Internationale DLG-Qualitätsprüfung für Schinken und Wurst: Klare Kennzeichnung von Fleischerzeugnissen

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Auswirkungen der neuen Leitsätze für Verbraucher

Verbraucher fühlten sich bislang oft getäuscht, wenn in einer Geflügelsalami mehr Schwein als Geflügel enthalten war und dies nicht schon im Produktnamen erkennbar war. Das soll sich jetzt mit den neuen Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse ändern. Sie beschreiben detailliert die Herstellung und Beschaffenheit der Produkte. Die Ände­rungen sollen Informationen der Zutatenliste ergänzen und mehr Klarheit bei der Produktbezeichnung bringen – für Verbraucher und Hersteller. Was die Neuerungen für Konsumenten konkret bedeuten und ab wann sie wirksam sind, beleuchtete jetzt die DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) am Rande ihrer Internationalen Qualitätsprüfung für Schinken und Wurst in Bad Salzuflen.

Die Anforderungen an eine eindeutige Bezeichnung bei Fleischerzeugnissen sind in den letzten Jahren gestiegen. Die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) veröffentlichten neuen Leitsätze tragen diesem erhöhten Informationsbedürfnis der Verbraucher jetzt Rechnung. Davon ist Karin Hillgärtner, Projektleiterin der Internationalen DLG-Qualitäts­prüfung Schinken und Wurst, überzeugt. Besondere Berücksichtigung fand bei der Überarbeitung die Frage, welche Erwartungen Verbraucher bei der Auslobung einer Tierart im Produktnamen haben. Hinweise des Verbraucherportals www.lebensmittelklarheit.de fanden bei den Neuerungen besondere Berücksichtigung.

Bei verpackten Fleischerzeugnissen erhalten Verbraucher weiterhin über die Zutatenliste ausführliche Informationen zu den verwendeten Rohstoffen. Eine schnelle Einschätzung, um welches Produkt es sich handelt, soll jetzt bereits mit der Bezeichnung des Produktes möglich sein. Bei der nächsten Neuauflage der Etiketten werden die Hersteller die Neuerungen umsetzen.

Die wesentlichen Änderungen für Verbraucher im Überblick:

Geflügelfleischerzeugnisse  Bislang verstand man unter Fleischerzeugnissen grundsätzlich Rind- und Schweinefleischprodukte, sogenanntes Rotfleisch. Das ist auch heute noch so, wenn nichts weiter ausgeführt wird. Neu ist, dass Geflügelerzeugnisse aus Huhn oder Pute jetzt als eigenständige Produktgruppe zusätzlich in die Leitsätze aufgenommen wurden. Das trägt der wachsenden Marktbe­deutung dieses Segments Rechnung.

Tierartkennzeichnung im Fokus:Unterschieden wird zwischen der ausschließlichen und der teilweisen Verwendung von Teilen einer Tierart:

  • Sofern bei der Bezeichnung eines Lebensmittels der Hinweis auf eine Tierart erfolgt und diese an erster Stelle des Produktnamens genannt ist, überwiegt immer diese Tierart im Produkt. Ist keine weitere Tierart aufgeführt, dann wurde ausschließlich die an erste Stelle genannte verarbeitet. Beispiele: Rindswurst, Schweinskopfsülze.
  • Die Verwendung von Rohstoffen mehrerer Tierarten ist in der Bezeichnung des Lebensmittels kenntlich zu machen: Eine „Wild­schweinsalami“ besteht ausschließlich aus Wildschwein; eine „Hirsch­salami mit Schweinefleisch“ wird überwiegend aus Hirschfleisch hergestellt, wobei auch Schweinefleisch zum Einsatz kommt, und eine „Salami mit Hirschfleisch“ besteht überwiegend aus Rind-/oder Schweinefleisch mit geringeren Anteilen vom Hirsch. Die Anteile sind über die Zutatenliste erkennbar.

