Weltbevölkerung kann ohne weiteren Verlust von Waldflächen ernährt werden

Der Wald müsse Acker- und Weideland weichen, um die wachsende Weltbevölkerung ernähren zu können: Dies ist ein Argument, das widerlegt werden konnte. Eine Studie, publiziert in NATURE Communications, zeigt, dass sogar der Status-Quo an Waldflächen erhalten bleiben, und es trotzdem gelingen kann, genug Nahrung zu produzieren.

„Der Schutz der weltweit verbliebenen Wälder ist ein wichtiges Ziel des Klimaschutzes“, so Studienautor Karlheinz Erb (Institut für Soziale Ökologie). Die Rodung von Wäldern wird häufig mit der Notwendigkeit von größeren Acker- und Weideflächen argumentiert. Erb hat gemeinsam mit KollegInnen nun umfassende Berechnungen angestellt, um aufzuzeigen, welche Optionen es für die Ernährung der Weltbevölkerung im Jahr 2050 in einer hypothetischen Welt gibt, in der kein Wald mehr schrumpfen muss.

Für diese Berechnungen spielten sowohl Faktoren der Anbauintensivität, der Nutzung von Land für Ackerbau oder für Weideflächen als auch menschliche Ernährungsweisen (vegan, vegetarisch, geringer Fleischkonsum, etc.) eine Rolle. Die Forscherinnen und Forscher kommen zum Ergebnis, dass es unter 500 errechneten Szenarien rund 60 Prozent machbare oder möglicherweise machbare Varianten gäbe, die Weltbevölkerung ohne weitere Abholzung zu ernähren.

Karlheinz Erb führt zu den Ergebnissen aus: „Das Ernährungsverhalten des Menschen ist die wichtigste Komponente. Aus unseren Berechnungen von Szenarien lässt sich zusammenfassen: Würde sich die Weltbevölkerung vegan ernähren, wäre nur in einem Fall eine weitere Rodung von Wäldern notwendig. Bei der Annahme einer vegetarischen Ernährungsweise, sind mit 94 Prozent auch fast all unsere errechneten Szenarien machbar.“ Je mehr Fleisch der Mensch esse, desto schwieriger der Erhalt von Waldflächen, so die Ergebnisse. Bei einer stark fleisch-orientierten Ernährung gäbe es unter den 500 Optionen nur noch 15 Prozent, die einen Erhalt der Waldflächen ermöglichen würden.

Betrachtet man die Anbauintensität, zeigt sich, so die Forscherinnen und Forscher, dass bei einer vorwiegend veganen oder vegetarischen Lebensweise sogar eine Versorgung der Weltbevölkerung mit extensiveren Formen der Landwirtschaft, wie etwa dem Biolandbau, und dem gleichzeitigen Erhalt der Waldflächen möglich wäre. Gleichzeitig bringe die Tierhaltung und die Nutzung von Flächen als Weideland aber auch positive Effekte: So sei beispielsweise manche Flächen nicht für die Ackernutzung verwendbar, würde aber als Weidefläche zur Ernährungsproduktion beitragen. Wichtige Voraussetzungen für die Ernährungssicherheit seien, so die StudienautorInnen, eine Reduktion der verschwendeten Güter sowie ein weltweit fairer Handel von Lebensmitteln.

Eine wichtige Komponente wird allerdings klar: das Ziel, die gesamte Weltbevölkerung ausreichend zu ernähren – etwas, das bis heute nicht erreicht ist – führt zu einem wichtigen trade-off. Entweder müsse dafür die Landnutzung intensiviert und in Gegenden ausgeweitet werden, welche zurzeit relativ extensiv genutzt werden, insbesondere in die natürlichen Grasländer wie Savannen. Oder aber es führt zu einem massiven Ansteigen der globalen Handelsströme von Nahrungsmittel. Diese globalen Verflechtungen nachhaltig zu gestalten, sei aber eine gehörige Herausforderung, um nachteilige Entwicklungen für strukturarme Regionen der Welt früh zu erkennen und abzuwenden. Zentrale Institutionen, welche dafür nötig wären, seien aber im Moment nicht oder nur kaum vorhanden, so das Forschungsteam.

Diese Forschungsergebnisse seien im Lichte der Ziele für nachhaltige Entwicklung der UNO (Sustainable Development Goals) besonders wichtig: Sie zeigen, dass kein Widerspruch zwischen den Zielen zum Schutz der Wälder im Sinne des Klimaschutzes und der Ernährungssicherheit der Welt¬bevölkerung entstehen muss.

Erb, K.-H., Lauk, C., Kastner, T., Mayer, A., Theurl, M.C. & Haberl, H. (2016). Exploring the biophysical option space for feeding the world without deforestation. Nature Communications, 10.1038/10.1038/NCOMMS11382

Weitere Informationen: http://www.aau.at

Quelle: Dr. Romy Müller UNI Services
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt