Menschenrechte sind Grundbaustein für eine erfolgreiche Entwicklung

Forum Nachhaltiger Kakao – Veranstaltung Menschenrechte und internationale Lieferketten (ANUGA 10/2017)

„Entwicklungsfortschritte werden insbesondere dort erzielt, wo Menschenrechte eingehalten, die Regierungsführung verbessert und die Effizienz staatlicher Institutionen gestärkt wurden.“ Mit diesen Worten beschrieb Dr. Stefan Schmitz, Unterabteilungsleiter im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), den Dreiklang eines erfolgreichen Handlungskonzeptes für eine Politik für mehr Nachhaltigkeit und Achtung der Menschenrechte.

Untermauert wurde dies durch die Ausführungen der Referenten aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft auf der Veranstal­tung des Forum Nachhaltiger Kakao am 10. Oktober 2017 in Köln auf der Nahrungsmittel- und Getränkefachmesse ANUGA. Schmitz betonte in seiner Begrüßungsansprache auch, dass Multistakeholder-Ansätze nachhaltige Lösung erst möglich machten. „Das Forum Nachhaltiger Kakao ist dafür ein sehr gutes Beispiel“, so Schmitz.

Der Vorsitzende des Forum Nachhaltiger Kakao, Wolf Kropp-Büttner, wies darauf hin, dass Armut, Kinderarbeit und Benachteiligung der Frauen die drei größten menschenrechtlichen Herausforderungen in der Lieferkette Kakao sind. Angesichts der nach wie vor bestehenden Armut vieler Kakaobauernfamilien insbesondere in Westafrika und die zu Beginn des Jahres drastisch gefallenen Kakaopreise verdeutlichte Wolf Kropp-Büttner: „In immer komplexer werdenden Zusammenhängen lassen sich Fortschritte nur gemeinsam erzielen, koordiniert und mit allen an der Lieferkette Beteiligten und über Landesgrenzen hinaus.“

Aus Sicht der Praktiker

Anna Laven vom KIT Tropeninstitut in Amsterdam (Niederlande) erläuterte anhand jüngster, bislang unveröffentlichter Untersuchungen die aktuelle Situation der bäuerlichen Haushalte in der Côte d’Ivoire und in Ghana. Demnach ist Kakao vielfach die Haupteinnahmequelle. Vor allem bietet Kakao als einmaliges Einkommen in bedeutender Höhe die einzige Möglichkeit, größere Anschaffungen oder Ausgaben wie Schulgeld zu tätigen.

Ein garantierter Kakaopreis gibt den Bauern Planungssicherheit. Generell ist das Einkommen der bäuerlichen Familien über das Jahr gesehen ungleich verteilt. Die Zeit zwischen Juni und September ist besonders kritisch, auch unter dem Aspekt ausgewogener Ernährung: Saisonal gibt es keine Ernte; Nahrungsmittel müssten hinzugekauft werden und sind teuer.

Irene Maria Plank, Leiterin des Referats Wirtschaft und Menschenrechte im Auswärtigen Amt, stellte mit dem Nationalen Aktionsplan (NAP) das Instrument vor, mit dem in Deutschland und anderen Ländern die UN-Leitlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten umgesetzt und nachverfolgt werden. „Immer mehr Bürger erwarten, dass die Entstehung einer Ware auch den Anspruch an eine umweltbewusste und humane Globalisierung erfüllt“, sagte Irene Maria Plank. „‘Made in Germany‘ soll für Qualität stehen – auch im Menschenrechtsbereich“, so Plank weiter. In den kommenden Monaten wird die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan (NAP) weiter bekannt machen.

Wie die Umsetzung in der Praxis erfolgt und welcher Verantwortung sich die deutsche Wirtschaft stellt, beschrieben Alana Enge, Referentin für Nachhaltige Ware Food bei der REWE Group, für den Lebensmittelhandel und Marina Morari, General Manager Community Development bei der Barry Callebaut Sourcing AG, für einen weltweit agierenden Kakao- und Schokoladenhersteller. „Die REWE Group erfüllt bereits viele der Anforderungen des Nationalen Aktionsplans“, so Alana Enge.

Die REWE Group analysiert kontinuierlich Risiken der Verletzung von Sozial- und Arbeitsstandards in den Lieferketten kritischer Rohstoffe. Werden soziale Risiken identifiziert, definiert die REWE Group Anforderungen, beispielsweise über ihre Leitlinien oder im Rahmen des PRO PLANET-Prozesses, und setzt sie durch Audits und Zertifizierungen, in Brancheninitiativen oder in Projekten vor Ort um. Über die Unterstützung des Forumsprojektes PRO-PLANTEURS engagiert sich REWE zudem aktiv für nachhaltigen Kakaoanbau.

Marina Morari stellte „Forever Chocolate“ vor, Barry Callebauts Vorhaben, nachhaltig erzeugte Schokolade bis zum Jahr 2025 zur Norm zu machen. „Damit verfolgen wir ein überaus ambitioniertes Ziel“, sagte Marina Morari. Um es zu realisieren, werde Barry Callebaut dies über die eigene Lieferkette hinaus umsetzen müssen. „Deshalb fordern wir ein gemeinsames Vorgehen der Industrie, der relevanten Stakeholder und der Regierungen“, so Morari weiter.

Christian Mieles, Geschäftsführer des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH), unterstrich das aktive Engagement der Handels­unternehmen: „Mit Blick auf ihren internationalen Warenbezug, insbesondere im Eigenmarkenbereich, engagieren sich die Handelsunternehmen bereits seit Jahren auf vielfältige Weise für die Einhaltung globaler Arbeits- und Sozial­standards in ihren Lieferketten, auch bei kakaohaltigen Produkten“, sagte Christian Mieles.

Edward Akapire, Head of Region West Africa Network bei Fairtrade Africa, brachte mit seiner Erfahrung vor Ort den Blickwinkel der Kakaobauern und
-bäuerinnen in die Diskussion ein. „Fairtrade engagiert sich mit seiner Arbeit für bessere Lebensbedingungen, gegen Kinderarbeit und für eine stärkere Rolle der Frauen“, sagte Edward Akapire. „Menschenrechte zu wahren, darf nicht eine Frage der Compliance, der Übereinstimmung mit Standards, sein. Die Achtung von Menschenrechten muss zu bewusstem Handeln werden und jedem ein ureigenes Anliegen sein. Dazu gehören auch angemessene und faire Preise. Sie sind wichtig, Armut zu überwinden. Denn Armut ist die Hauptursache für Menschenrechtsverletzungen auf lokaler Ebene“, so Akapire weiter.

Friedrich Wacker, Unterabteilungsleiter im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), brachte den Stand der Diskussion in seinem Schlusswort auf den Punkt. „Wir haben seit der Gründung des Forums Nachhaltiger Kakao vor einigen Jahren bemerkenswerte Fortschritte erzielen können, die sozialen, ökologischen und ökonomischen Bedingungen in der Kakaoerzeugung zu verbessern. Dennoch sind noch einige Herausforderungen zu bewältigen: Die große Bereitschaft wichtiger Akteure in der Lieferkette, den Menschenrechten und der Nachhaltigkeit mehr Geltung zu verschaffen, ist ein wichtiges und ermutigendes Signal“, sagte Friedrich Wacker.

Auch Wolf Kropp-Büttner sieht den Sektor auf einem guten Weg: „Wir sehen eine zunehmende Transparenz und Zusammenarbeit unter den Akteuren. Ich werte das als Willen, Nachhaltigkeit wirksam und flächendeckend umzusetzen.“