Forscher der Universität Hohenheim züchten an hiesiges Klima angepasste Soja-Sorten. Neuer Schnelltest auf Krankheitserreger.
Wer in Deutschland Soja anbauen möchte, und sich nicht gerade in klimatisch günstigen Lagen befindet, hat es nicht leicht: Es gibt kaum Sorten, die mit dem kühlen Klima klarkommen und dabei den Qualitätsansprüchen für die Tofu- oder Futtermittelproduktion genügen. Diesem Problem wollen die Wissenschaftler dreier Arbeitsgruppen der Universität Hohenheim und des Julius Kühn-Institutes (JKI) Abhilfe schaffen und neue, besser angepasste Soja-Sorten züchten. Darüber hinaus arbeiten sie an einem Schnelltest auf Krankheitserreger bei Soja. Mit knapp 390.000 Euro fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) das Projekt – das macht es zu einen Schwergewicht der Forschung an der Universität Hohenheim macht.
Über 17.000 Hektar Soja haben die Landwirte in Deutschland letztes Jahr angebaut – rund 7.000 mehr als im Jahr zuvor. Dennoch ist der Anbau hier noch eine Nische, 80 Prozent des Bedarfs decken Importe. Dabei gelten Hülsenfrüchte (Leguminosen) als besonders wertvoll in der Fruchtfolge, da sie Luftstickstoff binden und so den Boden verbessern.
Wissenschaftler der Universität Hohenheim wollen nun die Voraussetzungen für den Sojaanbau in Deutschland verbessern. „Wir brauchen mehr Sorten, die kältetolerant sind und früher reifen“, erklärt Projektleiter Dr. Volker Hahn von der Landessaatzuchtanstalt in Hohenheim. „Dann kann der Sojaanbau bei uns vor allem nach Norden weiter ausgedehnt werden.“ Ein Ziel, das im UN-Jahr der Hülsenfrüchte von besonderer Bedeutung ist.
Forscher durchsuchen Genbanken nach kältetolerantem Soja
Prof. Dr. Karl Schmid vom Fachgebiet Nutzpflanzenbiodiversität und Züchtungsinformatik der Universität Hohenheim knöpft sich mit seinem Team die öffentlichen Genbanken vor. „In den letzten 50 Jahren wurde sehr viel Material gesammelt“, erklärt er, „und wir möchten das herauspicken, das voraussichtlich für unsere Breiten geeignet ist.“
Die Forscher speisen dazu die vorhandenen Daten zur genetischen Vielfalt und zu den tatsächlichen Merkmalen der Sorten in den Computer ein und gleichen sie miteinander ab. „So finden wir mit statistischen Methoden sogenannte Markergene, also Abschnitte im Erbgut, die für bestimmte Eigenschaften verantwortlich sind. In unserem Fall dafür, dass die Pflanzen im Herbst zuverlässig reifen und nicht bei Temperaturen unter 10 Grad die Blüten abwerfen“, erläutert Prof. Dr. Schmid.
Derzeit sammeln die Wissenschaftler noch die Daten der künftigen Kreuzungspartner, im nächsten Jahr wollen sie das entsprechende Saatgut aus den Genbanken beziehen und im Feldversuch überprüfen.
Unterstützung durch Versuche in Klimakammern
Die Toleranz gegenüber kühlen Temperaturen ist auch Gegenstand der Untersuchungen des Julius Kühn-Instituts (JKI) im Rahmen des Projektes. Die Wissenschaftler dort arbeiten mit Klimakammern.
Verschiedene Soja-Sorten ziehen sie darin jeweils einmal unter Normalbedingungen und einmal unter Kältestress an. Ein Abgleich der Ergebnisse mit den genetischen Merkmalen soll ebenfalls Markergene identifizieren.
Qualität für die Tofu-Herstellung
Doch die Forscher haben nicht nur die Eignung für die klimatischen Bedingungen, sondern auch die Tofu-Qualität im Visier. Dafür will Dr. Hahn mit seinem Team die entsprechenden Markergene finden, um die Zucht zu beschleunigen. „In Deutschland bevorzugen die Verbraucher im Allgemeinen festen Tofu“, berichtet er. „Bei der Züchtung achten wir daher auf Merkmale wie Festigkeit und Tofu-Ausbeute.“
Dazu kooperieren die Forscher mit dem Tofu-Werk der Firma Taifun, mit der zusammen sie auch bereits für ihr 1000-Gärten-Projekt Hobbygärtner für ein Soja-Experiment angeworben haben. Für das jetzige, wesentlich umfassendere Projekt werden bei Taifun die Eigenschaften der verschiedenen Soja-Sorten festgehalten. „Anschließend ziehen wir dann diese Soja-Sorten an und lassen das Erbgut analysieren“, so Dr. Hahn.
