicht US-amerikanischer und deutscher Verbraucherschützer

Auswirkungen von TTIP auch auf den Lebensmittelmarkt.

Bei den TTIP-Verhandlungen muss umgesteuert werden, soll das Freihandelsabkommen ein Erfolg werden. Das Verbraucherschutzniveau diesseits und jenseits des Atlantiks muss erhalten und gestärkt werden. Im Fokus der Kritik stehen der geplante Investorenschutz und die Angleichung von Standards.

Schutzstandards und Vorstellungen über sinnvolle Regulierung durch die Politik sind in der Europäischen Union und den USA durchaus unterschiedlich. Verbraucherschützer diesseits und jenseits des Atlantiks vertreten jeweils aus ihrer Perspektive kritische Positionen zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP. Gemeinsames Ziel ist es aber, das Verbraucherschutzniveau in den USA und in der EU zu halten und zu stärken. Deutsche und US-amerikanische Verbraucherschutzorganisationen fordern deshalb ein Umsteuern bei den TTIP-Verhandlungen.

Wenn TTIP ein Erfolg werden soll, dann müssen die Verhandlungsführer den Verbraucherschutz stärker in den Blick nehmen, darin sind sich deutsche und US-amerikanische Verbraucherschützer einig. Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), und die US-amerikanischen Vertreter Peter Maybarduk von der Verbraucherschutzorganisation Public Citizen und Steve Suppan vom Institute for Agriculture and Trade Policy haben bei einem Treffen am 28. Januar 2016 in Berlin Abgeordneten des Deutschen Bundestags ihre Positionen vorgetragen.

Europäische und US-amerikanische Verbraucherschützer stehen etwa geplanten Regelungen zum Investorenschutz in TTIP kritisch gegenüber. Es könne nicht sein, dass Unternehmen mehr Rechte haben als Verbraucher, indem sie Staaten vor privaten Gerichten verklagen und somit verbraucherfreundliche Regulierung angreifen können. Zudem dürfe es keine Auswirkungen des Abkommens auf den Informationszugang von Verbrauchern geben, beispielsweise bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln. „Die Kritik, dass TTIP in vielen Punkten zum Nachteil von legitimen Interessen des Verbraucher- und Umweltschutzes verhandelt werden könnte, teilt der Verbraucherzentrale Bundesverband mit seinen US-Kollegen“, sagt Klaus Müller.

Sorge vor Absenkung des Verbraucherschutzniveaus

In den USA überwiegt die Sorge vor einer Aufweichung bisher geltender bundesstaatlicher Regelungen, beispielsweise bei der Lebensmittelproduktion und -kennzeichnung. Gleiches gilt für die strengen Regeln für die Zulassung von Medizinprodukten in den USA.

Auch der vzbv kritisiert mögliche Auswirkungen von TTIP auf den Lebensmittelmarkt sowie die künftig möglicherweise weniger strenge Regulierung für Chemikalien und Kosmetikprodukte. Aus diesem Grund fordert der Verband eine Beschränkung des Abkommens. Die gegenseitige Anerkennung von Vorschriften in den Bereichen Chemikalien, Lebensmittel und Kosmetika muss klar ausgeschlossen werden.

TTIP auf das Machbare beschränken

„Wer TTIP noch retten will, muss es auf das Machbare beschränken. Im Sinne eines schlanken TTIP muss außerdem die Reichweite regulatorischer Zusammenarbeit deutlich begrenzt werden“, so Klaus Müller.

„Eine verpflichtende regulatorische Kooperation würde der Möglichkeit Tür und Tor öffnen, Gesetzgebungen im Namen des Verbraucherschutzes zu verzögern, zu schwächen oder ganz zu verhindern“, so der US-amerikanische Verbraucherschützer Steve Suppan, Senior Policy Analyst am Institute for Agriculture and Trade Policy in den USA. Mit TTIP müssten Regulierungen künftig immer erst die Prüfung bestehen, nicht handelsbeschränkend zu sein. Das sei nicht akzeptabel.

Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte in der konkreten Arbeit gibt es viele Gemeinsamkeiten in der Bewertung des TTIP-Abkommens und des Verhandlungsprozesses, den beide Seiten als zu intransparent ansehen. „Unsere US-Kollegen haben schon in den 1990er-Jahren die Verhandlungen zum nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA und die Reform der WTO begleitet. Von ihren Erfahrungen mit den Auswirkungen von Handelsabkommen auf die Regulierung verbraucherrelevanter Märkte, wie dem Lebensmittelmarkt, können wir in Deutschland und in der Europäischen Union lernen“, so Müller.

Nach der Verabschiedung des Transpazifischen Partnerschaftsabkommens TPP im vergangenen Jahr will sich die US-Regierung nun auf das TTIP-Abkommen konzentrieren. Die deutsche Politik verweist immer wieder auf den Regulierungsbedarf für den transatlantischen Freihandel, weil die USA mit zahlreichen Handelspartnern bereits Freihandelsabkommen unterzeichnet haben.

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Quelle: vzbv