Pestizide: Durchbruch bei kumulativer Risikobewertung

Die EFSA und ihre europäischen Partner sind bei ihrer Arbeit zur Bewertung kumulativer Risiken der Exposition gegenüber Pestiziden einen großen Schritt vorwärts gekommen. Es wurde ein Software-Tool entwickelt, das zur Durchführung von Expositionsabschätzungen mehrerer Pestizide dient. In einer Pilotstudie werden nun mit dem Tool Abschätzungen der Verbraucherexposition für Gruppen von Pestiziden vorgenommen, die sich auf die Schilddrüse und das Nervensystem auswirken können.

Die Ergebnisse dieser Bewertungen sollen bis Ende des Jahres veröffentlicht und von der EFSA bei der Erstellung zweier wissenschaftlicher Berichte berücksichtigt werden, die 2017 zu kumulativen Risikobewertungen in Bezug auf Schilddrüse und Nervensystem vorgesehen sind.

Auf lange Sicht hofft die EFSA, schrittweise damit zu beginnen, kumulative Risikobewertungen im Rahmen der jährlichen Analyse chronischer und akuter Risiken für Verbraucher durch Pestizide einzubeziehen. Bei der Analyse werden von den Mitgliedstaaten erhobene Daten verwendet.

Die Software – das sogenannte Monte-Carlo-Tool zur Risikobewertung (Monte Carlo Risk Assessment (MCRA) Tool) – wurde ursprünglich im Rahmen eines von der Europäischen Kommission finanzierten Projekts entwickelt, an dem Forscher, Wissenschaftler und Regulierungsstellen aus 14 Ländern beteiligt waren und das vom Nationalen Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt (RIVM) der Niederlande betreut wurde.

Im Jahr 2015 stellte die EFSA Mittel zur Weiterentwicklung des MCRA-Tools zur Verfügung, um die Bearbeitung kumulativer Bewertungsgruppen von Pestiziden, die bis zu 100 Wirkstoffe enthalten können, entsprechend den Leitlinien des EFSA-Gremiums für Pflanzenschutzmittel und ihre Rückstände zu ermöglichen. In diesem Jahr wird die EFSA weitere Verbesserungen des Tools unterstützen, die den Zugriff durch externe Nutzer sowie die Organisation und Formatierung von Daten betreffen.

Die bei den ersten Abschätzungen gewonnenen Erfahrungen werden in die Optimierung des Tools einfließen, um dessen Zweckmäßigkeit im Kontext regulatorischer Entscheidungen über Anträge in Bezug auf Rückstandshöchstgehalte (MRL) von Pestiziden in Lebensmitteln zu gewährleisten. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit der Europäischen Kommission, die eine Arbeitsgruppe eingerichtet hat, um sicherzustellen, dass das Projekt den Erfordernissen der Risikomanager entspricht.

Luc Mohimont vom EFSA-Referat Pestizide erklärte: „Dies ist eine spannende und bedeutende Entwicklung. Es wurden Fortschritte erzielt bei der Erarbeitung eines Ansatzes zur Durchführung zuverlässiger Expositionsbewertungen mehrerer Pestizide, was uns einen Schritt näher an unser letztliches Ziel bringt: die umfassende Risikobewertung kombinierter Auswirkungen auf den Menschen von Pestiziden, und nicht nur einzelnen chemischen Stoffen.“

Die Substanzen, deren Exposition in der Pilotphase abzuschätzen ist, wurden von den Sachverständigen der EFSA im Bereich Pestizide anhand einer Methode ermittelt, die speziell für die Einordnung von Pestiziden in „kumulative Bewertungsgruppen“ (Cumulative Assessment Groups – CAG, siehe unten) entwickelt wurde. In den kommenden Jahren sollen CAG auch für andere Organe, Gewebe und Systeme definiert werden. Es werden bereits Daten zusammengetragen, um Gruppen von Pestiziden zu definieren, die Auswirkungen auf Leber, Nieren und Augen sowie Fortpflanzung und Entwicklung haben.

Hintergrund

Die EU-Verordnung über Rückstandshöchstgehalte in Lebensmitteln sieht vor, dass bei Entscheidungen über Rückstandshöchstgehalte auch kumulative Effekte von Pestiziden berücksichtigt werden sollen, falls und wenn Methoden zur Bewertung solcher Effekte verfügbar werden. Darüber hinaus besagt die Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, dass Pestizide keine schädlichen Wirkungen – einschließlich kumulativer Effekte – auf den Menschen haben dürfen.

Kumulative Bewertungsgruppen

Im Juli 2013 veröffentlichte das EFSA-Gremium für Pflanzenschutzmittel und ihre Rückstände eine allgemeine Methodik für die Einordnung von Pestiziden in kumulative Bewertungsgruppen. Die Methode beruht auf der Annahme, dass Pestizide mit den gleichen spezifischen phänomenologischen Wirkungen, die hinsichtlich Ort und Art ausreichend definiert sind, eine gemeinsame, kumulative Toxizität entwickeln können – selbst wenn sie nicht über ähnliche Wirkungsweisen verfügen.

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Quelle: EFSA