In Leber gebildetes Enzym DPP4 fördert Übergewicht, Leberverfettung und Insulinresistenz

Wenn die Leber das Enzym DPP4 (*) verstärkt bildet und ins Blut abgibt, führt dies bei Mäusen unter einer fettreichen Ernährung zu einer stärkeren Körperfettzunahme, zur Leberverfettung sowie zu einer Insulin-Unempfindlichkeit der Leberzellen. „Diese von uns in Molecular Metabolism veröffentlichten Ergebnisse legen in Kombination mit unseren Beobachtungen aus Human- und Zellstudien nahe, dass eine erhöhte DPP4-Produktion in der Leber deren Verfettung sowie eine Insulinresistenz verursacht und nicht eine Folge der Leberverfettung ist“, so Studienleiterin Annette Schürmann vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE), einem Partner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

„Nach unserer Ansicht ließen sich daher die bereits aus der Diabetestherapie bekannten DPP4-Inhibitoren (**) künftig nicht nur nutzen, um den Zuckerstoffwechsel zu verbessern, sondern auch, um eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (***) zu behandeln“, ergänzt Erstautor Christian Baumeier vom DIfE.

DPP4 ist ein Enzym, das zu einem großen Teil in der Leber gebildet wird und das wichtige Darmhormone des Zuckerstoffwechsels in ihrer Wirkung hemmt. Ebenso haben Menschen, die unter einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung leiden, erhöhte DPP4-Spiegel im Blut. Bislang war jedoch unklar, ob die erhöhten Enzym-Werte auf die Verfettung der Leber zurückzuführen sind oder diese erst auslösen.

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, verglichen die Wissenschaftler um Schürmann und Baumeier zwei unterschiedliche Mausgruppen miteinander. Während die eine Mausgruppe aufgrund einer genetischen Veränderung generell verstärkt DPP4 in ihrer Leber bildet, weist die Kontrollgruppe nur geringe Mengen des Enzyms auf. Beide Gruppen erhielten für ca. ein halbes Jahr dasselbe fettreiche Futter (****). Die Tiere, die verstärkt DPP4 in ihrer Leber produzierten, legten im Vergleich zur Kontrollgruppe etwa ein Drittel mehr an Körperfett zu und wiesen etwa doppelt so viel Leberfett auf. Ebenso reagierten sie unempfindlicher auf den Botenstoff Insulin.

Zusätzliche Untersuchungen an einer humanen Leberzelllinie sowie an isolierten Leberzellen der Mäuse zeigen zudem, dass bereits normale DPP4-Mengen (500ng/ml) ausreichen, um die Zellen unabhängig von ihrem Fettgehalt insulinunempfindlicher zu machen. Darüber hinaus beobachteten die Wissenschaftler, dass bei Menschen, die sowohl unter einer Insulinresistenz als auch einer nicht-alkoholischen Fettleber leiden, im Vergleich zu Gesunden die Menge an aktivem DPP4 im Blut erhöht ist.

„Bereits aus anderen Untersuchungen (*****) wissen wir, dass epigenetische Veränderungen des DPP4-Gens, die zu einer erhöhten DPP4-Produktion in der Leber führen, schon bei jungen Mäusen den Leberstoffwechsel negativ beeinflussen. Noch weit bevor es zu einer Leberverfettung kommt“, sagt Baumeier. “Daher spricht vieles dafür, in weiterführenden Studien zu untersuchen, wie und zu welchem Zeitpunkt die in der Diabetestherapie eingesetzten DPP4-Inhibitoren verwendet werden können, um dem Entstehen einer nicht-alkoholischen Fettleber vorzubeugen oder sie zu behandeln“, so Schürmann weiter, die am DIfE die Abteilung Experimentelle Diabetologie leitet.

Quelle: Christian Baumeier, Luisa Schlüter, Sophie Saussenthaler, Thomas Laeger, Maria Rödiger, Stella Amelie Alaze, Louise Fritsche, Hans-Ulrich Häring, Norbert Stefan, Andreas Fritsche, Robert Wolfgang Schwenk, Annette Schürmann: Elevated hepatic DPP4 activity promotes insulin resistance and non-alcoholic fatty liver disease. Molecular Metabolism 2017; DOI: 10.1016/j.molmet.2017.07.016.

Hintergrundinformationen

*) DPP4 steht für Dipeptidyl peptidase 4. Das Enzym spaltet u.a. die Darmhormone (Inkretine) Glucagon-like peptide-1 (GLP-1) und Gastric inhibitory polypeptide (GIP), die hierdurch ihre Wirkung verlieren. Dies begünstigt hohe Blutzuckerwerte, ebenso wird die Funktion der insulinproduzieren Zellen der Bauchspeicheldrüse negativ beeinflusst.

**) DPP4-Inhibitoren werden bereits als Medikament in der Diabetestherapie eingesetzt, um die Wirkung der beiden körpereigenen Inkretine GLP-1 und GIP zu verlängern. Ihr Ziel ist es, die Insulinausschüttung nach der Nahrungsaufnahme bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zu verstärken.

***) Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) ist mittlerweile in Europa und den USA die häufigste chronische Lebererkrankung und eine häufige Begleiterscheinung von Übergewicht und Typ-2-Diabetes. Je nach Land sind etwa 25 bis 45 Prozent der Erwachsenen davon betroffen. Unbehandelt kann sich aus einer Fettleber eine Leberzirrhose entwickeln, die lebensbedrohliche Folgen haben kann. Eine komplette Rückbildung ist möglich, wobei die Gewichtsreduktion die wichtigste Rolle spielt (Quellen: die aktuelle Studie Baumeier et al., 2017 und Deutsches Ärzteblatt; Jg. 111; Heft 26; 27. Juni 2014).

****) Fettanteil des Futters trägt zu 45 Prozent zur Energiezufuhr bei.

*****) Christian Baumeier, Sophie Saussenthaler, Anne Kammel, Markus Jähnert, Luisa Schlüter, Deike Hesse, Mickaël Canouil, Stephane Lobbens, Robert Caiazzo, Violeta Raverdy, François Pattou, Emma Nilsson, Jussi Pihlajamäki, Charlotte Ling, Philippe Froguel, Annette Schürmann and Robert W. Schwenk: Hepatic DPP4 DNA Methylation Associates With Fatty Liver. Diabetes 2017; 66(1): 25-35.

Die Epigenetik ist ein relativ junges Forschungsgebiet. Es untersucht veränderte Gen-Funktionen, die nicht auf eine Änderung der DNA-Sequenz zurückzuführen sind, aber dennoch vererbt werden können. Studien der letzten Zeit weisen verstärkt darauf hin, dass auch die Ernährung als Umweltfaktor den Aktivitätszustand von Genen nachhaltig beeinflussen kann, z.B. durch chemische (epigenetische) Veränderungen der DNA-Bausteine.

Hierzu zählen auch Methylierungen. Diese entstehen, wenn Methylgruppen an die DNA binden. Diese kann die Aktivierung der Gene entweder erschweren oder erleichtern. Die direkte Methylierung der DNA verändert dann dauerhaft die Genexpression, wenn sie in Steuerbereichen von Genen erfolgt (sogenannten CpG-Inseln), die durch die Modifikation der Histone zugänglich gemacht wurden.

Kontakt:
Prof. Dr. Annette Schürmann, Abteilung Experimentelle Diabetologie
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
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Quelle: DIfE