Der Markt für Getränke im Bereich Sport, Gesundheit und Wellness bringt immer neue Produkte hervor. Jetzt haben Fraunhofer-Forschende auf Basis von Süßlupinen ein proteinreiches Getränk entwickelt, das zugleich säuerlich-erfrischend schmeckt. Die Herstellung des Lupinen-Getränks ist in jeder Brauerei möglich.
Mit ihren intensiven Farben und den vielen Blüten sieht sie aus wie eine Zierpflanze. Doch als Verzierung ist die hochgewachsene Lupine viel zu schade, denn die Samen enthalten nahrhafte Proteine. Diese für die Ernährung des Menschen nutzbar zu machen, ist allerdings gar nicht so einfach.
Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV haben nun ein Verfahren entwickelt, das die Lupinensamen als Grundlage für ein proteinhaltiges Getränk mit erfrischend-säuerlichem Geschmack verwendet. Als Kooperationspartner war der Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie an der Technischen Universität München am Projekt beteiligt.
Die Forschenden hatten bei ihrem Vorhaben einige Hürden zu überwinden. Gerade die Verbindung von Proteinen und erfrischendem Geschmacksprofil stellt eine echte Herausforderung dar. Denn Proteine sind in der Regel nicht im sauren pH-Bereich löslich. Die Lupine macht hier eine Ausnahme, da sie eine Proteinnebenfraktion enthält, die sich auch im sauren pH-Bereich lösen lässt.
Doch die Pflanze aus der Familie der Hülsenfrüchtler, zu der auch Bohnen, Erbsen oder Erdnüsse gehören, stellte die Experten vor ein anderes Problem: Sie enthält nämlich wie alle oben genannten Hülsenfrüchte Phytinsäure. Diese bindet wertvolle Mineralien, hemmt Enzyme und gilt daher als wenig bekömmlich.
Protein bleibt erhalten, Phytin wird abgebaut
Die Fraunhofer-Forschenden haben nun ein Verfahren entwickelt, das bei der Verarbeitung der Süßlupinen die wertvollen Proteine erhält und gleichzeitig die unerwünschte Phytinsäure reduziert.
Die Experten setzen auf eine Kombination aus Getreidemalzen und speziellen Mikroorganismen. Letztere bauen die Phytinsäure hydrolytisch, also mit Hilfe von Wasser, ab. Dabei kommt ein zweistufiger Maische- und Fermentationsprozess zum Einsatz. Dieser eigentlich unkomplizierte, aber dennoch empfindliche Prozess wurde von den Forschern an mehreren Stellen optimiert und angepasst.
Am Ende steht ein Lupinen-Extrakt in Form von Paste oder Pulver. Das dient als Ausgangspunkt für ein bekömmliches, nahrhaftes und zugleich erfrischendes Getränk. Durch den Einsatz des Extrakts als Getränkegrundstoff lässt sich der Proteingehalt gezielt einstellen. Es sind viele unterschiedliche Geschmacksrichtungen möglich, das Lupinen-Extrakt schmeckt relativ neutral.
Das Lupinen-Getränk ist ein gutes Beispiel für die Arbeitsweise des Fraunhofer IVV. »Wir entwickeln und optimieren Herstellungsverfahren, bei denen traditionelle Methoden mit neuen Inhaltsstoffen kombiniert werden. Auf diese Weise entstehen neue, gesunde und nachhaltige Nahrungsmittel«, erklärt Raffael Osen, Projektleiter am Fraunhofer IVV.
Verfahren ähnlich wie Bierbrauen
Wer bei den Stichworten Getreidemalz, Maische und Fermentation an Bier denkt, liegt durchaus richtig. Der Herstellungsprozess ähnelt dem Bierbrauen und nutzt Apparate wie Maischpfanne, Läuterbottich oder Gärtank, über die jede Brauerei verfügt. Große Zusatzinvestitionen sind also nicht erforderlich. »Auch kleine Brauereien haben die Möglichkeit, mit geringem ökonomischem Risiko Erfrischungsgetränke im Bereich Sport, Wellness oder Gesundheit anzubieten«, meint Dr. Caroline Fritsch, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IVV. »Die Herstellung der Lupinen-Drinks ist letztlich nicht schwieriger als Bier brauen«, ergänzt Osen.
