Agavendicksaft: gefragtes Süßungsmittel ohne Vorteil

Längst hat Agavendicksaft einen festen Platz in Supermärkten, Reformhäusern oder Drogerien und kommt in unzähligen trendigen Rezeptideen zum Einsatz. Dank der mitunter schlicht irreführenden Vermarktung als gesunder Zuckerersatz erfreut sich der aus Mexiko stammende Pflanzensaft immer größerer Beliebtheit. Wir haben uns das gefragte Süßungsmittel etwas genauer angesehen und erklären, warum Agavendicksaft zwar eine gelegentliche Alternative darstellt, aber keine gesündere Wahl ist.

Der süße Saft aus der Agave

Agavendicksaft wird aus Aguamiel, dem Saft der Agave, hergestellt und hauptsächlich in Mexiko produziert. Von den mehr als 600 bekannten Arten innerhalb dieser Gattung werden insbesondere die Agave tequilana und die Agave salmiana für die Agavendicksaftherstellung genutzt.

Agavenpflanzen sind als Rohstoff zur Herstellung von alkoholischen Getränken wie Mezcal und Tequila bekannt. Noch heute wird vergorener Aguamiel verwendet, um das mexikanische Nationalgetränk Pulque herzustellen. Die exotischen Pflanzen gehören zur Familie der Agavengewächse und kommen hauptsächlich in tropischen, subtropischen und frostfreien Regionen vor. Hierzulande ist die Agave eine beliebte Zierpflanze.

Auf den ersten Blick erinnern die grünen und trichterförmig angeordneten Blätter an die der Aloe Vera. Agaven sind jedoch deutlich größer und erreichen je nach Art Wuchshöhen und Durchmesser von bis zu zwei Metern. Viele Agavenarten blühen nur einmal, tragen Samen und sterben dann ab. Die gestielt wachsenden Blütenstände ragen wie ein Baum meterhoch aus der Mitte der Agave heraus. Der Zeitpunkt der Blüte kann stark variieren und ist sowohl von der Art als auch von den Umweltbedingungen abhängig. Entscheidend für die Aguamiel-Gewinnung ist es, die ausgereiften Pflanzen am Ausbilden der Blütenstände zu hindern, da diese sonst keinen Saft produzieren.

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Über die genaue Zusammensetzung existieren nur wenige Angaben

Dem Aussehen nach ist der im Handel erhältliche Agavendicksaft (oder auch Agavensirup) mit Honig vergleichbar. Auch der Kaloriengehalt ähnelt dem von Honig und liegt bei etwa 300 Kilokalorien pro 100 Gramm. Allerdings ist der aus der Agave gewonnene Saft vegan, weniger zähflüssig und je nach Herstellung hellgelb oder bernsteinfarben. Je dunkler der Saft ist, desto intensiver ist der sonst milde Eigenschmack.

Generell weist Agavendicksaft einen sehr hohen Kohlenhydratgehalt auf. Das Gemisch enthält hauptsächlich Fruchtzucker (Fruktose) und nur geringere Mengen an Traubenzucker (Glukose). Da die Zuckerzusammensetzung bei den verschiedenen Agavenarten variiert, ist dieser auch im Endprodukt verschieden. Die Angaben zum Fruchtzuckergehalt reichen von 55,6 bis 90 Prozent [WILL 2012]. Da Fruchtzucker eine hohe Löslichkeit besitzt, ist Agavendicksaft süßer als üblicher Haushaltszucker.

Einsatz als Süßungsmittel analog oder alternativ zu Zucker und Co

Sowohl im Privatgebrauch als auch in der Lebensmittelindustrie wird Agavendicksaft als Süßungsmittel genutzt, um

  • Speisen und Getränke
  • Brotaufstriche
  • Desserts und Süßwaren
  • sowie Fruchtzubereitungen zu verfeinern.

Auch beim Backen kommt der Dicksaft zum Einsatz, allerdings sind hier aufgrund der Eigenschaften einige Besonderheiten zu beachten. Zum einen verfärbt sich der Teig wegen des hohen Fruchtzuckeranteils intensiver und wird schneller dunkel. Zum anderen erhält der Teig nicht die von Haushaltszucker gewohnte Standfestigkeit. Den im Rezept enthaltenen Zucker einfach durch Agavendicksaft auszutauschen reicht also nicht. Durch den höheren Wassergehalt braucht der Teig weniger Flüssigkeit und auch die Menge sollte im Hinblick auf die vergleichbar stärkere Süßkraft entsprechend angepasst werden.

Wird der Pflanzensaft aufgrund der guten Gelierfähigkeit zur Herstellung von Fruchtaufstrichen verwendet, sollten diese nach dem Öffnen bestenfalls im Kühlschrank aufbewahrt und möglichst rasch verbraucht werden. Auch angebrochener Sirup ist kühl zu lagern.

Gesundheitlicher Nutzen der Agave nicht mit dem Sirup gleichzusetzen

Die Agave selbst wird bereits seit Jahrtausenden von Einheimischen als Baumaterial oder Heilpflanze genutzt. Der Saft diente als Mittel für die Wundheilung oder gegen Entzündungen. Doch der naturbelassene Direktsaft der Pflanze hat mit dem uns bekannten industriell hergestellten Produkt nicht viel gemein. Auch wenn Agavendicksaft immer wieder als gesündere Alternative angepriesen wird, weist dieser einen hohen Fruchtzucker- und Energiegehalt auf. Zudem ähnelt Agavendicksaft in der Problematik den umstrittenen Fruktose-Glukose- bzw. Glukose-Fruktose-Sirups und Isoglukose.

