Demenz kann im Alter Diabetes-Folgeerkrankung sein

In Deutschland leben derzeit etwa 1,5 Millionen Menschen mit Demenz. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes finden sich Demenzen nahezu doppelt so häufig wie bei jenen ohne die Stoffwechselerkrankung. Dies betrifft besonders die vaskuläre Demenz. Risikofaktoren sind schwere Unterzuckerungen, aber auch ein chronisch zu hoher Blutzuckerspiegel, außerden unbehandelter Bluthochdruck und Bewegungsmangel.

Zur Vorbeugung sollten Menschen mit Diabetes intensiver zur Vermeidung von Unterzuckerungen geschult und zu mehr Bewegung angeregt werden. Besonders bei diabeteskranken Senioren senken Hirnleistungsstörungen und der damit einher gehende Verlust von Autonomie und Selbstbestimmung deutlich die Lebensqualität. Demenz muss daher stärker in den Fokus der Diabetesforschung, der Diabetesbehandlung und -schulung rücken. Darauf macht diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe anlässlich des Welt-Alzheimertags am 21. September 2017 aufmerksam.

Etwa 15 Prozent der Demenzen sind vorwiegend auf Gefäß-Risikofaktoren zurückzuführen. Die Mehrheit von circa 60 Prozent der Demenzen sind degenerative Demenzen. Davon ist die Alzheimer-Demenz die bekannteste. Weitere 15 Prozent sind Mischtypen, zehn Prozent sind besondere Demenzformen. „In den letzten Jahren konnte mehrfach gezeigt werden, dass schwere Hypoglykämien bei Menschen mit Diabetes das spätere Auftreten von Demenzen fördern“, sagt der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Altersmedizin und Palliativmedizin der medius KLINIK OSTFILDERN-RUIT Privatdozent Dr. med. Dr. Univ. Rom Andrej Zeyfang. Er ist auch Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft „Diabetes und Geriatrie“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).

Beeinträchtigungen der Hirnleistungen machen es schwierig, Menschen mit Demenz und Diabetes erfolgreich zu behandeln. Denn 99 Prozent der Therapiezeit sind Menschen mit Diabetes auf sich gestellt und müssen ihre Stoffwechselerkrankung selbständig „managen“. „Aus diesem Grund muss das Vermeiden von Unterzuckerungen ein wichtiges Thema in Diabetesschulungen sein“, betont Dr. Zeyfang. Neben einem schlecht eingestellten Blutzuckerspiegel begünstigen auch Bewegungsmangel, Bluthochdruck, Depression, niedriger Bildungsgrad oder Rauchen eine Demenzentwicklung.

Demgegenüber gelten mediterrane Ernährung, sehr mäßiger Alkoholkonsum und Nikotinkarenz als Schutzfaktoren. „Das Vermitteln eines gesunden Lebensstils, vor allem mehr Bewegung und ausgewogene Ernährung, fällt vor dem Hintergrund des Ziels ‚Erhalt der Hirnleistung‘ in der Schulungssituation insbesondere für Menschen mit Typ 2 Diabetes leichter“, erklärt Dr. med. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und niedergelassener Diabetologe aus Hamburg-Bergedorf. „Dieses Ziel kann eine zusätzliche Motivation sein“.

Da Demenz eine sozial, ethisch und ökonomisch äußerst belastende chronische Erkrankung ist, sollten Behandler das Ziel verfolgen, das Auftreten einer Demenz bei Menschen mit Diabetes zu verringern beziehungsweise aufzuschieben. „Die Mehrkosten der Demenz betragen je nach Schweregrad zwischen 15 Tausend und 42 Tausend Euro pro Jahr“ erklärt Dr. Zeyfang.

„Verglichen damit sind bereits existierende Schulungsprogramme speziell für ältere Menschen mit Diabetes, die auch Problembereiche wie Demenzvermeidung beinhalten, mit rund 120 Euro pro Teilnehmer sehr günstig. Leider werden sie in den meisten Bundesländern immer noch nicht über das Diseasemanagement-Programm Diabetes angeboten.“ Eine breitere Anwendung könnte zu einer Verringerung der Demenz als Diabetes-Folge beitragen.

Quelle: Beitrag „Demenz – eine ‚neue‘ Folgeerkrankung des Diabetes im Alter“ im Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2017