Biolandhof Frohnenbruch: Wo Bruderhähne leben dürfen

„Küken-Schreddern“ – unter diesem Schlagwort wird seit wenigen Jahren hitzig über eine gängige Praxis bei der Ei-Produktion diskutiert, die den Genuss von Eiern über Jahrzehnte hinweg nicht trübte: die Tötung männlicher Küken bei der Zucht von Legehennen. Rund 50 Millionen männliche Eintagsküken lassen jährlich ihr Leben, da die Bruderhähne wenig Fleisch ansetzen und somit unwirtschaftlich sind. Familie Bird vom Biolandhof Frohnenbruch zeigt allerdings, dass man diese ethische und wirtschaftliche Herausforderung meistern kann.

Junges Leben, das nicht direkt ein Ende findet: männliche Eintagsküken bei der Lege-hennenzucht.
Junges Leben, das nicht direkt ein Ende findet: männliche Eintagsküken bei der Legehennenzucht.

„Freiherrlichkeit“ für Rinder und Hühner

Inmitten der platten Kulturlandschaft des Niederrheins, umgeben von Wiesen und Wäldern, versteckt sich Frohnenbruch zwischen dichten Baumreihen. Ehemals Rittergut und „Freiherrlichkeit“ sind die ältesten Gebäude rund 400 Jahre alt und von drei Seiten von Wasser, dem Burggraben, umgeben. Er wächst sich an der rechten Seite zu einem See aus, an dessen Ende die Limousin-Rinder weiden.

Noch bevor man das Gehöft entdeckt, fallen die weite Wiesenfläche davor, fünf helle, mit Hofladen-Werbung beschriftete Schrägdach-Anhänger sowie die sich darum tummelnden Hühner auf. Die sogenannten „Hühnermobile“ garantieren Wärme und Schutz innen, viel Platz außen und immer frisches grünes Gras, da sie versetzt werden, bevor der Boden übernutzt ist. Sie sind das Zuhause für insgesamt 450 Mast-Hähnchen und 1000 Legehennen des Biolandhofs Frohnenbruch – allerdings auch für die 800 Brüder der Damen aus der Ei-Produktion.

Der Weg zum ethisch vertretbaren Ei

Team Bird: Tochter Eva unterstützt Mutter Bärbel in der Hofmetzgerei. Sohn Paul ist auch in der Landwirtschaft tätig und greift Vater Klaus bei Besuchen unter die Arme.
Team Bird: Tochter Eva unterstützt Mutter Bärbel in der Hofmetzgerei. Sohn Paul ist auch in der Landwirtschaft tätig und greift Vater Klaus bei Besuchen unter die Arme.

Für Hofeigner Klaus Bird war die Tatsache, dass Bruderhähne bei der Zucht von Legehennen ihr junges Leben lassen müssen, immer eine latente Belastung. Er konnte sie jedoch genauso verdrängen wie viele Konsumentinnen und Konsumenten jeden Tag, da auf Frohnenbruch nicht gebrütet wird:

„Wir haben ja nur Legehennen bestellt“. Als 2013 erste Kundinnen und Kunden die Thematik ansprachen, trafen sie bei Klaus Bird einen wunden Punkt und er begann mit seiner Frau Bärbel konkret über Alternativen „zu brüten“.

 

„Wir haben ja nur Legehennen bestellt“

Nach einem ersten, unbefriedigenden Praxistest mit einem Zweinutzungshuhn, das bei einer geringeren Legeleistung der Hennen einen etwas höheren Fleischansatz bei den Brüdern versprach, versuchten es die Birds mit der ihnen vertrauten Rasse „Lohmann Brown“. Mit Erfolg: Die Brüder setzten auch hier noch genug Fleisch für den Verkauf an, die Hennen „produzierten“ aber beständig mehr und größere Eier.

Bruderschutz, der sich rechnet

Von Beginn an setzten die Birds auf eine 20-prozentige Preiserhöhung und verlangten 48 Cent für das „Bruderschutz-Ei“, gegenüber 40 Cent für dieselben Bio-Eier, allerdings ohne Bruderhahn-Beitrag. Die Mehrkosten für das Ei subventionieren seine Mast. „Auch die biologische Landwirtschaft muss sich rechnen und die Geflügelhaltung ist ein fordernder Bereich, der ein top Management erfordert“, macht Klaus Bird klar. 2002 stellte er auf ökologischen Landbau um und „lebt Bio“ seitdem voller Überzeugung.

