WDR/NDR-Recherche: Nitratbelastung des Grundwassers nimmt weiter zu

Ein Drittel der Fläche Deutschlands ist betroffen.

Deutschland bekommt das Problem der Grundwasserverunreinigung durch Nitrat nicht in den Griff. Nach Recherchen von WDR und NDR werden in immer mehr Grundwasservorkommen die gültigen Nitrat-Grenzwerte (50 mg/l) überschritten. Inzwischen ist fast ein Drittel der Fläche der Bundesrepublik betroffen. In einzelnen Bundesländern ist die Ausdehnung der belasteten Grundwasserkörper sogar noch höher: In Nordrhein-Westfalen sind es 40 Prozent, in Schleswig-Holstein 50 Prozent und in Niedersachsen sogar über 60 Prozent der Landesfläche, die nicht mehr die EU-Vorgaben erfüllen. Das geht aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor, die WDR und NDR vorliegt.

Hauptverursacher der hohen Nitratwerte im Grundwasser ist nach Auffassung des Umweltministeriums die Landwirtschaft. Umweltministerin Barbara Hendricks setze sich daher für eine Neuausrichtung der Agrarpolitik und eine Verschärfung der Düngeverordnung ein, heißt es in einer schriftlichen Erklärung des Ministeriums.

Handlungsbedarf sieht auch der zuständige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU). „Die Landwirtschaft hat einige Schlüssel in der Hand. Deswegen sind wir ja auch seit längerer Zeit dabei (…) eine neue Düngeverordnung auf den Weg zu bringen“, erklärte Schmidt im Interview mit WDR und NDR.

Allerdings ist diese Gesetzesnovelle trotz mehrfacher Ankündigungen bis heute nicht verabschiedet. Der neueste Termin lautet nun nach Auskunft des Umweltministeriums Frühjahr 2017. Der größte Widerstand gegen eine Verschärfung der Regeln zur Ausbringung und Lagerung von Gülle kommt aus der Landwirtschaft.

In einer schriftlichen Stellungnahme an WDR und NDR erklärt der Deutsche Bauernverband, es sei „problematisch, dass die Düngeverordnung viele detaillierte Regelungen vorsieht, die zu starr und nicht praxistauglich sind.“ Im Übrigen bezweifelt der Verband die jüngsten Zahlen des Umweltministeriums zur Nitratbelastung des Grundwassers. Der Nitratbericht aus 2012 zeige vielmehr eine deutliche Verbesserung der Grundwasserqualität.

Dem widerspricht unter anderem die EU-Kommission. Sie hat wegen der hohen Nitratbelastung des Grundwassers gleich zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet – wegen Verstößen gegen die Nitratrichtlinie und gegen die Wasserrahmenrichtlinie. In ihrem jüngsten Schreiben an die Bundesregierung bezeichnet die Kommission „die Lage“ als „äußerst besorgniserregend“.

Nach Informationen von WDR und NDR will die EU-Kommission im Fall Nitratrichtlinie noch in diesem Monat Klage beim Europäischen Gerichtshof einreichen. Deutschland droht dann eine Geldstrafe in bis zu sechsstelliger Höhe täglich.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Umweltausschusses, Bärbel Höhn, verlangte zur Lösung des Nitrat-Problems einen „Neustart in der Landwirtschaft“. „Die Massentierhaltung versaut uns das Grundwasser“, erklärte Höhn gegenüber WDR und NDR, auch das sei „ein Preis für das Billigschnitzel.“

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Quelle: WDR
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