Gentechnisch veränderte Lebensmittel – Was müssen Sie wissen?

Nutzpflanzen und Vieh mit wünschenswerten Eigenschaften wurden über Jahrtausende hinweg von Menschen gezüchtet. Veränderungen im Erbgut treten von Natur aus im Generationenwechsel von Pflanzen und Tieren auf. Durch selektive Züchtung können dabei für unsere Lebensmittelversorgung vorteilhafte Eigenschaften gefördert werden. In letzter Zeit erlaubt uns die Technologie, unsere Lebensmittel schneller genetisch zu verändern. Aber ist dies auch sicher und wie wird es reguliert?

Was sind GVO (englisch: GMOs)?

Wissenschaftler können inzwischen Gene bestimmen und beeinflussen, die für spezielle physische oder metabolische Eigenschaften verantwortlich sind. (1) Den Prozess des Transfers von Genen innerhalb einer Art oder zwischen verschiedenen Arten nennt man „gentechnische Veränderung“. Bei „gentechnisch veränderten Organismen“ (GVO, im Englischen GMO) handelt es sich um eine Pflanze, ein Tier oder einen Mikroorganismus, dessen Erbgut durch Biotechnologie verändert wurde.

Die erste Generation von GVO waren Nutzpflanzen, die vor allem zur Verbesserung landwirtschaftlicher Eigenschaften zum Vorteil der Landwirte entwickelt wurden, wie etwa erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen Pflanzenschutzmittel, Insekten, Krankheiten oder Dürre. (2) Die zweite Generation von GV-Nutzpflanzen brachten für die Verbraucher klarer erkennbare Vorteile, wie etwa verbesserte Lebensmittelqualität und erhöhte Bioverfügbarkeit von Nährstoffen. (3)

GV-Nutzpflanzen stellen eine wertvolle Möglichkeit dar, in einer sich stetig verändernden Welt sozioökonomische Probleme zu lösen, wie etwa die weltweit wachsende Bevölkerung, den Klimawandel und, möglicherweise, zukünftige Lebensmittelknappheit. Mikronährstoffmangel zum Beispiel ist immer noch ein wichtiges Problem der öffentlichen Gesundheit, für das mit Nährstoffen angereicherte GV-Nutzpflanzen eine Lösung darstellen könnten – besonders in unterernährten Bevölkerungsgruppen.

Wie werden GVOs reguliert?

In der EU werden GV-Lebensmittel und -Futter als solche definiert, wenn sie GVO enthalten, aus GVO bestehen oder aus solchen hergestellt werden. (4,5)

Gemäß EU-Recht müssen alle GVO zugelassen werden, bevor sie angebaut oder als Lebensmittel bzw. Futter verwendet werden können. (5) Eine strenge Sicherheitsbewertung wird von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchgeführt. Für die Bewertung notwendige Daten beinhalten Daten, die Sicherheits- und Risikobewertung des Produktes für Menschen, Tiere und Umwelt nachweisen. Die EFSA-Bewertung wird von einem Experten-Ausschuss aus allen EU-Mitgliedstaaten überprüft und abgestimmt. Nach 10 Jahren kann die Genehmigung unter Berücksichtigung neu verfügbarer Daten erneuert werden. (5)

GVO gehören zu den meistgeprüften Lebensmittelgruppen in der EU. Verbraucher können sich sicher sein, dass die Sicherheitsbewertung ausreichend ist und zugelassene GVO so sicher wie ihre herkömmlichen Pendants sind. Sollten Nachweise über mögliche Risiken für Menschen, Tiere oder die Umwelt jemals zum Vorschein kommen, gibt es Maßnahmen, um jegliche betroffene Produkte sofort zurück zu rufen und die Zulassungen auszusetzen oder zu ändern. (5,6) Bis heute wurden keine nachteiligen Auswirkungen des Verzehrs zugelassener GVO-Lebensmittel auf die menschliche Gesundheit beobachtet. (7)

