BLOGPOST: Influencer – Überschätzte Meinungsführer?

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Influencer gelten heute oft als die neuen Helden der Kommunikation. Viele Unternehmen setzen auf Meinungsführer, damit diese Botschaften transportieren oder Produkte empfehlen. Erleben wir hier einen tiefgreifenden Wandel in der Kommunikation? Oder ist alles nur ein überschätzter Hype?

Der Trend hat die gesamte Branche erfasst: Nicht nur Unternehmen, auch Verlage und digitale Dickschiffe springen auf den Influencer-Zug auf. So eröffnete Gruner + Jahr kürzlich die Influencer-Plattform InCircles, Zalando startete mit dem Netzwerk Collabary die Vermarktung seines eigenen Multiplikatoren-Adressbuchs und Google übernahm die Agentur FameBit, die Marken mit YouTube-Sternchen zusammen bringt.

Ob Journalisten, Meinungsführer oder Werbe-Testimonials – schon immer sind Multiplikatoren und Markenbotschafter wesentliche Player in der Kommunikation von Unternehmen.

Neu ist, dass Meinungsmacht nicht mehr allein bei Medien, Musik- oder Filmstars liegt. „Im Grunde hat jeder Konsument heute Influencer-Eigenschaften“, sagt Dr. Nils Andres, Gründer und Geschäftsführer des Brand Science Institute. Der Marketingexperte ist Mittler zwischen Wissenschaft und Praxis und beobachtet, wie sich Trends in Deutschland und international entwickeln. „Der Höhenflug der Influencer wird wesentlich durch die fortschreitende Digitalisierung vorangetrieben. Entscheidend ist, wie umfangreich oder spezifisch das digitale Netzwerk einer Person ist“.

Je größer die Fangemeinde auf Instagram, Twitter, YouTube oder im Blog, desto mehr Gehör findet die Meinung eines Einzelnen. Unternehmen machen sich die Reichweite und Zielgruppennähe digitaler Meinungsmacher verstärkt zu Nutze und setzen – bezahlt oder unbezahlt – auf den Einfluss, den sie auf ihr Netzwerk haben.

„Bei der Deutschen Bahn trennen wir Influencer Relations und Influencer Marketing und fassen diese unter dem Begriff Influencer Kommunikation zusammen“, erklärt Matthias Lange, Bereichsleiter Online, Mobile Vertrieb und Digital Marketing bei der DB Vertrieb GmbH. „Influencer Marketing definieren wir als bezahlte Kooperationen. Die Kennzeichnung als bezahlter Content beziehungsweise Werbung ist hier natürlich Pflicht. Influencer Relations sind für uns hingegen das Spiegeln der Inhalte der Pressearbeit in Richtung Influencer“. Blogger & Co. werden mit relevanten, exklusiven Informationen versorgt oder zu besonderen Events eingeladen. „Hier bezahlen wir weder für eine Platzierung noch für eine Erwähnung unserer Themen und nehmen keinen Einfluss darauf, wie berichtet wird“, sagt Lange.

Etwas anders handhabt es die Rügenwalder Mühle. Der niedersächsische Mittelständler arbeitet ebenfalls mit Influencern, setzt aber – neben der Kommunikation mit Journalisten – ausschließlich auf bezahlte Kooperationen. „Wir möchten über Influencer die Zielgruppe der 13- bis 25-Jährigen erreichen, was mit TV-Spots kaum mehr möglich ist“, erläutert Franziska Brosig, Social-Media-Managerin bei der Rügenwalder Mühle und zuständig für die Ansprache von Influencern. „Je nach Kooperation variieren unsere Ziele. So kann ein Ziel sein, die Sichtbarkeit für ein neues Produkt unserer Marke zum Markteintritt zu erhöhen“.

