Die Piranha-Strategie: Wie Big Brands von Nischenplayern profitieren können

A.T. Kearney Studie zu Wachstum im Massenmarkt

„Eine neue Generation von Nischenmarken schafft das, woran die großen Player scheitern: Sie wachsen schnell und gewinnen relevante Marktanteile im Massenmarkt. Aggressiven Piranhas ähnlich, dringen sie in den Markt und jagen den etablierten Marken in rasanter Geschwindigkeit, Marktanteile ab“, erläutert Dr. Mirko Warschun, Handels- und Konsumgüterexperte bei der Managementberatung A.T. Kearney. „Anstatt die bedrohlichen Newcomer zu bekämpfen, sollten die Big Player von ihnen lernen“, empfiehlt Warschun.

Piranha-Marken sind junge Unternehmen, die vor allem in Fastmoving-Produktkategorien wie Ernährung und Kosmetik schnell wachsen und auf der Premiumwelle im Massenmarkt surfen (z.B. Tito’s Wodka, Chobanin Joghurt). Einer jüngsten Untersuchung von A.T. Kearney zufolge verzeichnen Piranha-Marken ein durchschnittliches Umsatzwachstum von bis zu 20 Prozent (gegenüber negativem Wachstum oder nur zwei bis drei Prozent der großen Unternehmen in derselben Produktkategorie) – bei allerdings weitaus schwächerer Profitabilität (EBIT-Marge von unter fünf Prozent gegenüber 13 bis 20 Prozent der großen Player).

Anders als konventionelle Nischenplayer sind Piranha-Marken im Massenmarkt erfolgreich und werden zur Konkurrenz für die großen etablierten Firmen wie Pernod Ricard, Danone, Nestlé, Coca-Cola, Procter & Gamble, L’Oréal und Unilever. Denn Kunden vertrauen ihnen mittlerweile mehr als den etablierten Konkurrenten. Über die Hälfte der Konsumenten gaben in einer weltweiten Befragung von A.T. Kearney (Global Future Consumer 2017) an, den Big Brands nicht oder nur kaum zu vertrauen, drei Viertel sprechen davon, den kleineren Firmen indes durchaus zu vertrauen.

A.T. Kearney hat den Wachstumspfad und die sechs Erfolgsmantras der Piranhas-Brands analysiert und Handlungsempfehlungen für die etablierten großen Markenunternehmen abgeleitet: Im Durchschnitt entwickeln sie ihr Geschäftsmodell und die Markenpositionierung innerhalb von zwei bis vier Jahren. Anschließend bringen sie ihre Produkte über exklusive Distributionswege und mit einem sehr scharf gefassten Leistungsversprechen auf den Heimatmarkt. Erst nach sechs oder sieben Jahren stabiler Positionierung im Heimatmarkt, denken sie in einem dritten Schritt an internationale Expansion.

Ihr Erfolg basiert auf einem glasklar formulierten und zugespitzten Leistungsversprechen, hoher Authentizität nicht nur der Marke, sondern aller Mitarbeiter und einem Asset-light-Geschäftsmodell, das durch enge Kooperation mit Zulieferern größere eigene Investitionen vermeidet und eine hohe Risikobereitschaf erlaubt.

Dazu kommen eine schnelle Launchstrategie bei langsamer Expansion, hohe Risikobereitschaft und Innovationsfreude als durchgängiges Kulturmerkmal und schließlich kluge Ideen vor allem mit Social Media, aber wenig Cash für Vertrieb und Marketing. Teil ihrer Positionierung ist die intensive Nutzung von Social Media, in denen sich ihre Mitarbeiter als authentische Markenbotschafter engagieren. wie bei der Kampagne des Smoothies-Herstellers Innocents, der über seine Mitarbeiter eine „große Strickaktion“ zugunsten des Roten Kreuzes ausrief.

Die strategische Antwort der großen Markenfirmen sollte laut A.T. Kearney darin bestehen, von der neuen Konkurrenz zu lernen und an den folgenden fünf Hebeln anzusetzen: Erstens gilt es, die Prozesse der Produktentwicklung und des Rollouts zu überdenken. Die Einzigartigkeit des Produktes kann z.B. durch Stresstests kritisch überprüft werden, kleinere Teams würden erlauben, die Produkte schneller auf den Markt zu bringen.

Zweitens darf es nicht mehr darum gehen, den internen Status quo zu bewahren, sondern muss für mehr Risikofreude und echte Nähe zum Produkt gekämpft werden. Der dritte Hebel setzt bei markenaffinen Organisationsmodellen an, viertens können geeignete Venture Möglichkeiten, also Beteiligungen an den jungen Marken geprüft werden. Diese können von einer Minderheiten-Beteiligung über Beratung und Unterstützung bis zu einer Integration ins Kerngeschäft reichen. Fünftens empfehlen die Berater die eigenen Anlagenstrukturen flexibler zu gestalten und „Asset-light-Geschäftsmodelle“ anzustreben, indem die Firmen neue Produktionsausstattungen leasen, anstatt sie zu erwerben, mit Subunternehmern zusammenarbeiten oder Zeitarbeiter in Produktion und Lager einsetzen.

„Der Trend zu Premium-Marken, hoher Authentizität und Exklusivität macht den etablierten Markenfirmen schwer zu schaffen. Innovative und authentische Marken können mit ihrem eng gefassten, scharf formulierten Leistungsversprechen genau hier punkten“, erklärt Warschun: „Die großen Wettbewerber haben keine Chance, die kleinen aus dem Feld zu schlagen. Die Goliaths sollten sich besser mit den Davids ihrer Branche zusammen tun und ihre Strategien übernehmen, um ihre traditionellen Stärken zum Vorteile beider auszuspielen.“

Alle Ergebnisse der Untersuchung finden Sie hier: Swimming with the Piranhas and Reinventing the Mass Consumer Model

Quelle und Pressekontakt A.T. Kearney