Können Ernährungsinterventionen Kindern beim Schlafen helfen?

Eltern auf der ganzen Welt vereint der Wunsch, dass ihre Kinder nachts länger und tiefer schlafen und möglichst selten aufwachen. Es gibt vermehrt Belege dafür, dass guter Schlaf für die geistige Entwicklung eines Kindes entscheidend ist. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Frage, ob einfache Ernährungsinterventionen – zum Beispiel mit Lebensmitteln, die reich an Omega-3-Fettsäuren, B-Vitaminen oder Tryptophan sind – den Schlaf von Kindern verbessern können.

Eine hohe Schlafqualität zeichnet sich durch schnelles Einschlafen, langes Durchschlafen im Tiefschlaf und seltenes, kurzes Aufwachen aus. Der Schlaf ist ein natürlich vorkommender, eingeschränkter Bewusstseinszustand mit relativ geringer sensorischer und motorischer Aktivität. Kennzeichnend sind die Inaktivität des Großteils der willkürlichen Muskulatur und eine verminderte Reaktionsfähigkeit auf Reize.

Schlaf ist ein stark anaboler Zustand, in dem Immun-, Nerven-, Skelett- und Muskelsysteme wachsen, sich erneuern und heilen können. Viele der im Wachzustand über Lebensmittel aufgenommenen chemischen Stoffe werden im Schlaf in unterschiedliche Arten von strukturellem Gewebe und komplexen Stoffwechselprodukten umgewandelt. Aus den im katabolen (Wach-)Zustand aufgenommenen einfachen Substanzen werden die komplexen Proteine von lebendem Gewebe hergestellt. Daraus erklärt sich, dass bei Kindern für eine optimale Entwicklung und Wachstum eine hohe Schlafqualität unerlässlich ist. Zudem trägt Schlaf dazu bei, die geistigen und emotionalen Funktionen zu verbessern und er spielt eine Rolle beim Lernen und der Bildung von Erinnerungen. Es hat sich gezeigt, dass bei Kindern mit Schlafproblemen auch neurologisch bedingte Verhaltensstörungen auftreten (1).

Die Eltern von Neugeborenen erkennen sehr schnell, wie wichtig Schlaf in den ersten Wochen und Monaten ist. Schlafqualität und -menge des Säuglings beeinflussen dessen eigene Entwicklung und das Wohlbefinden aller anderen Personen im Haushalt. Bei Säuglingen werden im Schlaf neue Verknüpfungen im Gehirn angelegt, die wiederum die Lernfähigkeit und die Gedächtnisleistung verbessern. In jedem Alter ist vor allem eine ausreichend hohe Schlafqualität dafür verantwortlich, ob wir uns am nächsten Tag wach, aufmerksam und gutgelaunt fühlen.

Die Hypophyse setzt den gesamten Tag über das menschliche Wachstumshormon frei, bei Kindern wird jedoch die größte Menge kurz nach Beginn des Tiefschlafs ausgeschüttet. Die Produktion des Hormons wird durch mehrere Faktoren wie Ernährung, Stress und Bewegung beeinflusst, bei Kleinkindern spielt allerdings der Schlaf die wichtigste Rolle. Unzureichender Schlaf kann bei Kindern zu langsamerem Wachstum oder zu Wachstumsstörungen führen. Allerdings ist nicht nur die Statur betroffen; zu wenig Schlaf kann zu einem sogenannten Wachstumshormonmangel führen, der die Funktion von Herz, Lunge und Immunsystem beeinträchtigen kann. Auch auf die Funktion der Hormone, die Sättigkeitsgefühl und Appetit beeinflussen, kann sich ein Schlafmangel negativ auswirken. Die Folge kann eine Adipositas sein, die wiederum zu einer Insulinresistenz (einer Vorstufe von Typ-2-Diabetes) führt.

Die vom Hypothalamus gebildeten Hormone steuern den täglichen Schlaf-Wach-Rhythmus. Der anabole Zustand des Körpers im Schlaf bewirkt einige wichtige biochemische Veränderungen, so erhöht sich beispielsweise der Melatonin-Spiegel und der Adenosin-Spiegel sinkt ab.

Ein entspannter Geist ist eine der Grundvoraussetzung für Schlaf. Gamma-Aminobuttersäure (GABA) kann die Hirnstimulation reduzieren. GABA ist in einer Vielzahl von Lebensmitteln wie chinesischem Gerstengras und rotem Ginseng enthalten (2,3). Zitronenmelisse (Melissa officinalis) reduziert die Aktivität eines GABA abbauenden Enzyms und wirkt daher aufgrund des höheren GABA-Spiegels im Gehirn beruhigend. Eine klinische Studie hat gezeigt, dass Zitronenmelisse für die Behandlung von unruhigen Kindern geeignet sein kann (4). Auch Kamille und Baldrian sind häufig in Kräutermischungen zu finden, die der Beruhigung dienen und beim Einschlafen helfen sollen.

Einige B-Vitamine sind an der Synthese und Freigabe bestimmter Neurotransmitter (zum Beispiel Serotonin) und Neurohormone beteiligt. Thiamin (Vitamin B1) ist ein Cofaktor für das Enzym, das GABA produziert, und Pyridoxin (Vitamin B6) spielt eine Rolle bei der Synthese mehrerer Neurotransmitter, darunter Serotonin, Dopamin und GABA. Hoch dosiertes Niacin hat bei einer kleinen Kohorte von Erwachsenen den REM-Schlaf (Rapid Eye Movement) verbessert und einige Fallberichtsdaten deuten darauf hin, dass Vitamin B12 bei Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus helfen kann (5). Es ist derzeit nicht klar, ob B-Vitamine in den üblichen Zufuhrmengen den Schlafrhythmus beeinflussen.

