Das NU-AGE-Projekt der EU: Neue Leitlinien für ein gesünderes Altern in Europa

Nach 5 Jahren endete jetzt das von der EU geförderte Projekt „NU-AGE“mit neuen Ernährungsleitlinien für Menschen über 65. Im Rahmen des Projekts wurden die sozioökonomischen Bestimmungsgrößen für die Nahrungswahl der alternden Bevölkerung in Europa umfassend untersucht. Forscher beschäftigten sich auch damit, inwieweit eine mediterran geprägte Ernährungsweise die Gesundheit älterer Menschen fördern und altersbedingte Erkrankungen vermeiden helfen kann.

Da die Lebenserwartung in Europa signifikant gestiegen ist, werden bis zum Jahr 2030 voraussichtlich 40 % der Bevölkerung älter als 65 Jahre sein. (1) Deshalb hat sich das Projekt NU-AGE zum Ziel gesetzt, die Gesundheit und Lebensqualität der alternden EU-Bevölkerung zu verbessern und ihren Ernährungsbedarf zu gewährleisten. An der ambitionierten Studie nahmen fünf europäische Länder teil: Italien, Frankreich, Polen, die Niederlande und das Vereinigte Königreich.

Insgesamt konnten 1.296 Teilnehmer gewonnen werden. Die freiwilligen Studienteilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt – eine Kontrollgruppe, die sich gemäß ihren üblichen Gewohnheiten ernährte und eine Interventionsgruppe, die eine mediterrane Diät mit viel Obst, Gemüse, Fisch, fettarmem Fleisch, Nüssen und Olivenöl aß. Ergänzend erhielten die Teilnehmer der Interventionsgruppe Nahrungsmittel mit spezieller Rezeptur, Vitamin D sowie Unterstützung und Beratung zur Anpassung ihrer Essgewohnheiten. (2) Durch Vergleich der beiden Gruppen konnten die Forscherteams die Auswirkungen der Ernährung auf verschiedene Gesundheitsmarker bestimmen.

Ernährungsleitlinien für Senioren von NU-AGE

Aktuell gibt es keine Ernährungsleitlinien, die speziell auf den Ernährungsbedarf von Senioren zugeschnitten sind. Die Forscher des NU-AGE-Projekts kombinierten bestehende diätetische Referenzwerte (d.h. auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand beruhende Werte für die Nahrungsaufnahme) mit lebensmittelbasierten Ernährungsleitlinien zur Entwicklung von neuen Empfehlungen für ältere Menschen. Vor allem wurde dabei auf bestimmte Nährstoffe geachtet, die für die alternde Bevölkerung besonders wichtig sind, darunter die Vitamine D und B12, Kalzium, aber auch Wasser und Ballaststoffe.

In einem nächsten Schritt wurden die diätetischen Referenzwerte in lebensmittelbasierte NU-AGE-Ernährungsleitlinien umgesetzt, die den Verbrauchern vermitteln sollen, was und wie viel sie von einer bestimmten Lebensmittelgruppe zu sich nehmen sollten. Anstatt beispielsweise zu empfehlen, auf die Aufnahme von mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu achten, geben die Forscher gezielte Ratschläge dazu, wie viel öliger Fisch mit diesen Nährstoffen konsumiert werden sollte.

Am Ende der Studie wurde gemessen, ob die Teilnehmer der Interventionsgruppe ihre Nahrungsaufnahme an die NU-AGE-Ernährungsleitlinien angepasst hatten. Es zeigte sich, dass Teilnehmer aus allen fünf Ländern ihre Essgewohnheiten zugunsten der neuen Empfehlungen geändert hatten, jedoch nicht überall in gleichem Maße. Die größten Veränderungen wurden bei Freiwilligen aus Frankreich beobachtet, gefolgt von Polen, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich. Das Schlusslicht machten die Teilnehmer aus Italien. Die Ergebnisse müssen noch weiter verifiziert und analysiert werden, um sagen zu können, warum diese Länderunterschiede bestehen und was diese vor allem auch für die Gesundheit der älteren Bevölkerung bedeuten.

Wahrnehmung und Einstellung von Senioren zum Thema Lebensmittelwahl und Nährwertinformationen

Einerseits wurde beobachtet, dass Teilnehmer ihr Essverhalten an die neuen Empfehlungen anpassten, jedoch wollte das NU-AGE-Projekt auch herausfinden, wie die Auswahl von Lebensmitteln beeinflusst wird und welche Einstellung und Wahrnehmung ältere Verbraucher gegenüber gesundheitsrelevanten Informationen haben.

Dafür wurde von den Teilnehmern beider Gruppen unabhängig von ihrer Ernährung während der Studie ein eigens entwickelter Fragebogen ausgefüllt. Als die fünf wichtigsten Einflussfaktoren auf Kaufentscheidungen wurden genannt: Haltbarkeitsdatum, Preis, Geschmack, Zutaten und Gewohnheit. Die Teilnehmer wurden auch gefragt, ob sie sich beim Kauf an ausgewiesenen Informationen zum Nährwert der Lebensmittel orientierten, z.B. am angegebenen Gehalt von Kalorien, Fett, Salz oder Zucker. Ein Drittel der Freiwilligen gab an, sich nicht an solchen Kennzeichnungen zu orientieren, ein Fünftel nutzt diese gelegentlich. Kennzeichnungen würden nach Aussage der Teilnehmer deshalb nicht genutzt, weil sie entweder aufgrund kleiner Schrift schwierig zu lesen seien oder zu viele Informationen enthielten.

Interessanterweise führte jedoch die Teilnahme an der Studie bei fast zwei Dritteln der Probanden aus der Gruppe mit der NU-AGE-Diät dazu, aktiver nach Informationen zu Nährwert und Gesundheit zu suchen.

Neben den oben beschriebenen Ergebnissen konnten die Forscher mithilfe verschiedenster Techniken aus den Gebieten der Genetik, Epigenetik, Transkriptomik, Metagenomik und Metabolomik noch weitere Fragen über den Effekt der Mittelmeer-Diät auf altersbedingte Krankheiten beantworten. Die Analysen sind in den genannten Fachgebieten noch nicht abgeschlossen, ihre Ergebnisse sollen jedoch bald veröffentlicht werden.

Das NU-AGE-Projekt war die bisher größte und erste Studie mit einem vollständigen Ernährungskonzept zur Beantwortung wichtiger Fragen hinsichtlich der Verbesserung von Gesundheit und Lebensqualität der alternden Bevölkerung in Europa.

NU-AGE wurde durch das Siebte Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung der Europäischen Union unterstützt (Vertragsnummer 266486).

Literatur

  1. OECD (2010). Health at a Glance: Europe 2010. OECD Publishing.
  2. Berendsen A, et al. (2014). A parallel randomized trial on the effect of a healthful diet on inflammageing and its consequences in European elderly people: design of the NU-AGE dietary intervention study. Mechanisms of ageing and development 134(11-12):523-530.

Weiterführende Informationen: Offizielle Webseite von NU-AGE

Teilweise wurden die Ergebnisse des Projekts am 5. April 2016 auf einer Abschlusskonferenz vorgestellt, die als Webinar aufgezeichnet wurde.

EUFIC website: New dietary strategies for healthy ageing in Europe.
EUFIC (2011). Gesund altern in Europa – welche Möglichkeiten gibt es? EUFIC Food Today, EU-Projekte – Sonderausgabe 06/2011

Quelle: FOOD TODAY 04/2016