Nachhaltige Fischerei: Mehr Ertrag und weniger Aufwand

Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände in Europa kann die Erträge um mehr als die Hälfte steigern. Das ist das Resultat einer Studie des GEOMAR Helmholtz – Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. „Das wären fünf Millionen Tonnen Fisch mehr pro Jahr“, schätzt Studienleiter Dr. Rainer Froese. Ein internationales Forscherteam hatte 397 Bestände in 14 europäischen Ökoregionen von der Barentssee bis zum Schwarzen Meer untersucht. Es standen unter anderem Biomasse, Fangmenge und Erholungsfähigkeit der einzelnen Bestände in den Jahren 2000 bis 2013-2015 auf dem Prüfstand.

Nach den Vorgaben der gemeinsamen EU-Politik sollen Fischbestände nicht über den höchstmöglichen Dauerertrag (Maximum sustainable yield, MSY) genutzt werden. Beim MSY-Wert handelt es sich um die maximale Fangmenge, die einem Fischbestand Jahr für Jahr entnommen werden kann. Dieser Level kann je nach Art, Region und Jahr sehr unterschiedlich sein.

Bei der Befischung der Bestände ist ein deutlicher Nord-Süd-Gradient in europäischen Gewässern zu beobachten: In der Barentssee und im Europäischen Nordmeer werden mehr als 60 Prozent der Bestände nachhaltig genutzt, sodass sie fähig sind, den höchstmöglichen Dauerertrag zu produzieren. In den meisten Mittelmeerregionen ist dies bei weniger als 20 Prozent der Bestände der Fall. Vor allem große Raubfische haben eine geringe Biomasse und leiden unter starker Überfischung in allen Ökoregionen, erklären die Wissenschaftler.

Im letzten Erfassungsjahr (2013-2015) lag der Fischereidruck bei 64 Prozent der 397 Bestände über dem höchstmöglichen nachhaltigen Wert, sie wurden also überfischt. Jeder zweite Bestand war „außerhalb sicherer biologischer Grenzen“, sodass potentiell die Fortpflanzung beeinträchtigt war. Nur 12 Prozent der Bestände waren nachhaltig befischt und demnach mit den Vorgaben der gemeinsamen EU-Fischereipolitik im Einklang.

Wenn die Fischbestände wiederaufgebaut und dann nachhaltig und vorsichtig bewirtschaftet (90 % des MSY) werden, nehmen die Fänge zu. Es wären Steigerungen von 25 Prozent in der Ostsee bis über 200 Prozent in einigen Mittelmeerregionen möglich. Ein großer Vorteil ist: Wenn mehr Fische im Wasser sind, können sie mit weniger Aufwand und geringeren Schädigungen des Ökosystems gefangen werden. Das heißt konkret: weniger Beifang, geringere Fangkosten und höhere Gewinne für die Fischer.

In den nördlichen Regionen könnten die meisten Bestände bei vorübergehender Halbierung des Fischereidrucks in 1 bis 5 Jahren ein gesundes Level erreichen. In den stärker betroffenen Mittelmeerregionen wäre dieses Ziel, abhängig vom aktuellen Zustand, in 2 bis 7 Jahren erreichbar.

Quelle: Heike Kreutz, www.aid.de