Kennzeichnung und Nachverfolgbarkeit von GVOs

Ein Etikett mit Hinweis auf die GV-Herkunft ist vorgeschrieben, wenn mehr als 0,9 % eines Lebensmittels oder einer Zutat aus einer zugelassenen GV-Quelle stammt. Unter diesem Grenzwert müssen Hersteller den Nachweis erbringen, dass das Vorhandensein eines GVO unabsichtlich oder technisch nicht vermeidbar ist. (5) „Gentechnikfrei“-Etiketten können freiwillig verwendet werden, sofern sie den Verbraucher nicht in die Irre führen. Etiketten dürfen nicht behaupten, ein Lebensmittel besäße besondere Eigenschaften, wenn alle ähnlichen Lebensmittel auch solche Eigenschaften aufweisen. (1) Orangensaft als gentechnik-frei zu kennzeichnen wäre beispielsweise irreführend, da derzeit nirgendwo GV-Orangen auf dem Markt sind.

GVO und Produkte, die GVO enthalten, sind gekennzeichnet und ihre Herkunft kann durch die Lebensmittelkette nachverfolgt werden. (5,8) Darüber hinaus müssen alle Teilnehmer der Versorgungskette Aufzeichnungen über alle Transaktionen mit GV-Lebensmitteln oder -Futter über einen Zeitraum von fünf Jahren aufbewahren. Dies sichert die Produktverfolgung für den Fall, dass jemals Nachweise für ein unerwartetes Risiko zum Vorschein kommen. (8,9) Die EU-Kommission hat online ein öffentliches Register eingerichtet, in dem Bürger nach Informationen zu zugelassenen GVO suchen können. (10)

Was ist derzeit in der EU zugelassen?

Eine GV-Nutzpflanze ist derzeit zum Anbau zugelassen – Insekten-resistenter Mais. Er wird derzeit in kleinen Mengen in Spanien, der Tschechischen Republik, Portugal, Rumänien und der Slowakei angebaut. (11) Im Jahr 2015 verabschiedete Gesetzgebung erlaubt einzelnen Mitgliedstaaten, den Anbau von EU-zugelassenen GV-Nutzpflanzen in ihrem eigenen Staatsgebiet einzuschränken oder zu verbieten. (12,13)

Zum 1.1.2016 waren 61 GVO zur Vermarktung als Lebensmittel oder Futter in der EU zugelassen. Diese GVO werden nicht in der EU angebaut oder gezüchtet, sie können aber aus importierten Quellen in Lebensmittel und Futter vorhanden sein. (14)

Darunter sind:

  • 32 Maissorten
  • 12 Soyasorten
  • 10 Baumwollsamensorten
  • 4 Rapssorten
  • 1 Zuckerrübensorte
  • 1 bakterielles Produkt
  • 1 Hefeprodukt

Blick Richtung Zukunft

GV-Lebensmittel stehen in den kommenden Jahrzehnten großen Herausforderungen gegenüber, unter denen die öffentliche Akzeptanz den wichtigsten Platz einnimmt. Während EU-Bürger das Recht haben sollten, zwischen GV- und nicht-GV-Produkten zu wählen, sollten ihnen auch bewusst sein, dass GVO vor ihrer Zulassung eine strenge Risikobewertung durchlaufen, welche eine den nicht-GV-Pendants gleichwertige Sicherheit gewährleistet. (5)

Literatur

  1. Food Safety Authority of Ireland (2013). Genetically Modified Food Section.
  2. Klümper W & Qaim M (2014). A Meta-Analysis of the Impacts of Genetically Modified Crops. PLoS ONE 9(11): e111629.
  3. De Steur H, et al. (2015). Status and market potential of transgenic biofortified crops. Nature Biotechnology 33(1):25-29.
  4. European Commission (2015). Genetically Modified Organism Section.
  5. Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel.
  6. Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit.
  7. Nicolia A, et al. (2014) An overview of the last 10 years of genetically engineered crop safety research. Critical Reviews in Biotechnology 34(1):77-88.
  8. Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln sowie zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG.
  9. European Commission (2015). Traceability and Labelling Section.
  10. European Commission (2015). EU Register of Authorised GMOs Section.
  11. International Service for the Acquisition of Agri-biotech Applications (2014). Report on Global Status of Biotech/GM Crops Section.
  12. European Parliament (2015). Press release – Environment Section.
  13. Richtlinie (EU) 2015/412 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG zu der den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit, den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen.
  14. European Commission (2015). Presentation: GMOs: Commission’s proposal on Food / Feed.

Quelle: FOOD TODAY 2/2016