Die Legenester der Hühnermobile sind mit Dinkelspelz gefüllt, was das Eierlegen dort besonders attraktiv macht.
Die Legenester der Hühnermobile sind mit Dinkelspelz gefüllt, was das Eierlegen dort besonders attraktiv macht.

Seine anfänglichen Sorgen, das Vorhaben sei womöglich doch unrentabel, wurde von der Kundenakzeptanz förmlich hinweggeweht: Griffen nach einer Woche schon 25 Prozent der Kundschaft des Hofladens zu den Eiern, die Bruderhähne retten, waren es nach acht Monaten bereits fast 40 Prozent.

Dieser Entwicklung tat auch der Rassenwechsel keinen Abbruch, sodass sich die Birds im März 2015 dazu entschieden, nur noch Eier anzubieten, die die Aufzucht aller Bruderhähne ermöglichen. Mussten sie hiervon nochmal den Leiter des örtlichen Supermarkts überzeugen, wo ihre Eier ebenfalls verkauft werden, stellen die Birds heute zufrieden fest: „Unsere Eier gehen dort am besten!“

Auch das langfaserige, schmackhafte Fleisch des Bruderhahns wird von der Hofladen-Kundschaft angenommen. Eine nachhaltige Konsumentscheidung, denn ausgehend von einem etwa 14-monatigen Legezeitraum seiner Hennen müsste „jeder Konsument von Eiern einmal im Jahr auch einen Bruderhahn essen, um auch von Verbraucherseite ein Gleichgewicht herzustellen“, so Klaus Bird.

Kommunikation als Schlüssel zum Erfolg

„Mein Anliegen war, sofort den Kunden mit einzubinden“, erinnert sich Bird an die Anfänge seines Engagements. Und so fragten seine Frau Bärbel und er die Kundschaft noch vor der Testphase nach ihrer Bereitschaft, mehr für ein Ei zu zahlen, wenn die Bruderhähne leben dürfen. Anschließend gaben die Birds ihren Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, praktisch zu ihrem Wort zu stehen und zwischen den herkömmlichen Bio-Eiern und den Bio-Eiern mit Bruderschutz zu entscheiden.

Über den Unterschied informierte eine große Schautafel im Hofladen, die genauso wie die Informations-Flyer in den Eierkartons im Supermarkt später von Kommunikationsprofis getextet und gestaltet wurden. Bird ist überzeugt, dass der Erfolg seiner Initiative ohne diese aktive und professionelle Kundenkommunikation nicht möglich gewesen wäre.

Auf Frohnenbruch werden Bruderhähne erst vor der Geschlechtsreife, mit circa 14 Wochen geschlachtet.
Auf Frohnenbruch werden Bruderhähne erst vor der Geschlechtsreife, mit circa 14 Wochen geschlachtet.

„Man braucht den Verbraucher und dessen Wünsche, um einen neuen Weg gehen zu können.“

Einen stetigen Dialog mit Kundinnden und Kunden führt Bird auch auf Facebook. Bis heute ist die dort veröffentlichte Ankündigung, nur noch Eier anzubieten, „bei denen wir garantieren, dass die Bruderküken aufgezogen werden“ der am häufigsten geteilte und mit „gefällt mir“ markierte Beitrag. Aber auch Kundenimpulse zu anderen Themen erreichen Bird dort. Er weiß: „Man braucht den Verbraucher und dessen Wünsche, um einen neuen Weg gehen zu können.“ Heute blickt Bird zufrieden auf das Erreichte und stellt fest: „Ich fühle mich wesentlich wohler jetzt“.

Autor: Constantin Härthe

Hier geht es zum ausführlichen Betriebs-Portrait auf oekolandbau.de.

 

Kontakt Hof Gasswies:

Klaus und Bärbel Bird
Schloßallee 81, 47475 Kamp-Lintfort OT Hoerstgen
Telefon: 02842 / 4 10 00
info@frohnenbruch.de
www.frohnenbruch.de

Hintergrund

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