Erfrischend wie ein kühles Pils, aber reich an Protein und garantiert alkoholfrei – wer gerade vom Sport zurückkommt, holt sich mit dem Lupinen-Drink ein stärkendes, kalorienarmes und wohlschmeckendes Getränk aus dem Kühlschrank. Vergleichbar einem kühlen Molkegetränk, das mit Kohlensäure versetzt ist, aber auf pflanzlicher Basis also laktosefrei und vegan.
Auch ökologiebewusste Verbraucher können guten Gewissens zum Lupinen-Drink greifen, denn die pflanzlichen Grundstoffe stammen aus regionalem Anbau.
Hülsenfrüchte als Erfrischungsgetränk
Die Süßlupine ist nicht die einzige Pflanze, auf die Fraunhofer-Forscher und -Forscherinnen ihre Aufmerksamkeit richten. Auch andere Hülsenfrüchte wie Bohnen oder Erbsen könnten als Grundlage für gesunde und proteinhaltige Getränke dienen. Die Herstellungsverfahren müssen dazu nur leicht angepasst werden. »Der Prozess ist jetzt gut etabliert. Wir versuchen im nächsten Schritt die Verfahren auf andere Rohstoffe anzuwenden, um eine größere Produktvielfalt zu erreichen«, meint Projektleiter Osen. »Gerade regionale proteinreiche Pflanzen wie Erbsen oder Bohnen haben großes Potenzial.«
Als Industriepartner haben die Unternehmen Wild und Döhler ihr Know-how beigesteuert. Das Heidelberger Unternehmen Wild, ein Spezialist für Getränkegrundstoffe, hat auf Basis des Lupinen-Extrakts bereits ein Fruchtgetränk mit Mango- und Apfelgeschmack produziert. Die Firma Döhler hat das Projekt durch fachliche Beratung sowie Analyse der Zwischen- und Endprodukte unterstützt.
Auch regionale Brauereien wie das Riedenburger Brauhaus und Neumarkter Lammsbräu haben das Projekt mit ihrer Expertise begleitet. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie von der Allianz Industrie Forschung.
Wer nun auf die Idee kommt, beim sommerlichen Spaziergang versuchsweise an einer Süßlupine zu naschen, der sei gewarnt. Wild wachsende Lupinen enthalten giftige Bitterstoffe und sind insbesondere für Allergiker gefährlich. Da ist es besser, noch etwas zu warten, bis der erste Lupinen-Drink aus der lokalen Brauerei beim Getränkehändler steht.
Weitere Informationen:
Lupine: Pflanze aus der Familie der Hülsenfrüchtler, Unterfamilie Schmetterlingsblütler. Man unterscheidet verschiedene Varianten, darunter Süßlupinen, Gelbe und Blaue Lupinen. Die wildwachsenden Pflanzen sind giftig und besonders für Allergiker gefährlich.
Für die Nahrungsmittelherstellung verwendet werden die ungiftigen Zuchtlupinen. Die Lupinensamen sind proteinreich und eignen sich daher als Grundlage für die Herstellung von Nahrungsmitteln.
Mälzen: Keimvorgang, bei dem Getreide in Malz umgewandelt wird.
Maischen: Bei diesem Verfahren werden Rohstoffe mit Hefepilzen vermischt und Wasser zugesetzt. Aus der Stärke in Kartoffeln oder Getreide entsteht Zucker und Zucker wird in Alkohol umgewandelt.
Fermentation: Organische Stoffe werden mit, Bakterien, Hefen oder Pilzen versetzt. So wird ein enzymatischer Prozess in Gange gesetzt.
Kontakt:
Karin Agulla
Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV
Giggenhauser Straße 35, 85354 Freising
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Fax +49 8161 491-222
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Quelle: Fraunhofer IVV