Keine Lösung bei Patenten auf Pflanzen und Tiere

Trotz Verschärfung der Verbote: Konventionelle Züchtung wird auch in Zukunft patentiert.

Die 38 Vertragsstaaten des Europäischen Patentamts (EPA) haben bei ihrer Sitzung in Den Haag beschlossen, die Patentverbote im Bereich der Pflanzen- und Tierzucht zu verschärfen. Gleichzeitig wurden aber neue Schlupflöcher geschaffen, um die Verbote zu umgehen. So sollen auch zufällige Veränderungen des Erbguts patentierbar sein. Das EPA kann schon ab Juli wieder Patente auf herkömmliche Pflanzen und Tiere erteilen. Schon im Mai hatte das EPA Patentanmelder darüber informiert, dass mehrere Patente auf Pflanzen mit zufälligen Mutationen demnächst erteilt werden sollen. Die politischen und rechtlichen Auseinandersetzungen werden also weitergehen.

„Die Zivilgesellschaft hat erreicht, dass die Verbote im Europäischen Patentrecht teilweise verschärft wurden. Doch das ist noch keine dauerhafte Lösung“, sagt Ruth Tippe, die für die Koalition „Keine Patente auf Saatgut!“ regelmäßig entsprechende Patente recherchiert. „Auch in Zukunft wird das Patentrecht vom EPA und den Konzernen missbraucht, um sich die Grundlagen der Ernährung anzueignen. Wir werden dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen.“

Nach dem Wortlaut der europäischen Patentgesetze dürfen Pflanzen und Tiere, die aus „im Wesentlichen biologischen Verfahren“, das heißt aus einer Züchtung ohne Gentechnik, stammen, nicht patentiert werden. Doch das EPA hat in der Vergangenheit bereits knapp 200 Patente auf Pflanzen erteilt, die aus Kreuzung und Selektion oder anderen zufälligen Kombinationen von Erbgut entstanden sind. Gemäß dem Beschluß des EPA sollen in Zukunft Patente nur dann verweigert werden, wenn Pflanzen oder Tiere unmittelbar aus einer Kreuzung und Selektion entstehen. Sobald aber genetische Veranlagungen von Pflanzen oder Tieren beansprucht werden, laufen die Verbote ins Leere. Insbesondere Pflanzen und Tiere, deren Züchtung auf zufälligen Mutationen beruht, werden ausdrücklich als patentierbare Erfindungen definiert.

Eine klare Abgrenzung zur Gentechnik gibt es nicht: Werden Pflanzen mit bestimmten genetischen Veranlagungen patentiert, sind alle Pflanzen mit diesen Merkmalen von dem Patent betroffen, unabhängig davon, ob diese gezüchtet oder gentechnisch verändert wurden oder einfach so in der Natur vorkommen. Damit kommt das Patentamt den Wünschen der Industrie entgegen, die fordert, dass Pflanzen und Tiere immer dann als patentierbar gelten sollen, wenn deren genetische Eigenschaften im Detail beschrieben werden, unabhängig davon, wie diese Eigenschaften entstanden sind.

Ein Beispiel sind Patente der Brauereikonzerne Carlsberg und Heineken. Diese erhielten 2016 zwei Patente auf Gerstenpflanzen, deren Körner zufällige Mutationen enthalten. Laut einem dritten Patent werden die beiden Gerstensorten so miteinander gekreuzt, dass deren Nachkommen eine Kombination der erwünschten Eigenschaften aufweisen. Das Patent umfasst die Gerste, den Vorgang des Bierbrauens und das mit dieser Gerste hergestellte Bier. Gegen die Patente haben zahlreiche Nichtregierungsorganisationen Einspruch eingelegt. Jetzt könnten diese Einsprüche zu Präzedenzfällen werden, an denen die neuen Regelungen erstmals getestet werden. Das EPA hat aber selbst schon gesagt, dass die neuen Regelungen die Bier-Patente nicht verhindert hätten.

„Werden Pflanzen und Tiere patentiert, können sie von anderen Züchtern nicht mehr oder nur noch mit Erlaubnis der Patentinhaber genutzt werden. Bisher sind alle konventionell gezüchteten Sorten für die weitere Züchtung frei verfügbar. Diese allgemeine Verfügbarkeit ist für die Innovation in der Züchtung sowie für die Erhaltung der biologischen Vielfalt extrem wichtig,“ sagt Katherine Dolan von Arche Noah, Österreich.

Die Monopolpatente nutzen vorwiegend den großen Konzernen. Mittelständische Züchter kommen dagegen unter Druck und werden aus dem Markt gedrängt oder aufgekauft. Landwirte und auch die VerbraucherInnen geraten so in immer größere Abhängigkeit von Konzernen wie Bayer und Monsanto, die zusammen bereits mehr als ein Viertel des weltweiten Saatgutmarktes kontrollieren.

Kontakte:

Ruth Tippe, Initiative „Kein Patent auf Leben!“
Tel +49 (0) 1731543409

Katherine Dolan, Arche Noah
Tel +43 (0) 676 557 4408, katherine.dolan@arche-noah.at

Christoph Then, Sprecher „Keine Patente auf Saatgut!“,
Tel +49 (0) 151 54638040, info@no-patents-on-seeds.org

Quelle: no-patents-on-seeds