Mit dem Essen spielt man nicht – Oder doch?

Generationen über Generationen hält sich dieser Satz im Erziehungs-Repertoire vieler Eltern: Mit dem Essen spielt man nicht. Warum aber eigentlich nicht? Ist es nur eine Frage des Alters, der Moral oder einfach nur überholt?

Bei manchen Großeltern wird das Essen lernen ihrer Enkel mit ungläubigen Blicken begleitet. Den Mangel oft selbst noch hautnah miterlebt oder von den eigenen Eltern überliefert, sind sie erzogen worden, sparsam und besonders sorgsam mit Lebensmitteln umzugehen. Verwendung statt Verschwendung. Wegwerfen ist verpönt. Wenn das Essen der Enkel nach ausgiebigem Erkunden auf dem Boden landet, können hier nicht nur Ansichten, sondern ganze Grundhaltungen aufeinanderprallen. Mit Essen spielt man nicht! Kann Essen aber nicht doch auch ein Spiel sein?

Spielen ist Lernen

Für Babys ist jegliche Art von Erkunden und Entdecken der Welt ein Spiel. Das Spiel ist genau genommen ihre Methode zum Lernen. Mit allen Sinnen wird dabei bis ins Detail ertastet, probiert, betrachtet, gefühlt, gekostet, geschnuppert aber auch zerpflückt, verschmiert, zerrupft, zerquetscht und zermatscht. Dies Alles ist Teil des Erlernens von Geschmack und Geruch, von Beschaffenheit und Konsistenz bis hin zum Erfahren und Prüfen der Gesetze der Schwerkraft – vor Allem wenn der kleine Liebling etwas zum 10. Mal vom Hochstuhl hinunter wirft. Alles in Allem ist es ein neugieriges Austesten, eine wahre Sinnesexplosion und somit ein reines Abenteuer – etwas dass Erwachsene kaum noch erleben dürfen. Für Eltern, die dieses Spiel ausgiebig zulassen, endet die Mahlzeit mit Lappen, Handfeger und Boden wischen. Was nachhallt ist nicht selten die eigene Ambivalenz.

Wertschätzung und Spaß schließen einander nicht aus

Mit Essen Spielen polarisiert. Zwar wird bei Babys das Spielen und in dem Sinne Erkunden des Essens meist zugelassen, weil es als Lernprozess dazugehört aber auch weil viele Familien heute nicht mehr penibel darauf achten müssen, ob etwas durch die Spielerei ungenießbar wird. Und genau da liegt der Knackpunkt, der schmale Grat zur Verschwendung. Bei älteren Kindern wird eine Spielerei oftmals strikt unterbunden. Wenig reflektierte Argumente von hungernden Menschen anderswo wirken dabei nur begrenzt überzeugend. Eine glaubwürdige Argumentation könnte auf einen Appell an den achtsamen und nicht verschwenderischen Umgang mit Lebensmitteln bauen. Denn unsere Nahrung benötigt viel Energie und Zeit bis sie schlussendlich auf unseren Tellern landet. Es ist wichtig Kindern Wertschätzung und Dankbarkeit für Lebensmittel von klein auf zu vermitteln. Dies schließt aber keinesfalls aus, Genuss und Spaß beim Essen erfahren zu dürfen, denn das Auge und auch die Fantasie essen mit.

Fantasie für mehr Appetit

Fun-Food-Ideen von lustigen Obstgesichtern, geschnitzten Gemüsetierchen und ganzen Mahlzeiten, die kindlich dekoriert die Lust und den Spaß beim Essen befördern sollen, kursieren seit Jahren in Büchern und im Internet. Doch das alles ist nicht nötig – es reicht schon ein bisschen Fantasie: Simple Hackbällchen in Tomatensauce werden zum Reisvulkan mit Lavasauce und Gesteinsbrocken. Der schmeckt den Kleinen gleich doppelt so gut und weniger beliebte Lebensmittel lassen sich bei eigenwilligen Kindern fantasievoll anpreisen. Viele Eltern schwören sogar auf diese Tricks und Spielerei bei kleinen Essenverweigerern.

Lebensmittel zum Basteln – ja oder nein?

Umstritten ist die Frage – gerade jetzt zur Osterzeit – ob Lebensmittel zum Basteln verwendet werden sollten? Beim Ostereier bemalen fokussiert sich die uralte Tradition nur auf die Schale, das Ei an sich wird noch gegessen. Beim Ostereier färben mit Lebensmitteln, werden die Lebensmittel, welche zum Färben dienen, zumeist verworfen. Dafür wird auf chemische Tabletten verzichtet, die letztendlich im Abwasser landen.

Tipp: Färben Sie Ihre Ostereier dieses Jahr doch mal natürlich. Hier geht’s zu unserer Anleitung.

In Tontöpfen ausgesäte Kresseköpfe sind nicht nur niedlich, sondern auch essbar und vermitteln zugleich die Zusammenhänge zwischen Entstehen und Ernten. Was aber ist mit Kartoffeldruck bei dem eine halbierte zu Motiven geschnitzte Kartoffel als Stempel benutzt wird? Hier wird die Kartoffel ausschließlich zum Spielen beziehungsweise Basteln verwendet. Statt Lebensmittel zu ver(sch)wenden, sollte jedoch auch quer gedacht und überlegt werden aus welchen Dingen, die sonst im Abfall landen würden, noch tolle Bastelideen entstehen könnten. Up-Cycling ist ein großer Trend und nachhaltig zugleich. Statt Kartoffeln eignen sich etwa auch Flaschenkorken hervorragend zum Schnitzen und Stempeln.

Ob bewusstes Spielen mit Lebensmitteln in Ordnung ist, muss sich zuletzt jeder selbst beantworten. Eine grundsätzlich wertschätzende Haltung und ein sorgsamer Umgang mit Nahrung schließt nicht grundsätzlich aus, mit Fantasie beim Essen dabei zu sein und Spaß mit Lebensmitteln zu haben.

Quelle:
LEL Schwäbisch Gmünd, Infodienst Landwirtschaft – Ernährung – Ländlicher Raum
http://www.ernaehrung-bw.info