DLG veröffentlicht zehn Thesen zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft bis 2030

Auftrag für die Branche, Signal in die Gesellschaft.

Die DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) hat mit Blick auf die Weiterentwicklung der Landwirtschaft bis zum Jahr 2030 zehn Thesen veröffentlicht. „Die Landwirtschaft hat immer wieder bewiesen, dass sie in der Lage ist, sich den großen Herausforderungen der Branche erfolgreich zu stellen. Das wird auch in Zukunft so sein. Eine Branche, die sich nicht mehr selbst kritisieren kann, ist nicht zukunftsfähig. Deshalb muss die Landwirtschaft nach einer ehrlichen Bestandsaufnahme neue Wege beschreiten.“ Dies erklärte der Präsident der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) Carl-Albrecht Bartmer zur Veröffentlichung der zehn Thesen.

Bestandsaufnahme

In der Landwirtschaft stehen die Wirtschaftlichkeit, das Tierwohl und der Umweltschutz in Konkurrenz zueinander. Landwirtschaft hat nur dann eine Zukunft, wenn diese Zielkonflikte im konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten diskutiert, Schwachstellen identifiziert und Lösungsansätze konsensorientiert erarbeitet werden. Für die Umsetzung sind Innovationen, modernes Management und fördernde politische Rahmenbedingungen erforderlich. Darüber hinaus sind biologische, technische, organisatorische und gesellschaftliche Innovationen Voraussetzung für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Deutschland braucht dafür allerdings ein gesellschaftliches Klima, das Forschungsfreiheit, Erfindergeist und Innovationsbereitschaft unterstützt.

Auch reichen Wissen und Können allein nicht aus, um die anstehenden Herausforderungen in der Landwirtschaft zu bewältigen. Erst in Kombination mit Wille und Tatkraft bilden Wissen und Können eine hinreichende Basis, um neue Wege in der Landwirtschaft zu gehen.

Die Einkommensstützung durch Flächenprämien ist langfristig kein Besitzstand. Öffentliche Gelder sind dort nötig, wo Landwirtschaft gesellschaftliche Leistungen erbringt, die der Markt nicht vergütet. Diese Leistungen für eine nachhaltigere Landwirtschaft müssen sich zukünftig anhand nachprüfbarer und transparenter Kriterien messen lassen. Solche Kriterien existieren bereits.

Die agrarischen Gunststandorte weltweit sind sehr ungleich verteilt sind. Genau deswegen ist internationaler Handel mit Agrarprodukten ein unverzichtbares Element zur Ernährungssicherung. Internationaler Agrarhandel muss mit den Kriterien einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Entwicklungspolitik übereinstimmen. In diesem Sinne sind Standards zu Nachhaltigkeit, zu Good Governance und zur Korruptionsbekämpfung zu erfüllen.

Die Herausforderungen

Im Jahr 2030 steht die globale Landwirtschaft vor der Herausforderung, Lebensmittel für 8,5 Mrd. Menschen bereitzustellen. Die globale Nachfrage wird 2030 nach Berechnungen der Welternährungsorganisation (FAO) bei 2,7 Mrd. t Getreide, 131 Mio. t Schweinefleisch, 132 Mio. t Geflügelfleisch und 884 Mio. t Milch und Milchprodukten liegen. Verglichen mit dem Jahr 2015 sind dies Bedarfssteigerungen in Höhe von rund 8 % bei Getreide, 19 % bei Schweinefleisch, 17 % bei Geflügelfleisch und 10 % bei Milch- und Milchprodukten.

Im gleichen Zeitraum wird global die pro Kopf verfügbare landwirtschaftliche Nutzfläche von rund 2.200 m² im Jahr 2015 auf rund 2.000 m² im Jahr 2030 zurückgegangen sein. Gründe dafür sind Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Wüstenbildung, Bodendegradation und Versalzung.

Im Jahr 2030 sollen zugleich die im Jahr 2015 beschlossenen Millenniumsziele der Vereinten Nationen erreicht sein. Das Kernstück der Agenda 2030 bildet ein Katalog mit 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung. Im Zielkanon sind alle 17 Ziele gleichrangig und eng miteinander verknüpft. So bilden Produktivität und der Schutz wichtiger Umweltgüter, wie Klima, Boden, Wasser und Artenvielfalt, zusammen mit den anderen Zielen eine Einheit. Ziel 2 beschreibt das für die Landwirtschaft herausragende Thema: „Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen sowie eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.“ Auch wenn sich möglicherweise nicht alle Ziele erreichen lassen, setzen sie dennoch einen sinnvollen normativen Rahmen für die Herausforderungen an eine Landwirtschaft 2030.

