Speisepilze – wertvolle Lebensmittel seit der Steinzeit

Nutritive und pharmakologische Eigenschaften, Kultivierung und Nutzen für die Entwicklung veganer Lebensmittel.

Prof. Dr. Martin Rühl und Prof. Dr. Holger Zorn, Institut für Lebensmittelchemie und Lebensmittelbiotechnologie der Justus-Liebig-Universität Gießen

Pilze sind nicht nur variantenreiche Lebensmittel mit unverwechselbarem Aroma und Geruch, sondern aufgrund ihrer Zusammensetzung auch ernährungsphysiologisch wertvoll. Einige werden seit Jahrtausenden sogar als Heilmittel geschätzt. Mit Hilfe moderner Kultursysteme zur Produktion von Pilzmyzel in Fermentern können die nutritiven Eigenschaften von Pilzen auch für die Entwicklung vegetarischer und veganer Lebensmittel verfügbar gemacht werden.

Speisepilze als Heilmittel

Da viele Speisepilze sowohl als Lebensmittel als auch als Pharmaka Verwendung finden, kann man sie den funktionellen Lebensmitteln (Nutraceuticals) zuordnen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass sie ver- mehrt nicht nur in ihrer frischen Form, sondern auch als Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von getrockneten, tablettierten Fruchtkörpern verkauft werden. Sortenspezifisch können Speisepilze Inhaltsstoffe enthalten, die lipidsenkend, antimikrobiell, entzündungshemmend sowie immunstimmulierend wirken sowie die Synthese von Nervenwachstumsfaktoren anregen. Auch anticancerogene Eigenschaften sind beschrieben, weshalb z. B. β -Glucane aus Shiitake in Japan für die Krebstherapie vertrieben werden.

Kultivierung von Speisepilzen

Traditionell werden Speisepilze gesammelt und in China seit ca. 1.000 Jahren, in Europa seit dem 17. Jahrhundert zusätzlich auch kultiviert. Die weltweite Produktion von Speisepilzen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Bei der Kultivierung wird zwischen Streuzersetzern (z. B. Champignon) und Holzzersetzern (z. B. Austernseitling) differenziert. Während bei Streuzersetzern stickstoffreiche Stroh-Substrate zum Einsatz kommen, sind es bei den Holzzersetzern Substrate wie Sägespäne aus Laubhölzern oder auch gehäckseltes Stroh. Bei beiden gleich ist das Induzieren der Fruchtkörperbildung durch Absenken der Umgebungstemperatur, Erhöhung der relativen Luftfeuchte und Verringerung der CO2-Konzentration.

Nährwert von Speisepilzen

Speisepilze sind reich an Protein, aber fettarm und enthalten außerdem viele Ballaststoffe, Vitamine der B-Gruppe sowie Mineralstoffe. Die biologische Wertigkeit des Pilzproteins wird typischerweise durch die Konzentration der Aminosäuren Methionin, Cystein und Isoleucin limitiert. Hauptbestandteile der Ballaststoffe sind Chitin, Cellulose und β -Glucane, wobei Chitin bei manchen Menschen zu Verdauungsproblemen führen kann. Speisepilze enthalten zudem Ergosterol, aus dem durch UV-B-Bestrahlung Vitamin D2 wird, was zur deutlichen Steigerung des Vitamin-D-Gehalts in Fruchtkörpern genutzt wird. Da die Lagerfähigkeit frischer Speisepilze auch bei Kühlung begrenzt ist, werden Fruchtkörper häufig in getrockneter Form vermarktet.

Biotechnologische Produktion von Pilzmyzel

Pilze werden auch in Bioreaktoren (Fermentern) in Form von kleinen Myzelkügelchen kultiviert und, in der Regel nach Zusatz von Hühnerei- und/oder Milchproteinen, vermarktet. In aktuellen Forschungsprojekten wird daran gearbeitet, proteinreiche Pilzmyzelien zu produzieren, deren technofunktionelle Eigenschaften die Verarbeitung zu veganen Lebensmitteln, wie z. B. Wurstanaloga, erlauben. Ebenso ist der Einsatz von Speisepilzen zur Fermentation von z. B. Bierwürze zur Herstellung von neuartigen alkoholfreien Erfrischungsgetränken vorstellbar.

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Quelle: „lCI Moderne Ernährung heute“