Blutdruck und Kochsalz – eine innige Beziehung?

Fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland leidet unter bekanntem, ärztlich diagnostiziertem Bluthochdruck. (1) Als wichtigster Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind effektive Präventionsmaßnahmen gegen Bluthochdruck wichtiger denn je.

Neben ungünstiger erblicher Vorbelastung, Übergewicht, Bewegungsmangel und Stress scheint auch ein erhöhter Kochsalzkonsum in der Ernährung die Entstehung von Bluthochdruck zu begünstigen. Aktuelle Studien diskutieren die Empfehlungen zur kochsalzarmen Ernährung allerdings kontrovers.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine Kochsalzzufuhr von 6 g/d. Das entspricht in etwa einem leicht gehäuften Teelöffel. Bedenklich ist, dass 80 % der Männer und 73 % der Frauen diese Empfehlung überschreiten. Schließlich ist eine Mehraufnahme mit einem erhöhten Blutdruck verbunden. (2)

Eine besondere Gefahr verbirgt sich hinter Fertiggerichten, die in der westlichen Ernährungsweise mittlerweile fest verankert sind. Sie sind oft sehr salzig, so dass bereits ein Tellergericht die empfohlene Tagesmenge an Kochsalz abdeckt. Mehrere wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Reduktion von Kochsalz den Blutdruck senken kann. (3) Damit lässt sich eine allgemeine Empfehlung zur Reduktion als Präventionsmaßnahme eigentlich nicht abstreiten. Allerdings leidet nicht die gesamte Bevölkerung an einem erhöhten Blutdruck. Hier stellt sich die Frage, ob auch Gesunde von einer kochsalzarmen Ernährung profitieren.

Gibt es neben dem Zuviel auch ein Zuwenig?

Sowohl die DGE als auch die Weltgesundheitsorganisation oder die US-amerikanische Herzgesellschaft sind sich einig: Eine Reduktion der Kochsalzzufuhr ist gut für den Blutdruck und senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch erst kürzlich veröffentlichte Studienergebnisse unterstützen die Empfehlungen. Eine Salzreduktion scheint verglichen mit anderen diätetischen Maßnahmen einen nennenswerten Effekt auf den Blutdruck zu haben.

Verglichen wurde das mit der in den USA bereits in den 1990er Jahren ins Leben gerufenen DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension) – einer Diätmaßnahme mit dem Ziel, den Blutdruck zu senken. In einer kontrollierten Studie mit 412 Teilnehmern, mit einem leicht erhöhten Blutdruck, wurden die Effekte der DASH-Diät mit einer herkömmlichen Ernährungsweise verglichen. Dabei wurden die beiden Ernährungsformen mit jeweils drei unterschiedlichen Salzmengen – viel, mittel, wenig – durchgeführt. Während die Blutdruckreduktion der Teilnehmer der DASH-Diät nur innerhalb einer Woche beobachtet werden konnte, sank der Blutdruck der Teilnehmer mit salzreduzierter herkömmlicher Ernährung über die gesamten vier Wochen. (4)

Allerdings warnen Wissenschaftler auch vor einer zu geringen Kochsalzzufuhr. Sie gehen von einer U-förmigen Beziehung zwischen Kochsalzaufnahme und dem Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen aus. Es sollen also nicht nur Mengen oberhalb der empfohlenen Höchstzufuhr das Krankheitsrisiko erhöhen, sondern auch zu geringe Mengen. (5) Allerdings ist der Wert für die unterste Grenze noch nicht klar. Bisher existieren keine kontrollierten Studien, um eine schädliche Wirkung einer zu geringen Kochsalzaufnahme – vor allem bei gesunden Menschen, ohne Bluthochdruck – auszuschließen.

Möglicher neuer Therapieansatz – Milchsäurebakterien im Darm

Erst kürzlich erschien im renommierten Fachjournal nature eine Studie, die bestimmten Milchsäurebakterien im Darm, den Laktobazillen, eine Beteiligung an der Entstehung von Bluthochdruck durch hohen Kochsalzkonsum zuweist.6 An Mäusen konnten die Forscher zeigen, dass eine übermäßige Kochsalzzufuhr die Zahl der Laktobazillen im Darm reduziert. Gleichzeitig stieg der Blutdruck und auch bestimmte Immunzellen, die in Verbindung mit Bluthochdruck stehen, waren vermehrt nachweisbar. Erhielten die Mäuse zusätzlich zu ihrer salzreichen Nahrung Milchsäurebakterien, sank der Blutdruck und die Anzahl der Immunzellen ging zurück.

Um die Ergebnisse am Menschen zu überprüfen untersuchten die Forscher acht gesunde Männer vor und nach 14-tägiger erhöhter Kochsalzaufnahme. Wie bei den Mäusen waren die Laktobazillen im Darm nicht mehr nachweisbar, auch der Blutdruck war erhöht und die Anzahl der Immunzellen gestiegen.6 Inwieweit Laktobazillen, die natürlicherweise in Joghurt oder Käse zu finden sind, therapeutisch einsetzbar sind, bleibt abzuwarten. Kontrollierte Studien mit Bluthochdruck-Patienten könnten schon bald mehr Informationen zur Wirksamkeit geben.

[1] Hannelore Neuhauser; Ronny Kuhnert; Sabine Born: 12-Monats-Prävalenz von Bluthochdruck in Deutschland; Journal of Health Monitoring 2 (1) , 2017 S. 57-63; DOI: 10.17886/RKI-GBE-2017-007

[2] 13. DGE Ernährungsbericht, Deutsche Gesellschaft für Ernährung, 2016

[3] Aburto NJ, Ziolkovska A, Hooper L, Elliott P, Cappuccio FP, Meerpohl JJ., Effect of lower sodium intake on health: systematic review and meta-analyses. BMJ. 2013 Apr 3;346:f1326. doi: 10.1136/bmj.f1326

[4] Juraschek SP, Woodward M, Sacks FM, Carey VJ, Miller ER , Appel LJ; Time Course of Change in Blood Pressure From Sodium Reduction and the DASH Diet. Hypertension. 2017 Nov;70(5):923-929. doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.117.10017.

[5] Graudal N, Jürgens G, Baslund B, Alderman MH. Compared with usual sodium intake, low- and excessive-sodium diets are associated with increased mortality: a meta-analysis. Am J Hypertens. 2014 Sep;27(9):1129-37. doi: 10.1093/ajh/hpu028.

[6] Wilck N, Matus MG, Kearney SM, et al. Salt-responsive gut commensal modulates TH17 axis and disease. Nature. 2017 Nov 30;551(7682):585-589. doi: 10.1038/nature24628

Quelle: GIVE e. V.