Gleichzeitig müssen die Produktivität gesteigert, die mit der Landwirtschaft verbundenen Umweltschäden reduziert und die Nutztierhaltung so organisiert werden, dass sie von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen wird. Jede einzelne dieser drei Aufgaben bedarf für sich genommen bereits einer gewaltigen Kraftanstrengung. Alle drei Herausforderungen gleichzeitig zu lösen, Landwirtschaft also nachhaltiger zu machen, erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Engagement, Innovationskraft, Know-how, Kreativität und Veränderungsbereitschaft. Diese Herausforderungen betreffen alle Agrarstandorte weltweit, insbesondere jedoch die fruchtbaren europäischen Landwirtschaftsflächen.

Die zehn Thesen

These 1: Wissen, Können und Wollen in Übereinstimmung bringen.
Der Landwirt braucht eine fundierte und umfassende Ausbildung und muss sich als ehrbarer Unternehmer von seinem Berufsethos leiten lassen.

These 2: Nährstoffüberschüsse, Artenrückgang, Klimawandel und Tierwohl in den Griff bekommen.
Dafür sind Innovationen notwendig. So werden die Produktionssysteme nachhaltig.

These 3: Innovationen ermöglichen.
Innovationsbereitschaft, Erfindergeist, Forschungsfreiheit und angemessenes Risikomanagement sind wesentliche gesellschaftliche Voraussetzungen für eine nachhaltige Landwirtschaft.

These 4: Tierhaltung zukunftsfähig machen.
Wirtschaftlichkeit und Tiergerechtheit sind in der Nutztierhaltung gleichermaßen wichtig. Zielkonflikte können durch präzise Tierbeobachtung, sorgfältige Tierbetreuung, gute Genetik und innovative Tierhaltungssysteme minimiert werden.

These 5: Pflanzenbau mit Umwelt und Naturschutz in Einklang bringen.
Artenrückgang, Nährstoffüberschüsse und Resistenzen lassen sich vermindern. Sensibilisierung der Akteure, innovative Technik, leistungsfähige Sorten, präzise Düngemittel, wirksame und umweltverträgliche Pflanzenschutzmittel helfen dabei.

These 6: Die revolutionären Potenziale der Digitalisierung konstruktiv nutzen.
Der Strukturwandel gewinnt auch durch Digitalisierung weiter an Dynamik. Strukturen und Beziehungen in der Wertschöpfungskette Lebensmittel ändern sich fundamental. Digitalisierung sollte für nachhaltige Produktivitätssteigerung genutzt werden.

These 7: „Faszination Landwirtschaft“ erklären.
Landwirte sollten sich der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft stellen. Diese Auseinandersetzung sollten von jedem Beteiligten fair und respektvoll geführt werden. Dazu gehören Zuhören, realistische Selbsteinschätzung, sachliches Argumentieren und mutige Handlungsbereitschaft.

These 8: EU-Agrarpolitik weiterentwickeln.
Mit öffentlichen Geldern sollten nachhaltige Produktionsweisen unterstützt werden. Durch Indikatoren sollten die so erbrachten Leistungen und die Wirksamkeit der Politikprogramme quantifiziert und transparent dokumentiert werden.

These 9: Internationalen Agrarhandel mit Zielen der Entwicklungspolitik in Einklang bringen.
Handel braucht verbindliche Standards zu Nachhaltigkeit, Good Governance und Korruptionsbekämpfung, um Produktionsdefizite ausgleichen und Wohlstand für alle Partner schaffen zu können.

These 10: Die Wertschöpfungskette Lebensmittel und den ländlichen Raum stärken.
Die Agrar- und Ernährungsbranche ist ein starkes Segment der Gesamtwirtschaft. Ohne eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft, die in einen vitalen ländlichen Raum eingebunden ist und die eine lokal produzierte Rohstoffbasis sicherstellt, wandert die Ernährungswirtschaft aus Deutschland ab.

Interessenten finden die ausführliche Beschreibung der zehn Thesen im Internet unter www.dlg.org/landwirtschaft2030.