Smartphones machen nicht dick, dumm und aggressiv, sondern der ungesunde Medienkonsum

Machen Smartphones Kinder dick, dumm und aggressiv? Wie ungesund sind digitale Medien für Kinder? Nach Ansicht der Techniker Krankenkasse (TK) lautet die Antwort: Überhaupt nicht! Nicht die Medien sind ungesund, sondern der unkontrollierte Umgang damit. Anlässlich der aktuellen BLIKK-Studie der Drogenbeauftragten der Bundesregierung zum Medienkonsum von Kindern und des heute in Hessen vorgestellten Pilotprojekts „DigiKids“ erneuert die TK ihre Forderung nach einem Handlungsfeld Medienkompetenz in der Prävention.

Thomas Holm, Leiter Gesundheitsförderung in Lebenswelten bei der TK: „Aussagen, digitale Medien würden die Gesundheit von Kindern gefährden, nehmen wir ernst. Wir sollten dabei aber nicht die Medien, sondern den Medienkonsum hinterfragen. Wie beim sicheren Schulweg oder beim Schwimmen im Freibad ist es wichtig, dass Kinder lernen, wie sie sich richtig verhalten. Es geht darum, dass sie sicher im Netz unterwegs sind, denn im Netz sind sie mit Sicherheit.“ Es entspreche nicht mehr der Lebensrealität, Kinder in einer digitalen Gesellschaft von digitalen Medien fernhalten zu wollen. Vielmehr gehe es darum, den digitalen Medienkonsum gesund zu gestalten.

Machen digitale Medien krank oder sind kranke Kinder lieber online?

Es gibt viele Studien – auch von der TK -, die zeigen, dass Kinder, die viel Zeit mit digitalen Medien verbringen, auch überdurchschnittlich von gesundheitlichen Beschwerden wie Rückenschmerzen, Konzentrations- und Schlafstörungen betroffen sind. Diese Studien begründen jedoch laut TK nur eine Korrelation. Ein Kausalzusammenhang, dass die gesundheitlichen Beschwerden auch durch den Medienkonsum verursacht sind, lässt sich nicht ableiten. Möglich wäre auch, dass gerade die Kinder, die sich zum Beispiel aufgrund von Übergewicht nicht gern bewegen oder bereits gesundheitliche Beschwerden haben, mehr Zeit mit digitalen Medien verbringen.

Seepferdchen für Digitalien

Medienkompetenz altersgerecht zu vermitteln, sei deshalb aktuell eines der wichtigsten Themen in der Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen und müsse ebenso wie die Themen Ernährung, Bewegung und Stress als Handlungsfeld in der Prävention gesetzlich verankert werden. „Kinder bekommen Schwimmunterricht und machen ihr Seepferdchen, bevor sie in tieferes Wasser dürfen. Genauso müssen wir uns darum kümmern, dass sie medienfit werden, bevor sie in Digitalien unterwegs sind“, erklärt Holm. Hierzu bedarf es seiner Ansicht nach der Zusammenarbeit aller, die sich um die Kindergesundheit kümmern – Eltern, Kitas, Schulen und Krankenkassen.

Regeln für Digitalien – Erziehung ist keine Freundschaftsanfrage

Neben dem Engagement von Krankenkassen und Bildungseinrichtungen sind hier vor allem die Eltern gefragt. In einer Elternumfrage der TK räumte knapp ein Viertel der Eltern ein, nicht zu wissen, was ihre Kinder im Netz machen. Vier von zehn Eltern haben keine Limits für den digitalen Medienkonsum mit ihren Kindern vereinbart. Zur Medienerziehung gehören aber auch unangenehme Entscheidungen, für die man von den Kindern nicht gefeiert wird und kein „Like“ bekommt. Erziehung sei keine Freundschaftsanfrage. „Wir sind nicht nur Erziehungsberechtigte, sondern die Erziehungsverpflichteten unserer Kinder. Zu dieser Verpflichtung gehört, dass sich Eltern mit dem Netzleben ihrer Kinder auseinandersetzen. Fürsorge darf nicht vor dem Log-in enden“, erklärt der Präventionsexperte der TK.

Für eine gesunde Kindesentwicklung muss die Offline-Welt an erster Stelle stehen. Digitaler Medienkonsum sollte im Vorschulalter – wenn überhaupt – nur in Begleitung stattfinden. Im Grundschulalter sollten es maximal 60 Minuten täglich sein. Ab zehn Jahren können individuelle Zeitkonten vereinbart werden. Pädagogen halten maximal neun Stunden in der Woche für angemessen. Kinder, die unter der Woche wenig Bildschirmzeit hatten, dürften dann am Wochenende auch mal länger online sein.

Mit dem Medienkompetenzfilm „Jugend 3.0 – mit Sicherheit im Netz“ bietet die TK eine Entscheidungshilfe für Eltern und Pädagogen an. In Hessen stellt die TK heute zusammen mit der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS) e.V. das Modellprojekt „DigiKids“ vor, das Kinder im Vorschul- und Grundschulalter auf einen gesunden Umgang mit digitalen Medien vorbereitet und zeigt, wie sich diese spielerisch mit der analogen Welt verknüpfen lässt.

Informationen zum Pilotprojekt „DigiKids“ gibt es unter tk.de/lv-hessen.

Die genannten Umfrageergebnisse stammen aus der Studie „Jugend 3.0 – abgetaucht nach Digitalien“, für die das Meinungsforschungsinstitut Forsa 2014 im Auftrag der TK 1.000 Eltern zum Medienkonsum ihrer 13- bis 17-jährigen Kinder befragt hat. Der Medienkompetenzfilm „Jugend 3.0 – Mit Sicherheit im Netz“ ist auf tk.de/Medienkompetenz verfügbar.

Quelle: TK