Benennung von Fleischalternativen: Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission soll umdenken

ProVeg (ehemals VEBU) und zahlreiche Lebensmittelhersteller haben eine gemeinsame Stellungnahme bei der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission* (DLMBK) eingereicht. Diese hatte einen Leitsatzentwurf mit zahlreichen Neuregelungen bezüglich zulässiger Produktbezeichnungen von Fleischalternativen zur Verbändeanhörung freigegeben. Die Inhalte sorgen seitdem für Kritik.

Der Entwurf der DLMBK sieht vor, dass allgemeine Begriffe wie „Wurst“ und „Frikadelle“ auch weiterhin uneingeschränkt für vegane und vegetarische Alternativprodukte genutzt werden können. Andere Begriffe, die beispielsweise Fleischteilstücke beschreiben, wie „Filet“ oder „Schinken“, oder Anlehnungen an Tierarten, zum Beispiel „Hühnchen“ oder „Rind“, sind hingegen nicht vorgesehen. Spezielle Bezeichnungen wie „Salami“ sollen nach Meinung der DLMBK nur über sprachliche Umwege wie „vegane Tofu-Wurst nach Salami-Art“ zulässig sein.

Der Entwurf greift nach Meinung von ProVeg und der insgesamt 18 unterzeichnenden Hersteller von Fleischalternativen unnötig stark und prägend in das grundsätzlich beanstandungsfreie Marktsegment ein, ohne dass dies aufgrund der Faktenlage angezeigt wäre. „Attraktive und informative Produktbezeichnungen sind gleichermaßen wichtig für Hersteller und Verbraucher. Es gibt mit der Benennung von Fleischalternativen keine Probleme in der Praxis, denen ein Leitsatz in dieser Form begegnen müsste, insbesondere auch keine Empirie, die Hinweise auf eventuelle Verbrauchertäuschung liefern würde“, so Till Strecker, Leitung ProVeg-Politik.

Weitere Kritikpunkte sind die mangelhafte Klarheit und Handhabbarkeit des Leitsatzentwurfes, da die vorgeschlagenen Regelungen komplex, schwer verständlich und teils sehr vage gehalten sind. Zusätzlich ist die Kategorisierung der verschiedenen Produkte nicht nachvollziehbar. „Die Unterscheidung ist willkürlich, die zugrunde liegende Logik nicht sinnvoll“, so Strecker. Die vorgeschlagenen Regelungen führen zu deutlich komplizierteren und längeren Produktbezeichnungen. Strecker dazu: „Es stellt sich die Frage, was der Mehrwert von Neuregelungen ist, die Verschlechterungen für Verbraucher und Hersteller bedeuten und von diesen gleichermaßen abgelehnt werden.“

ProVeg und die unterzeichnenden Unternehmen fordern deshalb einen grundlegend anderen als den von der DLMBK gewählten Ansatz. Das Ergebnis muss die eindeutige rechtliche Klarstellung der Zulässigkeit von „Fleischbegriffen“ für pflanzliche Fleischalternativen sein. Im Sinne des Antrags von ProVeg an die DLMBK sollte Voraussetzung für die Zulässigkeit sein, dass die Produkte eine hinreichende Ähnlichkeit mit den namensgebenden Fleischerzeugnissen aufweisen und die vegetarische Eigenschaft der Produkte in ausreichender Deutlichkeit kommuniziert wird. Es sollte die Chance genutzt werden, klare Regeln zu entwickeln, die den Verbrauchern weiterhin informierte und selbstbestimmte Kaufentscheidungen ermöglichen sowie Herstellern und Händlern Rechtssicherheit bieten.

Die im Rahmen der Verbändeanhörung eingegangenen Vorschläge werden von der DLMBK gesichtet und im Rahmen einer weiteren Sitzung diskutiert. Die Unterzeichner fordern die Berücksichtigung der vorgebrachten Kritik. Die unterzeichnenden Unternehmen repräsentieren einen Großteil des Marktes für vegane und vegetarische Fleischalternativen. Darunter sind sowohl rein vegane Produzenten wie Veganz und LikeMeat als auch Firmen, die traditionell vor allem Fleischerzeugnisse herstellen, unter anderem Nestlé und die Rügenwalder Mühle.

*) Die beim Bundesernährungsministerium angesiedelte Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission beschreibt in ihren Leitsätzen die Beschaffenheit von Lebensmitteln und deren Aufmachung. Das Lebensmittelbuch ist eine wichtige Orientierung für die Lebensmittelbranche und die Rechtsprechung in lebensmittelrechtlichen Fragen.

Gemeinsame Stellungnahme zum Entwurf der DLMBK von ProVeg und Lebensmittelherstellern
https://vebu.de/wp-content/uploads/2017/09/stellungnahme_dlmbk_vebu_unternehmen.pdf

Weitere Informationen aus dem Bereich ProVeg-Politik
www.vebu.de/vebu-politik

ProVeg (ehemals VEBU) ist die weltweit erste international tätige Ernährungsorganisation, die sich für die pflanzliche Lebensweise einsetzt. ProVeg verfolgt das Ziel, den weltweiten Tierkonsum bis 2040 um 50 Prozent zu verringern. ProVeg richtet sich an alle, die an einer pflanzlichen Lebensweise interessiert sind. Mit internationalen Kampagnen und Projekten sowie nützlichen Tipps unterstützt ProVeg bei der Umsetzung einer genussvollen pflanzlichen Ernährung. ProVeg arbeitet mit den wichtigsten Akteuren und einflussreichsten Multiplikatoren aus Politik, Wirtschaft und Medien zusammen, um den gesellschaftlichen Wandel hin zu einer nachhaltigen Lebensweise zu beschleunigen. Animal Charity Evaluators bewertet ProVeg als eine der drei effektivsten und förderungswürdigsten Organisationen gegen Tierleid in Europa.

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Quelle: ProVeg