Mehr Wertschöpfung aus Nebenprodukten

Von links nach rechts: Dr. Helmut Steinkamp (Moderator), Prof. Dr. Andrea Kruse, Prof. Dr. Tilo Hühn, Prof. Dr. Reinhard Kohlus, Dr. Stefan Pecoroni
Von links nach rechts: Dr. Helmut Steinkamp (Moderator), Prof. Dr. Andrea Kruse, Prof. Dr. Tilo Hühn, Prof. Dr. Reinhard Kohlus, Dr. Stefan Pecoroni

Modernste Verfahrenstechnik plus maßgeschneiderte Prozesse für optimale Rohstoffnutzung. Alternative Proteinquellen und Biokunststoffe. Rückblick auf DLG-Forum kompakt.

Ressourcen- und Kosteneffizienz erfordern eine optimale Ausnutzung von Rohstoffen. Rückgewinnung und Recycling spielen deshalb in Prozessen der Lebensmittelproduktion eine immer wichtigere Rolle. Wie kann die Wertschöpfung weiter erhöht werden? Potential dafür bergen insbesondere Nebenprodukte, die heute entweder als Abfall entsorgt oder mit nur geringen Margen verwertet werden. Das „Upcycling“ von Reststoffen zu werthaltigen Nebenprodukten war Gegenstand eines DLG-Forums kompakt (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) in Frankfurt am Main, auf dem Experten einen umfassenden Zusammenhang über alle Branchen der Lebensmittelindustrie hinweg boten.

Der wachsende Wettbewerbsdruck in der Lebensmittelindustrie führt teilweise zu einer drastisch sinkenden Wirtschaftlichkeit einzelner Produkte. In Verbindung mit einem gestiegenen ökologischen Bewusstsein erzeugt dies zunehmend den Wunsch, Reststoffe zu werthaltigen Nebenprodukten zu verarbeiten. Dies funktioniert ökonomisch nur unter Verwendung moderner verfahrenstechnischer Prozesse. Häufig auch als integrierte Prozesse, so dass mehrere Nebenprodukte simultan erzeugt werden und zur Wertschöpfung beitragen.

Allein aus dem in Deutschland jährlich anfallenden Rapsschrot könnten eine Million Tonnen hochwertiges pflanzliches Protein gewonnen werden. Ähnliches gilt für eine Vielzahl anderer

Nebenprodukte, auch im Bereich tierischer Lebensmittel. Häufig stehen neben den Hauptbestandteilen, wie Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten auch spezifische Inhaltsstoffe als Rohprodukt für die pharmazeutische Industrie zur Verfügung. Erkältungsmedikamente aus Rindertracheen (Luftröhren) sind heute schon Realität.

Um die Vielzahl von Möglichkeiten nutzen zu können, ist eine ausgefeilte Verfahrenstechnik in Verbindung mit maßgeschneiderten Prozessen nötig, erläuterte Dr. Stefan Pecoroni, GEA Germany. Er verdeutlichte anhand zahlreicher Beispiele aus der industriellen Praxis mechanische und thermische Trenntechniken im Bereich der tierischen (Fisch, Blut) und pflanzlichen (Raps) Proteine. Daneben zeigte er technologische Erweiterungsmöglichkeiten für die Gewinnung von Fetten und Polyphenolen auf.

Insekten als Proteinquelle

Insekten sind als alternative Proteinquelle interessant, da sie hochwertige Inhaltsstoffe besitzen. Insbesondere Mehlwürmer weisen laut Prof. Dr. Tilo Hühn, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (Wädenswil), eine qualitativ wie quantitativ interessante Komposition von Proteinen und Fetten auf. Ihr Verzehr gilt vor allem in der mitteleuropäischen und amerikanischen Gesellschaft als eklig und unappetitlich, was sich durch Verarbeitung allerdings ändern lässt. Zur Extraktion der wertbestimmenden Inhaltsstoffe der Mehlkäfer-Larven wurde ein vollkontinuierlicher Prozess entwickelt. Dabei werden mittels zentrifugaler Trenntechnik die Parameter Temperatur, pH-Wert und Extraktionszeit modifiziert. Es konnte gezeigt werden, dass bei der hydrolytischen Extraktion die Proteine vergleichsweise wenig denaturiert werden.

Chicorée- Salatproduktion

Jährlich fallen bei der Chicorée-Salatproduktion in den europäischen Hauptanbauländern rund 384.000 Tonnen Wurzelrüben an, die nur zu einem geringen Anteil an Nutztiere verfüttert werden. Ein Großteil wird in Biogasanlagen entsorgt. Aus dem enthaltenen Reservekohlenhydrat Inulin kann alternativ laut Prof. Dr. Andrea Kruse, Universität Hohenheim, 5-Hydroxymethylfurfural (HMF) generiert werden. HMF ist eine von zwölf Basis-Chemikalien und wird unter anderem für die Herstellung von Nylonstrümpfen und Plastikflaschen verwendet. Hierbei handelt es sich um Biokunststoffe, deren chemische Struktur mit denen herkömmlicher Kunststoffe identisch ist.

Für die Weiterverarbeitung zu Plastikflaschen oder Nylonstrumpfhosen können die gleichen Maschinen und Verfahren genutzt werden wie für die erdölbasierten Pendants. Hinzu kommt, dass die Endprodukte meist ähnlich wie das erdölbasierte Produkt aussehen und entweder gleichwertige oder verbesserte Eigenschaften besitzen. So weist PEF gegenüber PET bedeutend bessere Barriere-Eigenschaften für CO2, O2 und H2O auf, was neue Anwendungen erlaubt und das „shelf live“ von Produkten verlängert. Diese Biokunststoffe gelten als „dauerhaft“ und sind somit nicht in der Natur abbaubar. Jedoch können sie mit bereits etablierten Methoden recycelt werden.

Auf die optimierte Fraktionierung der sekundären Rohstoffe und die Kosten bei der Trocknung von Nebenprodukten ging Prof. Dr. Reinhard Kohlus, Universität Hohenheim, ein. Er stellte mit einem konkreten Beispiel dar, dass durch eine längere Lagerzeit der Reststoffe, die Trocknung von Nebenprodukten nicht teuer sein muss.

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Quelle: DLG