Neue Interessenkonflikte bei Europäischer Lebensmittelbehörde EFSA

„Drehtüren zur Industrie werden zum Haupteingang bei EFSA“

Testbiotech fordert die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) in einem Schreiben an ihren Leiter Bernhard Url auf, die Unabhängigkeit der Behörde zu stärken und und so das Vertrauen in ihre Arbeit zu verbessern. Anlass des Schreibens ist die Ernennung von Barbara Gallani, die im Januar zur Kommunikationschefin der EFSA ernannt wurde. Frau Gallani arbeitet derzeit bei der „Food and Drink Federation“, einer Lobbyorganisation der britischen Lebensmittelindustrie. Den vorliegenden Informationen zufolge will sie von dort direkt zur EFSA wechseln. Die Risikokommunikation gehört zu den zentralen Aufgaben der EFSA.

Die Personalie erinnert an frühere Fälle bei der Behörde: 2009 deckte Testbiotech auf, dass Suzy Renckens, die jahrelang die Gentechnik-Abteilung der EFSA leitete, von dort direkt zur Gentechnik-Industrie wechselte. Dieser Fall von ,revolving doors‘ oder ,Drehtüren‘ zwischen der Industrie und der Behörde wurde sowohl vom EU-Ombudsmann als auch vom EU-Parlament gerügt.

„Es sieht so aus, als würden die Drehtüren zur Industrie jetzt zum neuen Haupteingang in die Führungsetage der EFSA. Wie unsere aktuelle Recherche zeigt, ist der Fall Gallani nur ein Symptom für das derzeitige Missmanagement bei der EFSA. Die Behörde scheint nach wie vor nicht in der Lage zu sein, ihre Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit ausreichend zu schützen“, sagt Christoph Then von Testbiotech.

Wie jüngste Nachforschungen von Testbiotech zeigen, spielen mindestens vier Experten, die bei der EFSA für die Risikoabschätzung gentechnisch veränderter Organismen verantwortlich sind, gleichzeitig eine aktive Rolle in Organisationen, die der Gentechnik-Industrie nahestehen. Zudem zeigen die Recherchen, dass ein führender Experte des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), der auch bei der EFSA aktiv ist, keine Angaben über seine Aktivitäten beim von der Industrie finanzierten International Life Sciences Institute (ILSI) gemacht hat.

Bernhard Url wurde 2014 zum Direktor der EFSA ernannt. Er übernahm sein Amt zu einer Zeit, in der die Behörde immer wieder mit Fällen von schweren Interessenkonflikten konfrontiert war. Am bekanntesten wurde 2012 der Fall der Vorsitzenden des Verwaltungsrates, Diána Bánáti, die zurücktreten musste, weil sie parallel in führender Position beim International Life Sciences Institute (ILSI) tätig war.

Danach erließ die EFSA striktere Regeln zur Wahrung ihrer Unabhängigkeit, zum Beispiel zur Offenlegung relevanter Interessen. Zudem wurde festgelegt, dass man als Experte der EFSA zum Beispiel nicht gleichzeitig bei ILSI aktiv sein kann. Diese Bestimmungen wurden von vielen Beobachtern als Schritte in die richtige Richtung gesehen. Doch schon bald, nachdem Url sein Amt angetreten hatte, wurde er mit der Auffassung zitiert, die Standards zur Wahrung der Unabhängigkeit der Behörde müssten nicht weiter angehoben werden.

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Quelle: Testbiotech