Der Umwelt zuliebe – Verpackungsfreie Läden verzichten auf überflüssige Verpackung.

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Foto: Axel Wirz, FiBL Deutschland e.V.

In Deutschland fallen je Einwohnerin beziehungsweise Einwohner und Jahr 453 Kilogramm Haushaltsabfall an, rund 204 Kilogramm davon sind Verpackungsmüll.

Die Verpackungsmenge wächst jährlich um zwei bis drei Prozent. Gründe hierfür sind unter anderem der Trend zu kleineren Haushalten, der zunehmende Außer-Haus-Verzehr und der boomende Versandhandel (siehe Bundesumweltamt).

Verbraucherinnen und Verbraucher ‚im Prinzip dafür‘

Einer aktuellen Verbraucherumfrage der Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers (PwC) zufolge können sich 82 Prozent der Deutschen vorstellen, Lebensmittel verpackungsfrei einzukaufen. Umweltbewusstsein ist das Hauptmotiv für das Interesse an verpackungsfreiem Einkauf.

Die Bereitschaft hängt von der Warengruppe ab: Obst und Gemüse würden 71 Prozent der Befragten immer lose kaufen, ebenso Backwaren. Im Fall von Trockenprodukten, wie Reis, Linsen oder Nudeln, können sich 37 Prozent vorstellen, ohne Umverpackung einzukaufen. Bei Milchprodukten und flüssigen Lebensmitteln wie Essig, Öl oder Säften ist die Skepsis dagegen groß.

Da Komfort und Geschwindigkeit beim alltäglichen Einkauf im Vordergrund stehen, darf nachhaltiges Einkaufen keinen zusätzlichen Aufwand verursachen. Last not least: Produkte ohne Umverpackung dürfen nicht mehr kosten – meinen 69 Prozent der befragten Verbraucherinnen und Verbraucher.

Verpackungsfreies Einkaufen in der Praxis

2014 eröffneten die ersten verpackungsfreien Läden in Kiel, Bonn und Berlin, weitere Großstädte folgten. Auch Bioläden bieten immer häufiger unverpackte Lebensmittel an. In sogenannten Bulk-Systemen werden die Waren aufbewahrt und von den Kundinnen und Kunden in mitgebrachte Gefäße gefüllt. Für Supermärkte ohne Verpackung gelten die gleichen Hygienevorschriften wie für den normalen Lebensmittelhandel.

Alle müssen mitdenken

Verpackungsfrei einkaufen bedeutet einen Mehraufwand für die Konsumentinnen und Konsumenten. Sie müssen ihren Einkauf gut planen und passende Behälter mitbringen. Pfandsysteme können als Anreiz wirken, Dosen und Gläser wieder zu verwenden. Da lose Ware nicht in den Regelungsbereich der neuen Lebensmittelinformationsverordnung fällt, sind nur Angaben über Allergene verpflichtend. Wesentliche Informationen zu Inhaltsstoffen und Haltbarkeit sollten den Kundinnen und Kunden trotzdem bereitgestellt werden.

Sobald ein Laden lose Ware anbietet, muss er sicherstellen, dass alle Produkte bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum einwandfrei sind. Mehrere DIN-Normen sind für den Verkauf loser Ware zu beachten, wie die DIN 10519 zu „Hygieneanforderungen an Selbstbedienungseinrichtungen für unverpackte Lebensmittel“. Behälter für die Selbstbedienung müssen die Ware vor Kontamination und Berührung schützen. Optimal ist, wenn die Behälter mit Rücklegesperren das Zurückschütten durch Kundinnen und Kunden verhindern. Das Wiegen der Ware ist zentral. Hierfür gibt es unterschiedliche Lösungen: Mitgebrachte Behälter erhalten einen Aufkleber mit dem Taragewicht, das später an der Kasse abgezogen wird. Alternativ kann lose Ware in bereitgestellte einheitliche Behälter abgefüllt werden, deren Taragewicht an der Waage voreingestellt ist.

Ein Nadelöhr ist die Verfügbarkeit von großen Gebinden. Einzelhändlerinnen und -händler müssen viel recherchieren und ihr Sortiment bei verschiedenen Lieferanten zusammenstellen. Oft kommen Großgebinde für die Gastronomie zum Einsatz. Hier sind die Verarbeitungsunternehmen gefragt, auch für den Einzelhandel große Gebinde zur Verfügung zu stellen.

Unverpackt verkaufen als Chance

In der Summe ist der Verkauf loser Ware zwar arbeitsintensiv, trotzdem ist es sinnvoll, diesen Trend aufzugreifen. Es bietet sich eine Möglichkeit, sich vom konventionellen Lebensmittelhandel mit seinem Biosortiment abzugrenzen und sich zeitgemäß zu profilieren. Der Biohandel kann hier eine Vorreiterrolle einnehmen und einen Beitrag zur Reduzierung von Verpackungsmüll und Lebensmittelverschwendung leisten. Biohändler, die bereits Erfahrung mit unverpackten Zonen gemacht haben, berichten von den positiven Rückmeldungen ihrer umweltaffinen Kundschaft.

Portaltipp: Leitfaden Nachhaltige Verpackung

Quelle: www.oekolandbau.de  / Copyright BLE