Vom Lampenöl zur Delikatesse: Erfolgsgeschichte Raps dank 50-jähriger Gemeinschaftsforschung

Pflanzenzüchter und Züchtungsforscher feiern in diesen Tagen die Erfolgsgeschichte der heimischen Ölpflanze Raps. Ihre rasante Entwicklung wäre ohne die intensive Forschungsarbeit von Wissenschaft und Praxis nicht möglich gewesen. Fünf Jahrzehnte Gemeinschaftsforschung und systematische Qualitätszüchtung haben Rapsöl hierzulande vom minderwertigem Lampenöl zum wichtigsten Speiseöl mit einer sehr hohen Bedeutung für die menschliche Ernährung gemacht.

Im August jährt sich zum fünfzigsten Mal der Start des ersten Gemeinschaftsforschungsprojektes zur qualitativen Erfassung verschiedener Fettsäuren in Raps- und Rübsenölen. Dieses wurde koordiniert von der Gemeinschaft zur Förderung der privaten deutschen Pflanzenzüchtung e. V., der heutigen Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation e. V. (GFPi). In dem Verbund forschen Unternehmen sowie private und öffentliche Einrichtungen vorwettbewerblich gemeinsam an Zukunftsfragen rund um die Pflanze.

In Deutschland hat sich der Rapsanbau nicht zuletzt durch seine große Bedeutung für die Lebensmittelproduktion und die Nutzung als nachwachsender Rohstoff dynamisch entwickelt. „Intensive Forschungs- und Züchtungsarbeiten haben zu stetigem Leistungsfortschritt geführt. Die Erfolge zeigen sich durch die Umstellung auf erucasäurefreie Sorten (0-Raps) im Jahr 1974 und die Einführung von 00-Sorten ab 1986 mit vermindertem Glucosinolatgehalt im Schrot. Damit konnte der Landwirtschaft ein hochwertiges Proteinfuttermittel aus einheimischer Produktion zur Verfügung gestellt werden“, erläutert Dr. Martin Frauen, Vorsitzender der Abteilung Öl- und Eiweißpflanzen in der GFPi. Heute ist Raps mit einer Anbaufläche von 1,34 Mio. ha eine sehr wichtige Kulturart in Deutschland. Landwirte schätzen zudem den hohen Vorfruchtwert und die Durchwurzelungsleistung von Winterraps.

Gemeinschaftsforschung ist notwendiger denn je. An Resistenzen gegen Krankheiten (Verticillium, Phoma und Virosen) oder gegen tierische Schaderreger wie Rapsglanzkäfer und Kohltriebrüssler wird derzeit intensiv geforscht und gezüchtet. Ferner werden mithilfe der Forschungsförderung durch das Bundeslandwirtschaftministerium Untersuchungen zur Stickstoffeffizienz durchgeführt, um den Einsatz an Mineraldüngern ohne Ertragseinbußen senken zu können.

Frauen fordert eine weitere Stärkung der Pflanzenzüchtungsforschung und eine rechtssichere Anwendung neuer Züchtungsmethoden. „Sich ändernde Klimabedingungen sind längst keine Schlagworte mehr. Das Vegetationsjahr 2015/16 mit zum Teil starken Ertragseinbußen in Deutschland gibt einen Hinweis darauf, welche Aufgaben auf die Pflanzenzüchtung zukommen“, so Frauen.

Informationen zur Erfolgsgeschichte Raps

Zum Hintergrund

Mit dem Projekt M1/66 „Biochemische Untersuchungen an Raps- und Rübsenölen von Sorten und Zuchtstämmen zur qualitativen Erfassung der verschiedenen Fettsäuren“ startete 1966 an der Universität Göttingen die vorwettbewerbliche Gemeinschaftsforschung im Rapsbereich. Vorausgegangen war im Frühjahr 1966 die Gründung des Göttinger Arbeitskreises Raps.

Dieser Arbeitskreis war auf Initiative von Pflanzenzüchtern und Wissenschaftlern entstanden, um die Erucasäure im Rapsöl zu eliminieren. Durch die Förderung des Bundeslandwirtschaftsministeriums wurden Laborgeräte, u.a. ein Gaschromatograph zur quantitativen und qualitativen Erfassung der Fettsäuren an Raps- und Rübsenölen, angeschafft. Das notwendige Wissen zum Analyseverfahren konnte durch einen Forschungsaufenthalt Göttinger Wissenschaftler an der schwedischen Saatzuchtanstalt Svalöf erworben und nach Göttingen übertragen werden.

Bereits im Herbst starteten erste Serienuntersuchungen, die im Umfang in den folgenden 5 Jahren Projektlaufzeit stark zunahmen. Abgestimmte Kreuzungsplanungen, gegenseitige Prüfungen von Zuchtmaterial und die Beteiligung aller Rapszüchter ließen die Analysenmengen stark anwachsen. Da zunächst nur 5 Samen, später sogar nur Halbkörner für die Untersuchung eines Genotypes notwendig waren, konnte die Qualitätsanalyse direkt an den spaltenden Kreuzungsnachkommen erfolgen.

Durch direkte beratende Beteiligung des Margarineherstellers Unilever konnten die Anforderung der Ernährungsindustrie von Anfang an berücksichtigt werden. Die komplette Eliminierung der Erucasäure bei gleichzeitiger Steigerung des Ölsäuregehaltes waren die Kernforderungen der Lebensmittelindustrie an das neue Rapsöl. Durch die Einkreuzung der kanadischen Sorte „Zero erucic“ wurde die züchterisch erforderliche Variabilität in den Genpool eingelagert und so der erste Grundstein für die Qualitätsrapszüchtung in Deutschland gelegt. Der freie Zugang zu genetischen Ressourcen war und ist eine wichtige Voraussetzung für diese Erfolgsgeschichte.

Über die GFPi

Die Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation e. V. (GFPi e. V.) ist ein gemeinnütziger Verein mit mehr als 60 zumeist klein- und mittelständischen Mitgliedern. Sie kommen aus den Bereichen der Pflanzenzüchtung bzw. aus Unternehmen, die sich mit Pflanzen oder pflanzlichen Produkten sowie Dienstleistungen mit Bezug zu Pflanzen entlang der gesamten landwirtschaftlich- und gartenbaulich-basierten Wertschöpfungskette befassen. Die GFPi stimuliert Innovation in der Pflanzenzüchtung, indem sie die Interessen ihrer Mitglieder in Bezug auf die Pflanzenforschung bündelt, vorwettbewerbliche Forschungsaktivitäten fördert und die Umsetzung der Forschungser­gebnisse in die Praxis unterstützt.

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Quelle: GFPi