Biohof Kaemena: Von der Weide in die Waffel

Von Milchvieh bis Ferienwohnungen, von Bioeis bis Kunst bietet Biohof Kaemena eine breite Angebotsvielfalt. Für sein Konzept wurde der Betrieb in diesem Jahr mit dem Bundespreis Ökologischer Landbau ausgezeichnet. Auch wenn die Freude darüber im Bremer Blockland groß war, so überraschend ist der stetige Erfolg des Familienbetriebs nicht. Am Beispiel der Bioeis-Herstellung wird deutlich, wie gezielte Produktentwicklung und -vermarktung einer regionalen Besonderheit zum Verkaufsvorteil wird.

Was kann Milch außer Milch? Bernhard Kaemena hatte vor zehn Jahren die Idee mit dem Eis.
Was kann Milch außer Milch? Bernhard Kaemena hatte vor zehn Jahren die Idee mit dem Eis.

Vom Euter zur Eismaschine

Eine Herde Holsteiner Schwarzbunte und einige Rotbraune Angler Rinder grasen in Sichtweite von Hof und Café. Die Kühe liefern täglich Milch für das Bioeis der Familie Kaemena, eine der regionalen Spezialitäten in und um Bremen. Nur wenige Meter sind es vom Euter bis zur Eismaschine. Seit zehn Jahren gibt es die regionale Marke „Snuten lekker – BioEis bey Kaemena“ schon. Heute werden bis zu 35 verschiedene Sorten Speiseeis im Jahr produziert, darunter Klassiker wie Zitrone, saisonale Sorten wie Rhabarber und Exoten wie Sesam-Quark. Das Gros geht gleich ab Hof in die kleinen und großen Hände der Cafégäste. Außerdem werden verschiedene Abnehmer in Gastronomie und Naturkostfachhandel beliefert.

Der lange Weg zur ersten Kugel

Entspannen im Bremer Blockland: Nicht nur bei schönem Wetter lockt das Café mit leckerem Bioeis.
Entspannen im Bremer Blockland: Nicht nur bei schönem Wetter lockt das Café mit leckerem Bioeis.

Die Idee mit dem Eis kam Heike und Bernhard Kaemena im Zuge der Umstellung auf Ökolandbau. Schon vor der Zertifizierung sollte es eine klare Richtung für den Betrieb und ein stimmiges Konzept geben: „Die Umstellung der Rinderhaltung auf Bio war relativ unkompliziert. Es stand aber die Frage im Raum: Was kann man mit der Milch noch machen, außer sie an eine Molkerei zu liefern? Da Käse nicht jedermanns Sache ist, doch anscheinend alle Menschen Eis mögen, war die Grundentscheidung recht schnell gefallen“, erläutert Bernhard Kaemena. Damit begann die Arbeit. Etwa eineinhalb Jahre lang erforschten die Kaemenas den Markt für Speiseeis in Deutschland. Sie bereisten die Republik, um sich Anregungen zu holen und auf Schwierigkeiten besser vorbereitet zu sein. Gespräche mit Herstellern und das Kennenlernen handwerklicher wie industrieller Produktionsstätten standen auf dem Plan, ebenso wie die Betrachtung der verschiedenen Vermarktungskonzepte. Heike Kaemena besuchte die Eisfachschule, um das praktische Knowhow zu lernen. Eine zentrale Erkenntnis: „Wichtig war von Anfang an, Produktion und Vermarktung vom Hof aus zu organisieren und lokal zu halten.“

„Wenn ein neues Projekt angegangen wird, müssen alle mitgenommen werden und mitmachen.“ Alle – das heißt für Bernhard Kaemena: die gesamte Familie, die den facettenreichen Biobetrieb gemeinsam führt. Neben den Eltern sind da noch Sohn Harje Kaemena, seine Frau Birte und die Mitarbeiterinnen Julia und Mareike, die inzwischen die Fachkräfte für die Eisproduktion sind. Im Sommer 2005 gelangte die erste Kugel Eis in die Waffel. Wie viele es seitdem geworden sind, kann man nicht mehr zählen.

Wann ist Eis Bioeis?

Kugel trifft Waffel: Für die Kundschaft greift Harje Kaemena auch mal selbst zum Eislöf-fel.
Kugel trifft Waffel: Für die Kundschaft greift Harje Kaemena auch mal selbst zum Eislöf-fel.

