Fehlende Aktualität und Wettbewerbsnachteile: Gesetz zur Einführung einer „Hygiene-Ampel“ in NRW ist rechtlich bedenklich

Der Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft – Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL) – kritisiert die geplante Ausgestaltung des Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetzes (KTG), das morgen im Landtag von Nordrhein-Westfalen (NRW) Gegenstand einer öffentlichen Anhörung ist. Derzeit reichen weder die vorgesehenen Regelungen des KTG noch die personellen Ressourcen der amtlichen Lebensmittelüberwachung in NRW aus, um die sog. „Hygiene-Ampel“ in rechtsstaatlich einwandfreier Art und Weise umsetzen zu können.

„Die Pflicht zur Veröffentlichung der Hygiene-Ampel stellt einen wertenden staatlichen Eingriff in den Wettbewerb dar, der eine Entscheidung des Verbrauchers gezielt beeinflusst und erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen im Markt hat. Aufgrund der Wettbewerbsintensität eines solchen Informationsinstruments müssen sehr hohe Anforderungen an dessen Ausgestaltung gestellt werden“, erklärt Dr. Marcus Girnau, stellvertretender BLL-Hauptgeschäftsführer. Um beispielsweise halbwegs aktuelle, vergleichbare und aussagekräftige Überwachungsergebnisse über den (Hygiene-) Status von Betrieben zu gewährleisten, sind schon aus Wettbewerbsgründen kontinuierliche, zeitlich eng getaktete Kontrollen aller Mitbewerber erforderlich. So erscheint der Aussagewert eines mehrere Monate oder gar Jahre alten Kontrollbarometers für den Verbraucher mehr als fraglich.

In Anbetracht der personellen und finanziellen Ausstattung der Lebensmittelüberwachungsbehörden ist eine solche Änderung der Kontrollfrequenz aber wohl kaum realisierbar. Außerdem muss jedes Unternehmen die Chance der zeitnahen Rehabilitation erhalten, um eine schlechte Bewertung nach Beseitigung der Mängel wieder auszugleichen. Hierfür sind im KTG zwar zusätzliche Kontrollen vorgesehen, die auf Antrag des Unternehmers vorgenommen werden, jedoch wurde die Frist auf drei Monate festgelegt – ein sehr langer Zeitraum, in dem der Betrieb mit einem negativen Ergebnis gebrandmarkt ist, obwohl die Mängel womöglich längst beseitigt wurden und der im schlimmsten Fall durch das Fernbleiben von Kunden und Einbußen von Umsatz und Gewinn eine Betriebsaufgabe und damit eine Existenzvernichtung mit sich bringen kann.

Hinzukommt, dass die Ergebnisse der regulären Nachkontrollen nicht berücksichtigt werden. „Abgesehen von der fehlenden Aktualität der Kontrollergebnisse wird der Unternehmer somit verpflichtet, unrichtige Informationen mit hoher Wettbewerbsrelevanz zu veröffentlichen. Dies ist in hohem Maße rechtlich bedenklich und nicht akzeptabel“, erläutert Dr. Girnau.

Generell dürfte der Alleingang von NRW in Sachen KTG zu Wettbewerbsnachteilen der hier ansässigen Lebensmittelunternehmen führen, insbesondere in Grenzgebieten, aber auch bei der Durchsetzung gegen die bundesweite Konkurrenz, da letztere nicht staatlich bewertet wird. Dr. Girnau betont: „Zudem steht über allem die Frage der Notwendigkeit eines solch öffentlichen Prangers. Das geltende, deutschlandweite Recht bietet den Überwachungsbehörden die notwendigen Instrumente, um auf (Hygiene-) Verstöße in angemessener Form zu reagieren. Dies reicht von der Möglichkeit effektiver persönlicher Sanktionen durch Geldbußen oder Strafen bis hin zu einer Betriebsschließung.“

Hintergrund

Der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landtags in Nordrhein-Westfalen veranstaltet am 2. November eine öffentliche Anhörung zum „Gesetz zur Bewertung, Darstellung und Schaffung von Transparenz von Ergebnissen amtlicher Kontrollen in der Lebensmittelüberwachung (Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz -KTG)“. Der BLL hat sich in seiner Funktion als bundesweit agierender Interessenvertreter der deutschen Lebensmittelwirtschaft mit einer ausführlichen Stellungnahme gegenüber dem zuständigen Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW geäußert: www.bll.de/stellungnahme-nrw-kontrollbarometer-oktober.

Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL)

Der BLL ist der Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft. Ihm gehören ca. 500 Verbände und Unternehmen der gesamten Lebensmittelkette – Industrie, Handel, Handwerk, Landwirtschaft und angrenzende Gebiete – sowie zahlreiche Einzelmitglieder an.

Für weitere Informationen:
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL)
Dr. Marcus Girnau
Stellvertretender Hauptgeschäftsführer
Claire-Waldoff-Straße 7, 10117 Berlin

Pressekontakt:
BLL-Öffentlichkeitsarbeit
Manon Struck-Pacyna
Tel.: +49 30 206143-127
Fax: +49 30 206143-227
mstruck@bll.de
www.bll.de

Quelle: BLL

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