Der gute Ruf als natürliches und gesundes Produkt ist unbegründet

In der Debatte um den süßen Mexikaner ist der niedrige Glykämische Index immer wieder ein beliebtes Pro-Argument. Es stimmt, dass Fruchtzucker den Blutzuckerspiegel nicht in gleicher Weise wie Haushaltszucker erhöht. Allerdings wandelt sich der vermeintliche Vorteil beim Konsum größerer Mengen schnell in einen gesundheitlichen Nachteil.

Denn Fruchtzucker wird in der Leber verstoffwechselt. Ist diese mit der Menge überlastet, wandelt sie den überschüssigen Fruchtzucker in Fett um. Ein Teil davon verbleibt im Gewebe und begünstigt eine Verfettung des Organs. Ein weiter Teil gelangt ins Blut und resultiert in erhöhten Blutfettwerten.

Ein hoher Fruchtzuckerkonsum steigert das Risiko für eine Reihe von Gesundheitsstörungen, die unter dem Begriff Metabolisches Syndrom bekannt sind. Dieses wird auch als tödliches Quartett bezeichnet und ist charakterisiert durch

  • Abdominale Fettsucht (Adipositas)
  • Diabetes mellitus Typ 2
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Bluthochdruck (Hypertonie)
  • und in seltenen Fällen Gicht (Hyperurikämie).

Der hohe Anteil an Fruchtzucker ist somit der größte gesundheitliche Nachteil des Sirups. Für Menschen mit Fruchtzuckerunverträglichkeiten ist Agavendicksaft zudem gänzlich ungeeignet.

Auch bei Gesunden führen große Mengen häufig zu Verdauungsbeschwerden, da unser Darm nur begrenzte Mengen an Fruchtzucker verarbeiten kann. Essen wir zu viel davon auf einmal, gelangt der Überschuss in den Dickdarm. Dort ansässige Bakterien bauen diesen ab und bilden dabei Gase. In der Folge entstehen Blähungen, Bauchkrämpfe und Durchfälle.

Da beim Abbau von Fruchtzucker zudem vermehrt Harnsäure gebildet wird, ist dieser auch für Gichtpatienten problematisch. Wer zu hohen Harnsäurewerten oder zu Gichtanfällen neigt, sollte also Agavendicksaft nur mit Bedacht verzehren. Zudem wirkt (Frucht-)Zucker negativ auf die Zahngesundheit.

Ein weiterer Vorteil des Sirups wird im Gehalt an Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen und Spurenelementen gesehen. Die Mengen sind allerdings so gering, dass diese für die Nährstoffzufuhr schlichtweg unbedeutend sind. Der Vorteil des Sirups ist also – wenn überhaupt – im Geschmack zu suchen.

Auch aus ökologischer Sicht kein Vorteil gegenüber Zucker

Agavendicksaft ist nicht nur aus gesundheitlichen Gründen umstritten. Um der gesteigerten Nachfrage nachzukommen, werden in Mexiko inzwischen riesige Agaven-Plantagen angelegt. Die Pflanzen benötigen mehrere Jahre, um auszureifen. Des Weiteren kommen mitunter großflächig Pestizide zum Einsatz, um das Gedeihen der Pflanzen zu sichern. Der mit der Herstellung verbundene hohe Energieaufwand und die hohen Transportkosten legen einen Schatten über den beliebten Süßmacher. Neben den gesundheitlichen Bedenken ist also auch mit Blick auf den ökologischen Fußabdruck eher zur sparsamen Verwendung von Agavendicksaft geraten.

Fazit: Verwenden Sie Agavendicksaft nur in Maßen

Agavendicksaft ist wie andere Fruchtsirups nur eingeschränkt zu empfehlen. Trotz pflanzlichen Ursprungs handelt es sich bei den industriell hergestellten Dicksäften um stark konzentrierte Süßungsmittel mit hohem Zucker- und Energiegehalt. Heimische Alternativen wie Zuckerrübensirup oder Rübenkraut, Apfel- und Birnendicksaft kommen hinsichtlich des ökologischen Fußabdrucks besser weg. Allerdings besitzen auch diese keinen gesundheitlichen Vorteil.

Wer nicht ganz ohne Süße auskommt, kann auf Honig zurückgreifen. Dieser enthält je nach Qualität noch Vitamine, Mineralstoffe, Enzyme und Blütenpollen. Aber Vorsicht – auch hier ist der Zuckeranteil beträchtlich. Für alle Produkte gilt gleichermaßen: Die Dosis macht das Gift. Den Konsum von Süßungsmitteln generell zu reduzieren ist nach wie vor der beste Weg.

Hinweis: Unseren Mitgliedern steht zu diesem Thema ein Food-Steckbrief zum Download zur Verfügung. Dieser fasst auf zwei Seiten die wichtigsten Daten zusammen.

Redaktion:
BSc Oec. troph. Nicole Tieri

Pressekontakt:
Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) e.V.
Gerhart-Hauptmann-Ring 19, 60439 Frankfurt am Main

Quelle: FET e.V. – Agavendicksaft: gefragtes Süßungsmittel ohne Vorteil