Erfolgreiche Änderungen des Ernährungsverhaltens

Vortrag von Dr. Carmen E. Lefevre, UCL, Großbritannien.

Eine Veränderung des menschlichen Verhaltens steht im Mittelpunkt der Lösung von weltweiten Problemen, die das Wohlergehen, den sozialen Zusammenhalt und Nachhaltigkeit bestimmen. Beispielsweise bedingen die Verhinderung von Fettleibigkeit, Luftverschmutzung und Verschwendung von natürlichen Ressourcen sowie eine Verbesserung der Cyber-Sicherheit und der wirtschaftlichen Stabilität eine Verhaltensänderung des Einzelnen, von Organisationen und der gesamten Bevölkerung.

Insbesondere Fettleibigkeit zählt zu den bedeutendsten Gesundheitsrisikofaktoren in Ländern wie Großbritannien, wo 26 % der Erwachsenen und 16 % der Kinder fettleibig sind – diese Prozentzahlen haben sich in 25 Jahren fast verdoppelt. Gleichzeitig ist der Absatz von Obst und Gemüse in den letzten Jahren drastisch zurückgegangen, was verdeutlicht, wie dringend eine Verhaltensänderung ist.

Theorien zu Verhaltensänderungen gewähren Erkenntnisse, wie sich dauerhafte Verhaltensänderungen in Bezug auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung erreichen lassen. Beispielsweise besagt eine bekannte Verhaltensmethode, das COM-B-Modell, dass eine Verhaltensweise nur dann mehr als eine konkurrierende Verhaltensweise ausgeübt werden kann, wenn die Person, die sie ausübt, die psychologische und physische Kapazität besitzt, um sie ausüben zu können, die physische und soziale Möglichkeit hat, sie auszuüben und die automatische und reflektive Motivation besitzt, um die entsprechende Verhaltensweise ausüben zu können. (1)

Dementsprechend muss man zunächst einmal verstehen, warum eine bestimmte Verhaltensweise derzeit nicht oder nur suboptimal ausgeübt wird, bevor man Maßnahmen zur erfolgreichen Verhaltensänderung ergreifen kann. In Bezug auf eine gesunde Ernährung beispielsweise wird rasch deutlich, dass es eines anderen Ansatzes zur Verhaltensänderung bedarf, wenn sich die Person schlecht ernährt, weil sie nicht weiß, wie sie eine gesunde Mahlzeit zubereiten kann (psychologische Kapazität), als wenn dieselbe Person nicht motiviert wäre, gesunde statt ungesunde Lebensmittel einzukaufen.

Bis heute waren die meisten Kommunikationskampagnen, die auf eine Änderung der Essgewohnheiten abzielen, entweder vor allem auf pädagogische Maßnahmen ausgerichtet (d. h. warum man gesund essen sollte) oder sie „spielten mit der Angst“ (d. h. Bilder und Text riefen negative Gefühle hervor, um eine Verhaltensänderung zu unterstützen). Diese Kampagnen beruhen jedoch nicht auf einer systematischen Verhaltensanalyse und könnten daher weniger effektiv sein.

Das University College London (UCL) hat einen Ansatz zur Verhaltensänderung entwickelt, der aus fünf Schritten besteht:

Erstens, das angestrebte Verhalten muss ausgewählt und genau festgelegt werden. Zum Beispiel: Soll dieses Verhalten darin bestehen, gesunde Lebensmittel zu kaufen, gesunde Mahlzeiten zuzubereiten oder diese zu konsumieren? Zwar sind diese Verhaltensweisen klar miteinander verbunden, werden aber jeweils von ganz speziellen Faktoren beeinflusst.

Der zweite Schritt beinhaltet eine Diagnose des Verhaltens, das heißt eine Analyse der Hindernisse und begünstigenden Faktoren zur Erreichung des angestrebten Verhaltens in Bezug auf Kapazität, Gelegenheit und Motivation. Ein Beispiel ist die Frage, warum die Leute keine gesunden Lebensmittel einkaufen. Sind sie zu teuer, sind sie nicht verfügbar oder sind sich die Leute nicht bewusst, dass sie gesund sind?

Beim dritten Schritt wird das Verhaltensänderungsrad angewandt, um die geeignetste Intervention herauszufinden, um die identifizierten Hindernisse anzugehen. Beispielsweise, wenn das größte Hindernis für den Kauf von gesunden Lebensmitteln darin liegt, dass die Person nicht weiß, was gesund ist. In diesem Fall wäre eine Aufklärungskampagne am effektivsten.

Nachdem die geeignetste Form der Intervention ausgewählt wurde, müssen die Personen, die diese erstellt haben, die genauen Verhaltensänderungstechniken und Kanäle für die Intervention (z. B. Printmedien, persönliche Gespräche, App) festlegen.
Schließlich kann die Intervention durchgeführt werden, und im fünften Schritt muss ihre Effektivität bewertet und gegebenenfalls nachgebessert werden, um die Effektivität zu steigern.

Die bisherigen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die auf Basis eines theoretischen Ansatzes entwickelten Interventionen, wie die oben beschriebenen, Verhaltensänderungen erfolgreicher herbeiführen können. Da es absolut notwendig ist, das Verhalten schnell zu verändern, um die Belastung der Gesellschaft durch verhaltensbedingte Krankheiten zu verringern, bieten diese Ansätze, die sehr komplex erscheinen mögen, die besten Aussichten zur Erreichung dessen, was wir erreichen müssen.

Quellenangaben

Michie, et al. (2011). The behaviour change wheel: a new method for characterising and designing behaviour change interventions (Das Verhaltensänderungsrad: eine neue Methode zur Erarbeitung und Konzipierung von verhaltensändernden Interventionen). Implementation Science 6:42.

Quelle: FOOD TODAY 11/2016