Einen Teil des Erfolgs verdankt das Eis den weiteren Zutaten. Eine Kugel besteht zu etwa zwei Dritteln aus Milch. Das Übrige sind Zucker und die geschmacksgebenden Zutaten wie Obst, Gewürze oder ein Klassiker wie Vanilleschoten.

Zunächst nannten die Kaemenas ihr Produkt „Speiseeis aus eigener Biomilch. Das ist noch kein Bioeies“, erklärt Harje. „Erst wenn die restlichen Zutaten auch Bio sind, darf man von Bioeis sprechen und es als solches vermarkten.“

Das war 2007 erstmals der Fall. Es sei keine Frage, sagt er, die konventionelle Eisproduktion brächte mehr Gewinn. Bei guten Marktpreisen für Biomilch sind die Zutaten – allen voran Biozucker – die Kostentreiber. Allerdings bildet das Bioeis im Gesamtkonzept des Betriebs einen elementaren Bestandteil. „Die Konsequenz, auf Bio zu setzen, rechnet sich am Ende. Man muss ermöglichen, Bio als Gesamtkonzept zu erleben und dabei nicht zu missionieren!“

„Man muss ermöglichen, Bio zu erleben und nicht missionieren!“

Gleichwohl ist nicht alles in Bio machbar, zum Beispiel die Eissorte Amarena-Kirsch. Harje Kaemena erklärt: „Diese Sorte ist ein echter Klassiker und Dauerbrenner. Hier müssen wir aber bei der Bezeichnung Speiseeis ‚aus Biomilch‘ bleiben, denn kandierte Kirschen kommen bisher nur konventionell aus Italien und die sind ja die entscheidende Zutat.“

Die Kundinnen und Kunden nehmen das gerne hin, um ihr Lieblingseis im Blockland zu schlecken. Sie sind dankbar für diese Transparenz und wollen über die Bestandteile genau Bescheid wissen. Der Dialog funktioniert ebenso in Gegenrichtung. Dann etwa, wenn es Anregungen für neue Sortenexperimente gibt. „Neues auszuprobieren ist wichtig“, findet Heike Kaemena. „Da sind Geschmacksrichtungen wie Quark-Sesam und Karotte-Buttermilch-Banane zu echten Rennern geworden.“

„Bioprodukte kennt jeder. Wir müssen heute Landwirtschaft insgesamt neu erklären!“

Haben mit dem Eis nichts zu tun, oder doch? Immerhin bekommen die beiden Freilandschweine die Waffelreste.
Haben mit dem Eis nichts zu tun, oder doch? Immerhin bekommen die beiden Freilandschweine die Waffelreste.

Milch, Eis, Natur, Erholung – Familie Kaemena schafft es, Bio facettenreich erlebbar zu machen und authentisch vorzuleben. Bernhard Kaemena bringt es auf den Punkt:

„Bioprodukte kennt jeder. Wir müssen heute Landwirtschaft insgesamt neu erklären!“ In der idyllischen Flusslandschaft des Naturraums Bremer Blockland kommt das Biohof-Erlebnis mit Rinderweide, einladendem Hofcafé inklusive Kunst und die Ferienwohnungen zur Naherholung als stimmiges Paket zusammen. Den Gästen ist eine Kugel Eis immer ihren Preis wert. Ach ja, inzwischen gibt es auch Käse von Kaemena!

Autor: Oliver Z. Weber

Hier geht es zum ausführlichen Betriebs-Portrait auf oekolandbau.de.

 

Kontakt Biohof Kaemena:

Bernhard Kaemena
Niederblockland 6
28357 Bremen

Telefon: 0421 / 27 33 68
Fax: 0421 / 27 59 32
info@kaemena-blockland.de
www.kaemena-blockland.de

Hintergrund

demoLOGO_WEBbeschnittDas Netzwerk Demonstrationsbetriebe Ökologischer Landbau ist ein Projekt des Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN). Es wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)finanziert und in der Geschäftsstelle BÖLN in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in Bonn koordiniert und umgesetzt. Es ist ein wesentlicher Baustein zur Unterstützung der ökologischen und nachhaltigen Landwirtschaft. Mehr Infos zu den Demonstrationsbetrieben Ökologischer Landbau und aktuellen Terminen:
www.demonstrationsbetriebe.de; www.bio-live-erleben.de