Kalbfleischerzeugnisse

In der Vergangenheit genügte es, wenn mindestens 15 % Kalb- bzw. Jungrindfleisch im Produkt enthalten waren. Taucht jetzt der Begriff „Kalb-“ an erster Stelle in der Bezeichnung auf, besteht der Anteil aus mindestens 50 % Kalb- bzw. Jungrindfleisch. Eine „Kalbfleischwurst“ besteht also ausschließlich aus Rindfleisch, und davon sind mindestens 50 % vom Kalb- bzw. Jungrind. Produkte, die bisher als „Kalbfleisch-Leberwurst“ bezeichnet wurden, sind jetzt bei überwiegendem Anteil an Schweinefleisch als „Leberwurst mit Kalbfleisch“ zu bezeichnen. Die Anteile sind über die Zutatenliste erkennbar.

Leberprodukte

Wurde „Kalbsleberwurst“ bisher mit Kalbsleber und Schweineleber und Schweinefleisch hergestellt, gilt jetzt auch hier die eindeutige Tierart­kennzeichnung. Produkte, die bisher als „Kalbsleberwurst“ bezeichnet wurden, sind jetzt bei überwiegendem Anteil von Schweinefleisch und zusätzlicher Verwendung von Kalbsleber als „Leberwurst mit Kalbsleber“ zu bezeichnen. Die Anteile sind über die Zutatenliste erkennbar.

Warum kann eine Geflügelsalami nicht ausschließlich aus Geflügel und eine Kalbsleberwurst nicht nur aus Kalbsleber und Rindfleisch bestehen? Was theoretisch einleuchtend klingt, ergibt in der Praxis keine sensorisch ansprechenden Produkte, weiß DLG-Projektleiterin Karin Hillgärtner. Sie verdeutlicht das am Beispiel der Geflügelsalami: Geflügelfettgewebe ist zur Verarbeitung in Rohwürsten nicht gut geeignet. Denn es verfügt u.a. über eine zu weiche Konsistenz und eine zu geringe Oxidationsstabilität. Die sensorischen Eigenschaften der daraus hergestellten Produkte sind erheblich gemindert.

„Kein Verbraucher würde eine solche Geflügelsalami kaufen, denn sie schmeckt nicht gut,“ so Hillgärtner. Der Einsatz von pflanzlichen Fetten erfordert nach Aussage der Lebensmitteltechnologin bei Rohwürsten zusätzliche stabilisierende Maß­nahmen. Wahrscheinlich werden deshalb auch künftig einige Geflügelrohwürste mit Speck/Schweinefleisch hergestellt werden. Dank der neuen Leitsätze ist das für Verbraucher jetzt aber schon in der Bezeichnung eindeutig erkennbar: Sie kaufen „Geflügelsalami mit Schweinefleisch“ oder eine „Salami mit Geflügel­fleisch“. Bei Geflügelbrühwürsten, wie etwa Geflügelfleischwurst, ist die alleinige Ver­arbeitung von Geflügelfleisch und ggf. Geflügelfett möglich, so dass es diese Produkte weiterhin geben wird.

Die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission

Die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission hat im Auftrag des Bundes­ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse geändert. Der Kommission gehören je acht Vertreter von Verbrauchern, Wirtschaft, Wissenschaft und Lebensmittelüberwachung an. Sie erarbeiten Leitsätze für das Deutsche Lebensmittelbuch. Dieses beschreibt für rund 2.000 Lebensmittel die Herstellung und Beschaffenheit, die üblicherweise von dem Produkt erwartet werden (sogenannte Verkehrsauffassung). Bei den Leitsätzen handelt es sich nicht um eine Rechtsnorm, sondern um ein Expertengutachten als Orientierungshilfe. Die Beschlüsse werden mit mehr als Dreiviertel-Mehrheit gefasst, d.h. Vertreter aus allen Bereichen, auch aus der Wirtschaft, haben dieser Änderung der Bezeichnungen zugestimmt.

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Quelle: DLG