Stoffwechsel: Betazellen unter Beschuss

Bei Typ-2-Diabetes kommt es zu Veränderungen der Betazellen und zur Insulinresistenz. Erstmals ist es Wissenschaftlern nun gelungen, diese pathologischen Vorgänge auf Basis von Untersuchungen des Metaboloms und Proteoms abzubilden. Ihre Arbeit ist in Cell Metabolism erschienen.

Während bei Typ-1-Diabetes die Betazellen der Langerhans-Inseln im Pankreas zerstört werden und absoluter Insulinmangel auftritt, ist Typ-2-Diabetes von Insulinresistenz und Betazell-Dysfunktionen geprägt. Über die konkreten pathophysiologischen Vorgänge in Langerhans-Inseln während der Entstehung von Typ-2-Diabetes wussten Forscher bislang recht wenig. Dies liegt vor allem daran, dass die Langerhans-Inseln auf Grund ihrer Lage in der Bauchspeicheldrüse nur eingeschränkt zugänglich waren.

Untersuchung von Langerhans-Inseln in ihrer natürlichen Umgebung

„Unser Ansatz war, Langerhans-Inseln in ihrer natürlichen Umgebung in der Bauchspeicheldrüse zu untersuchen, also ohne Isolationsprozess und ohne die damit einhergehenden möglichen Artefakte“, so Dr. Michaela Aichler , die stellvertretende Leiterin der Abteilung Analytische Pathologie (AAP) am Helmholtz Zentrum München. Für ihre Experimente setzte sie die hochauflösende bildgebenden Massenspektrometrie (MALDI Imaging) ein. Mit Hilfe der Technik kann die Verteilung von Stoffwechselprodukten (Zellmetaboliten) und Proteinen direkt in Gewebeschnitten untersucht werden.

Fettsäuren beeinflussen Synthese und Sekretion von Insulin

„Im Mausmodell* zeigte sich eine gestörte Balance in der Insulinsynthese und Ausschüttung von Insulin“, ergänzt Prof. Dr. Axel Karl Walch, Leiter der AAP. „Dieser neue, bislang unbekannte Mechanismus führt zur Beta-Zell-Dysfunktion im Verlauf von Typ-2-Diabetes.“ Fettsäureester reichern sich schon früh bei der Entstehung eines Typ-2-Diabetes an und behindern die Insulinsynthese.

Gleichzeitig werden andere Fettsäuren akkumuliert, die eine Ausschüttung von Insulin fördern. Die Beta-Zellen haben somit nicht mehr genügend Insulin, und ihre Funktion kann nicht mehr aufrechterhalten werden. Die Daten wurden mit einer speziellen statistischen Vorgehensweise** in funktionelle Netzwerke und Stoffwechselwege übersetzt. Untersuchungen in Zellkulturexperimenten*** führten zu einem funktionellen Verständnis der Veränderungen. Zusätzliche Experimente mit menschlichen Langerhans-Inseln**** konnten die Relevanz des neu entdeckten Mechanismus für die Humanmedizin bestätigen.

Weitere Informationen

Originalpublikation: Aichler M et al. N-acyl Taurines and Acylcarnitines Cause an Imbalance in Insulin Synthesis and Secretion Provoking ß-Cell Dysfunction in Type 2 Diabetes, Cell Metabolism, DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.cmet.2017.04.012,
Link: http://www.cell.com/cell-metabolism/fulltext/S1550-4131(17)30217-6

Mehr zu MALDI Imaging am Helmholtz Zentrum München

*) Kooperationspartner: Institut für Experimentelle Genetik des Helmholtz Zentrums München
**) Kooperationspartner: Institute of Computational Biology des Helmholtz Zentrums München
***) Kooperationspartner: Institut für Diabetes und Adipositas des Helmholtz Zentrums München
****) Kooperationspartner: University of Alberta

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil.

Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.

Die selbstständige Abteilung Analytische Pathologie (AAP) entwickelt wissenschaftlich in Ergänzung zu klinischen und grundlagenorientierten Forschungseinheiten die translationale Forschung von Erkrankungen, die sich in Geweben manifestieren. AAP beschäftigt sich mit der Übersetzung von z.B. In-vitro-Modellen oder Tiermodellen in die Anwendung am Menschen. So verzahnt AAP die grundlagenorientierte Forschung und die diagnostische Anwendung und übersetzt die Erkenntnisse der experimentellen und molekularen Pathologie in Verfahren der Krankheitstypisierung und prädiktiven Diagnostik am Gewebe.

Quelle und Pressekontakt Helmholtz Zentrum München