L-Tryptophan ist an der Synthese von Serotonin beteiligt, fördert den NREM-Schlaf und mindert den REM-Schlaf. Es gibt einige inkonsistente Hinweise darauf, dass Tryptophan die zum Einschlafen benötigte Zeit verkürzen kann (5). Immer mehr Erkenntnisse weisen darauf hin, dass Omega-3-Fettsäuren maritimen Ursprungs wie Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) eine wichtige Rolle bei der Verbesserung des Schlafrhythmus von Kindern spielen könnten. In einer Studie mit Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) wurde festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen niedrigen EPA- und DHA-Plasmaspiegeln und Verhaltensauffälligkeiten und Schlafproblemen besteht (6). Darüber hinaus zeigte sich, dass Säuglinge, deren Mütter einen höheren DHA-Plasmaspiegel aufwiesen, einen besseren Schlafrhythmus haben als Säuglinge von Müttern mit einem niedrigen Spiegel (7).

2012 erhielten bei einer Studie Mütter von der 24. Schwangerschaftswoche an bis zur Entbindung täglich 300 mg DHA. In den ersten beiden Tagen nach der Geburt wachten die Babys dieser Mütter wesentlich seltener auf (8). Bei einer anderen Interventionsstudie (9) schliefen Kinder mit ADHS (5-10 Jahre), die drei Monate lang täglich 440 mg EPA+DHA erhielten, besser (das Präparat enthielt zudem GLA, Magnesium und Zink). Bei einer weiteren Studie, in deren Rahmen in Großbritannien gesunde Kinder im Alter von 7-9 Jahren vier Monate lang täglich 600 mg DHA aus Algen erhielten, schliefen die Kinder im Durchschnitt 58 Minuten länger und wachten fast nur noch halb so oft auf (10). In einer erst kürzlich durchgeführten Studie (11) mit Erwachsenen wurde deutlich, dass hohe EPA- und DHA-Plasmaspiegel das Risiko einer durch schlechten Schlaf verursachten Depression senken. Omega-3-Fettsäuren führten bei einer kleinen Kohorte von adipösen Männern mittleren Alters, die an obstruktiver Schlafapnoe litten, nachweislich zu einer höheren Schlafeffizienz und längeren Tiefschlaf- und REM-Schlafphasen (12).

Zusammenfassend deuten vielversprechende Forschungen darauf hin, dass bestimmte Ernährungsinterventionen die Schlafrhythmen von Kindern verbessern könnten, diese Annahme muss jedoch durch weitere randomisierte kontrollierte Studien noch bestätigt werden.

Referenzen

1. Bourke RS, Anderson V, Yang JS et al; “Neurobehavioral function is impaired in children with all severities of sleep disordered breathing”; Sleep Med 2011; 12(3): 222-9.

2. Zeng Y, Yang J, Du J, Pu X, Yang X, Yang S & Yang T ; Strategies of Functional Foods Promote Sleep in Human Being”; Curr Signal Transduct Ther. 2014 Dec; 9(3):148-155.

3. Awad R, Levac D, Cybulska P, Merali Z, Trudeau VL & Arnason JT; “Effects of traditionally used anxiolytic botanicals on enzymes of the gamma-aminobutyric acid (GABA) system”; Can J Physiol Pharmacol 2007; 85(9):933-42.

4. Muller SF& Klement S; “A combination of valerian and lemon balm is effective in the treatment of restlessness and dyssomnia in children”; Phytomedicine 2006; 13(6): 383-7.

5. Meoli AL, Rosen C, Kristo D et al.; “Oral Non Prescription Treatment for Insomnia: An evaluation of Products with Limited Evidence”; Journal of Sleep Medicine 2005, 1(2): 173-187.

6. Burgess JR, Stevens L, Zhang W and Peck L; “Long-chain polyunsaturated fatty acids in children with attention-deficit hyperactivity disorder”; Am J Clin Nutr 2000; 71 (1 suppl); 327S-30S.

7. Cheruku SR, Montgomery-Downs HE, Farkas SL et al.; “Higher maternal plasma docosahexaenoic acid during pregnancy is associated with more mature neonatal sleep-state patterning”; Am J Clin Nutr 2002; 76(3): 608-13.

8. Judge MP, Cong X, Harel O et al.: “Maternal consumption of a DHA containing functional food benefits infant sleep patterning: An early neurodevelopmental measure”; Early Human Development 2012; 88(7): 531-537.

9. Huss M, Voelp A; Strauss-Grabo M; “Supplementation of polyunsaturated fatty acids, magnesium and zinc in children seeking medical advice of attention-deficit/hyperactivity problems – an observational cohort study”; Lipids Health Dis 2010: 9: 105.

10. Montgomery P, Burton J., Sewell R P, Spreckelsen T F, & Richardson, A J; “ Fatty acids and sleep in UK children: subjective and pilot objective sleep results from the DOLAB study – a randomized controlled trial”; Journal of Sleep Research 2014, 23(4), 364–388. doi.org/10.1111/jsr.12135

11. Lotrich FE, Sears B & McNamara RK; Polyunsaturated fatty acids moderate the effect of poor sleep on depression risk” ; Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids. 2015 Nov 10. pii: S0952-3278(15)00172-6. doi: 10.1016/j.plefa.2015.10.004.

12. Papandreou C; “Independent associations between fatty acids and sleep quality among obese patients with obstructive sleep apnoea syndrome”; J Sleep Res. 2013 Oct; 22(5):569-72. doi: 10.1111/jsr.12043.

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Quelle: Nutri-Facts