Entwurf zur EU-Ökoverordnung legalisiert Biomassenställe für Legehennen

„Report Mainz“, heute, 11. Juli 2017, 21:45 Uhr im Ersten
11.07.2017 – 10:03.

Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ ermöglicht die geplante EU-Ökoverordnung Massenställe in der Bio-Legehennenhaltung. Das geht aus einem vertraulichen Verhandlungsprotokoll zur Reform der EU-Ökoverordnung hervor, das „Report Mainz“ vorliegt. Am 28. Juni hatten sich Vertreter des EU-Parlaments, der Kommission und des Ministerrats auf einen gemeinsamen Reform-Text geeinigt. Das EU-Parlament hatte gefordert, dass pro Bio-Betrieb maximal 12.000 Legehennen gehalten werden sollten. Außerdem sollte der Begriff „Hühnerstall“ eindeutig definiert werden. Das Dokument zeigt, wie diese Ziele im Zuge der Verhandlungen aufgegeben wurden.

Zunächst enthielt die Verordnung folgende Definition des Begriffs „Hühnerstall“: „Poultry house means a covered, independent structure fitted out in such a way as to protect the animals housed within it from bad weather.“ Doch diese Formulierung wurde durchgestrichen. In der aktuellen Fassung ist der Hühnerstall ein Gebäude, das Hühnerherden beherbergt und in Stallabteile unterteilt werden kann. Im Text heißt es: „poultry house means a building for accommodating flocks of poultry, (…). The house may be subdivided into separate compartments, each accommodating a single flock.“ Außerdem war ursprünglich eine Begrenzung auf 12.000 Tiere pro Produktionseinheit geplant: „the total number of laying hens shall not exceed 12 000 hens in organic or in coversion production unit.“ Doch auch dieser Passus wurde gestrichen.

Berichterstatter des EU-Parlaments in diesen Verhandlungen ist der Abgeordnete Martin Häusling (B’90/Die Grünen). Im Interview mit „Report Mainz“ erklärt er auf die Frage, ob sich die Agrarlobby durchgesetzt habe: „Ich sage ganz klar, man muss auch benennen, wo man sich nicht durchgesetzt hat. Hier sind wir am Ministerrat, das heißt an denjenigen, die Agrarpolitik in den Mitgliedsländern machen, gescheitert. Christian Schmidt hat sich ganz klar dafür ausgesprochen – keine Obergrenze und keinerlei genauere Definitionen. Das ist sehr bedauerlich.“ Weiter erklärt er: „Das hat etwas zu tun mit der Kommerzialisierung des Biobereichs, wo tatsächlich Strukturen eingerissen sind, wo Großbetriebe im Zusammenhang mit dem Großhandel das Geschäft zunehmend bestimmen.“

Auf Nachfrage von „Report Mainz“ lässt Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt durch einen Sprecher des Ministeriums mitteilen: „Mit der Revision der EU-Ökoverordnung ist nicht geplant, die Kriterien bezogen auf das einzelne Tier zu lockern. Entscheidend bei der Tierhaltung sind die Haltungskriterien, nicht allein die Besatzgröße. Das steht dem Grundgedanken des ökologischen Landbaus nicht entgegen.“

Hintergrund

Nach den aktuell gültigen EU-Verordnungen zur Haltung von Legehennen dürfen in einem Stall maximal 3.000 Bio-Legehennen gehalten werden. Doch diese Bestimmung wurde in den vergangenen Jahren ausgehöhlt. Die Politik hat es zugelassen, dass mehrere Herden mit 3.000 Bio-Legehennen in einem Gebäude gehalten wurden. So konnten große Anlange mit bis zu 50.000 Bio-Tieren entstehen.

Für den niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer (B’90/Die Grünen) ist das eine Fehlentwicklung. Er fordert eine Klarstellung in einer reformierten EU-Ökoverordnung. Gegenüber „Report Mainz“ sagt er: „Also ich habe mehrfach auch die EU und den Bund aufgefordert, dass man die Bioverordnung auf EU-Ebene so konkretisiert, dass man Obergrenzen einzieht. Deshalb fordern wir, dass man EU-weit vorgibt, dass man nur 3.000 Legehennen, Biolegehennen, pro Gebäude hält.“

Zitate gegen Quellenangabe frei.

Bei Fragen: „Report Mainz“, Tel. 06131 929 33351 oder -33352.

Quelle: SWR – Südwestrundfunk, übermittelt durch news aktuell