In „Im Fokus: Beta-Glucane – Aufbau und Vorkommen (Teil 1)“ haben wir Sie über den Aufbau und das Vorkommen der Beta-Glucane informiert. Im Folgenden möchten wir genauer auf die gesundheitlichen Wirkungen eingehen und die daraus resultierende Relevanz für die ernährungstherapeutische Praxis erläutern.
Blutzucker-regulierende Wirkung und verbesserte Sättigung
Beta-Glucane besitzen ein sehr hohes Quellvermögen und können große Mengen Wasser binden. Durch das Aufquellen der unverdaulichen Nahrungsfasern wird das Mahlzeitenvolumen erhöht, wodurch es zu einer stärkeren Magenwanddehnung und einer verzögerten Magenentleerung kommt. Dies wirkt sich zum einen positiv auf das Sättigungsgefühl aus und führt zum anderen dazu, dass die im Nahrungsbrei enthaltenen Nährstoffe – insbesondere die aus der Spaltung resultierende Glukose – langsamer resorbiert werden. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel nach den Mahlzeiten geringer an und es wird weniger Insulin ausgeschüttet. Eng damit verbunden ist auch ein positiver Einfluss auf das Gewichtsmanagement [CLO 2012].
Einfluss auf die Darmgesundheit
Die Aufnahme der unlöslichen Ballaststoffe regt die Darmbewegung an, erhöht das Stuhlvolumen sowie die Stuhlfrequenz und wirkt bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr Verstopfung entgegen. Beta-Glucane dienen zudem den Bakterien im Dickdarm als Energiequelle und werden von diesen in kurzkettige Fettsäuren (Acetat, Butyrat und Propionat) umgewandelt, die wiederum den Darmwandzellen als Nährstoff dienen. Durch den Erhalt einer natürlichen Darmflora (Regeneration der Darmschleimhaut) wird somit der Entwicklung pathogenen Bakterienstämme entgegengewirkt. Darüber hinaus ist Butyrat für seine entzündungshemmende Wirkung bekannt, weshalb insbesondere Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen von der Beta-Glucan-Zufuhr profitieren.
Aktivierung des Immunsystems und antioxidative Wirkung
Die immunmodulierende Wirkung [CHA 2009] der Beta-Glucane ist auf die Aktivierung der Makrophagen in der Dünndarmwand zurückzuführen. Die sogenannten Fresszellen dienen der Beseitigung von Mikroorganismen, indem sie mittels Phagozytose eindringende Bakterien auflösen. Zudem setzen sie wichtige Stoffe frei, die wiederum mit anderen Immunzellen kommunizieren. Die Makrophagen verfügen über einen spezifischen Rezeptor, an dem Beta-Glucan-Moleküle des Typs 1,3/1,6 andocken, wodurch sie die Aktivität der Immunzellen sowie die des Immunsystems stimulieren.
Beta-Glucan aus den Zellwänden von Bäckerhefe ist nach aktuellen Erkenntnissen scheinbar der wirksamste natürliche Immunmodulator. Zudem besitzen Beta-Glucane antioxidative Eigenschaften und wirken als Radikalfänger. Weitere Forschungen zeigen, dass Beta-1,3/1,6-Glucan auch bei der Behandlung von Krebs, Geschwüren, Infektionserkrankungen, Verbrennungen und Traumata von Interesse ist.
Positive Wirkung auf den Cholesterinspiegel
Beta-Glucan aus Hafer [WHI 2014] und Gerste [HO 2016] verringert nachweislich den Cholesteringehalt im Blut, indem es im Darm Gallensäuren und Cholesterin bindet. Die gebundenen Substanzen werden zusammen mit den unverdaulichen Ballaststoffen ausgeschieden, wodurch die Rückresorption der Gallensäuren aus dem unteren Darmabschnitt (Ileum) reduziert wird. Dadurch wird die Leber angeregt, aus dem im Blut befindlichen Cholesterin neue Gallensäuren zu synthetisieren. In der Folge verbleibt insgesamt weniger Cholesterin im Blut und der Gesamt- sowie der LDL-Cholesterinspiegel sinken. HDL-Cholesterinwerte und Triglyceride bleiben indes unverändert.
Was bedeutet das für die ernährungstherapeutische Praxis?
In der Ernährungsberatung ist die sogenannte „Haferdiät“ vielen ein Begriff. Insbesondere in der Therapie von Diabetes-Patienten werden Hafertage, -diäten oder -kuren häufig durchgeführt, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Vorraussetzung für die Blutzucker-regulierende Wirkung ist die Aufnahme von mindestens 4 Gramm Beta-Glucanen aus Hafer oder Gerste [GRA 2008]. Dies lässt sich in der Praxis leicht umsetzen, indem man etwa 55 Gramm Haferkleie in Wasser (oder Milch) anrührt oder etwa 20 Gramm Haferflocken mit 30 Gramm Kleie mischt. Der klassische Haferbrei kann je nach Belieben mit gehackten Nüssen oder zuckerarmen Obstsorten wie Beeren verfeinert werden.
Die Cholesterinspiegel-senkende Wirkung stellt sich bei einer täglichen Aufnahme von 3 Gramm Beta-Glucanen ein. Da Haferkleie aufgrund des höheren Gesamtballaststoffanteils einen vergleichsweise hohen Gehalt an Beta-Glucanen aufweist, wird diese vorrangig für die Behandlung einer Hypercholesterinämie empfohlen. Bereits 40 Gramm Haferkleie liefern die empfohlene Menge von 3 Gramm Beta-Glucan, während Haferflocken erst ab 80 Gramm die gewünschte Menge liefern.
Im Alltag lässt sich diese Menge jedoch durch den Verzehr verschiedener Hafer- und Gerste-Erzeugnisse – über den Tag verteilt – einfach erreichen. So eignen sich beispielsweise Gerstenkörner als Ersatz für beliebte Beilagen wie Reis oder Nudeln und können auch als Zutat im Müsli verwendet werden. Einige Anbieter vertreiben zudem Produkte, die aus einer speziell gezüchteten Gerstensorte gewonnen werden und höhrere Beta-Glucan-Gehalte aufweisen. Auch Hefe und Hefeflocken stellen bedeutende Beta-Glucan-Quellen dar. Hefeflocken können einzelnen Mahlzeiten als zusätzliche Geschmacksträger beigefügt werden, um die Beta-Glucan-Aufnahme zu steigern.
Die Einnahme hochdosierter, isolierter Präparate ist nicht nur teuer, sondern hat sich zum Teil als weniger effektiv gezeigt. Die gesundheitlichen Wirkungen der Beta-Glucane beruhen insbesondere auf dem Zusammenspiel der einzelnen Inhaltsstoffe der Getreideprodukte und sind auch hinsichtlich der Nährstoffversorgung von gesundheitlichem Nutzen.
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Quelle: FET