Wie Stillen vor Diabetes schützt: Der Stoffwechsel verändert sich

Muttermilch ist die beste Nahrung für das Kind. Aber auch die Frau profitiert, wenn sie ihr Baby länger stillt. Ab einer Stilldauer von drei Monaten verändert sich langfristig der mütterliche Stoffwechsel, lautet das Resultat einer Studie des Helmholtz Zentrums München. Das hat einen schützenden Effekt vor Diabetes, der bis zu 15 Jahre anhalten kann.

Mindestens vier Prozent aller schwangeren Frauen in Deutschland haben vor der Geburt einen Schwangerschaftsdiabetes. Der Diabetes gilt heute als die häufigste Begleiterkrankung in der Schwangerschaft. Nach der Entbindung normalisiert sich der Blutzuckerspiegel in der Regel wieder, aber das Risiko für Typ-2-Diabetes steigt. So entwickelt innerhalb der nächsten zehn Jahre jede zweite Betroffene einen dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel. Studien deuten zudem darauf hin, dass Stillen das Risiko für die Stoffwechselstörung senken kann.

Die aktuelle Studie hatte das Ziel, die Hintergründe für diese positive Wirkung aufzuklären. Dazu untersuchten die Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums gemeinsam mit Partnern der Technischen Universität München und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) den Stoffwechsel von knapp 200 Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes. Zu diesem Zeitpunkt waren seit der Entbindung durchschnittlich dreieinhalb Jahre vergangen. Die Probandinnen sollten in einem Test zeigen, wie gut ihr Körper eine höhere Menge Zucker (75g) verarbeiten kann. Dazu wurden nüchtern und 30 bzw. 120 Minuten nach Einnahme der Zuckerlösung Blutproben entnommen und auf insgesamt 156 Stoffwechselprodukte analysiert.

Offenbar werden einige Stoffwechselwege, die mit Diabetes und Insulinresistenz in Zusammenhang stehen, durch das Stillen positiv beeinflusst. Je nach Stilldauer waren die Werte für bestimmte Parameter unterschiedlich. So veränderte sich bei Frauen, die mindestens drei Monate gestillt hatten, die Produktion der sogenannten Phospholipide. Zudem war die Blutplasmakonzentration von verzweigtkettigen Aminosäuren (Leucin, Isoleucin, Valin) geringer.

Das Stillen wirkt wie ein „Reset“ auf den Stoffwechsel, vermuten die Wissenschaftler. Gestörte Pfade werden wieder auf den Ursprung zurückgesetzt und bleiben für viele Jahre in diesem natürlichen Zustand. Daher sollten vor allem Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes beim Stillen unterstützt werden. Der positive Effekt war unabhängig vom aktuellen Alter und Körpermassenindex (BMI). Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die insgesamt gesünderen Lebensgewohnheiten von Frauen, die länger stillen, einen Einfluss haben. Auch die Mechanismen, wie das Stillen den Stoffwechsel verändert, sind noch nicht geklärt und sollen in weiteren Untersuchungen erforscht werden.

„Frauen mit Gestationsdiabetes stillen durchschnittlich seltener und kürzer im Vergleich zu nicht-diabetischen Müttern“, so Dr. Sandra Hummel, Leiterin der Studie. „Das Ziel ist nun, Strategien zu entwickeln, die langfristig das Stillverhalten insbesondere von Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes verbessern.“ Konkrete Handlungsempfehlungen, wie von ihr gefordert, gibt es bereits vom Netzwerk Gesund ins Leben.

Die bundesweit einheitlichen Handlungsempfehlungen im Bereich Ernährung und Bewegung werden von allen einschlägigen Fachgesellschaften, Institutionen und Verbänden, die in der Beratung von jungen Familien tätig sind, inhaltlich unterstützt. Dazu zählen die Berufsverbände der Frauenärzte (BVF), der Hebammen (DHV) und der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sowie die Deutschen Gesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ).

Helmholtz Zentrum München, Pressemeldung vom 20. Juli 2016; Diabetologia, Online-Veröffentlichung (DOI 10.1007/s00125-016-4055-8) vom 16. Juli 2016

Quelle: Heike Kreutz, www.aid.de