Für Unternehmen sind Influencer häufig die Eintrittskarte zur jungen Zielgruppe oder in Nischen, die mit klassischer Kommunikation nur schwer erreichbar sind. Es geht um Glaubwürdigkeit und Authentizität, um Empfehlungen und Reichweite. „Influencer können für Marken begeistern und Produkten und Services zum Erfolg verhelfen“, meint Bahn-Mann Lange. Auch aus wissenschaftlicher Sicht bietet die Zusammenarbeit mit den neuen Meinungsmachern Vorteile. Andres: „Gut ausgeführte Influencer-Kampagnen sind effizienter und budgetschonender als klassische Marketingkampagnen. Der Lerneffekt für Unternehmen rund um ihre Zielgruppen ist enorm hoch. Wo sonst können sie die DNA des Konsumenten und seine Motive besser und effizienter beobachten.“

Diese Erfahrung teilt auch Franziska Brosig von der Rügenwalder Mühle. Zum Verkaufsstart der neuen vegetarischen Produktlinie galt es, authentische und ehrliche Rückmeldungen aus dem Social Web zu gewinnen. Influencer mit dem Fokus Food, Veggie und Lifestyle wurden für eine Erst-Testeraktion des neuen Vegetarischen Schinken Spickers ausgewählt und kontaktiert. „Die Aktion generierte einen umfangreichen Buzz und großes Interesse der Konsumenten. Die Reichweite, die wir über die Multiplikatoren erzielen konnten, lag bei über 800.000 Sichtkontakten. Außerdem konnten wir Kontakte zu Bloggern vertiefen und neue Kooperationen aufbauen“.

Dass sich Influencer insbesondere für die Markteinführung neuer Produkte eignen, zeigt auch ein Beispiel der Bahn: Sie versorgte kürzlich vorrangig Tech-Blogger mit einer geschlossenen Beta-Version ihrer DB-Navigator-App für Windows Phone, stellte Vorabinformationen hierzu bereit und ermöglichte exklusives Testen. „Die Resonanz war überaus positiv. Auf einem der Tech-Blogs gab es innerhalb weniger Stunden über 90 Anfragen von Lesern, die auch mittesten wollten“, so Lange.

Doch nicht nur in der Endkundenkommunikation, sondern auch im B2B-Bereich lohnt die Einbindung von Influencern. Mike Schnoor, Berater für Digitale Kommunikation und Senior Partner der Digitalagentur Guts & Glory, ist überzeugt: „Persönliche Empfehlungen von Fachleuten, die mit einem Produkt oder einem Service bereits Erfahrungen gesammelt haben, können B2B-Entscheider bei der Informationssuche und im Kaufentscheidungsprozess beeinflussen.“ Sein Rat: Unternehmen sollten auf ausgewiesene Experten setzen, auf Autoritäten in ihrem jeweiligen Fachgebiet. „Im B2B-Bereich nützen keine YouTube-Stars mit großer Reichweite, sondern Influencer mit der notwendigen Expertise und den richtigen Kontakten.“

Doch lösen die neuen Influencer wirklich Journalisten als wichtigste Multiplikatoren ab? Nein, darin sind sich Experte und Praktiker einig. „Influencer Relations ergänzen und erweitern die klassische Pressearbeit“, sagt Lange von der Deutschen Bahn. Brosig von der Rügenwalder Mühle meint, es gehe bei der Ansprache von Journalisten und Influencern gleichermaßen um eine langfristige und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Dr. Nils Andres schätzt sogar, dass neun von zehn Influencer-Kampagnen scheitern. „Oft haben Unternehmen eine viel zu hohe Erwartungshaltung“, erklärt er. „Wenn Influencer-Kampagnen von der Stange gekauft, aktionistisch durchgeführt oder die falschen Meinungsmacher ausgewählt werden, ist der Frust groß, wenn der erwartete Erfolg ausbleibt. Viele Unternehmen kehren nach so einer Enttäuschung dann zu klassischen Kommunikationsmaßnahmen zurück.“

Dieser Beitrag ist ein Original-Blogpost aus TREIBSTOFF

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Quelle: Original-Content von: news aktuell GmbH, übermittelt durch news aktuell

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