Über einen Vergleich mit den Eigenschaften wollen die Forscher Markergene identifizieren, die Rückschlüsse auf Ertrag oder Proteingehalt ermöglichen. „Auf diese Weise kann man die für die Qualität besten Zuchtlinien ermitteln, ohne aufs Feld zu müssen.“
Schnelltest auf Krankheitserreger
Ein anderes Problem beschäftigt Prof. Dr. Ralf Vögele vom Fachgebiet Phytopathologie an der Universität Hohenheim: Im Sojaanbau liegen bisher nur wenige Erfahrungen zum Pflanzenschutz vor. Er hat es sich daher zum Ziel gesetzt einen Schnelltest zu entwickeln, mit dem man die Krankheitserreger nachweisen kann.
„Wir verwenden einen für Feuerbrand bereits etablierten Test, bekannt als qPCR. Das ist kurz gefasst ein molekularer Nachweis eines Erregers auf DNA-Basis“, erklärt Prof. Dr. Vögele. „Damit können wir Erreger qualitativ und quantitativ bestimmen, bevor Symptome zu erkennen sind.“
Etabliertes Testverfahren wird angepasst
Das Verfahren muss dafür an den jeweiligen Erreger und an die spezifische Fragestellung angepasst werden. „Dann können wir etwa für Boden, Samen oder Pflanzenmaterial einen passenden Test anbieten“, ist Prof. Dr. Vögele zuversichtlich.
Die Vielseitigkeit des Verfahrens ermöglicht bei Soja zahlreiche Einsatzmöglichkeiten. Beim Nachweis von Krankheitserregern an Blatt oder Stängel kann sich der Landwirt Pflanzenschutzmaßnahmen überlegen. Und die Fruchtfolge kann er anpassen, wenn ein Erreger im Boden gefunden wird.
„Wichtig ist bei Soja auch ein Saatguttest“, betont der Experte. „Der sogenannte Diaporthe/Phomopsis-Komplex ist ein pilzlicher Krankheitskomplex, an dem mehreren Arten beteiligt sind. Er verursacht Ausfallerscheinungen. Mit unserem Verfahren wird man Saatgut-Partien testen können – laut EU-Vorschrift dürfen nicht mehr als 15 Prozent der Körner befallen sein.“
Und letztlich soll das Verfahren auch wieder der Züchtung nützen. „Durch den quantitativen Nachweis können wir früh erkennen, ob eine neue Züchtungslinie höhere Resistenz gegenüber Krankheitserregern zeigt“, erläutert Prof. Dr. Vögele. „Die Resistenzzüchtung gegen Sojarost oder andere Pilzerkrankungen, Bakterien oder Viren kann so erheblich beschleunigt werden.“
Hintergrund: Internationales Jahr der Hülsenfrüchte
Das Jahr 2016 haben die Vereinten Nationen zum Jahr der Hülsenfrüchte erklärt. Hülsenfrüchte (Leguminosen) wie Linsen, Bohnen, Erbsen oder Sojabohnen stellen eine wichtige Quelle von pflanzlichen Proteinen und Aminosäuren für die Menschen auf der ganzen Welt dar. Auch in der Tierfütterung werden sie eingesetzt. Die Besonderheit der Leguminosen besteht darin, dass sie in der Lage sind mit Hilfe von Bakterien den Luftstickstoff im Boden zu binden und so die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen. Sie gelten daher als ein wertvolles Element in der Fruchtfolge.
Hintergrund: Projekt SojaGenoPath
SojaGenoPath ist eine Abkürzung für den Projekttitel „Genomik-basierte Verbesserung des heimischen Sojazuchtmaterials und Etablierung eines molekularen Screeningsystems für Soja-Pathogene“. Das Projekt startete am 01.04.2015 und ist auf drei Jahre konzipiert. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert es über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) mit 389.580 Euro. Ebenfalls beteiligt ist das Institut für Resistenzforschung und Stresstoleranz am Julius Kühn-Institut (JKI).
Hintergrund: Schwergewichte der Forschung
31,2 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2015 für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 250.000 Euro bei den Experimental- bzw. 125.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.
Kontakt für Medien:
Dr. Volker Hahn, Universität Hohenheim, Landessaatzuchtanstalt (LSA) – Arbeitsgebiet Sonnenblumen und Leguminosen
T 07852 9188 17, E volker.hahn@uni-hohenheim.de
Prof. Dr. Ralf Vögele, Universität Hohenheim, Fachgebiet Phytopathologie
T 0711 459 22387, E ralf.voegele@uni-hohenheim.de
Prof. Dr. Karl Schmid, Universität Hohenheim, Fachgebiet Nutzpflanzenbiodiversität und Züchtungsinformatik
T 0711 459 23487, E Karl.Schmid@uni-hohenheim.de
Text: Elsner
Quelle: Florian Klebs Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Hohenheim