Nachhaltige Entwicklungsziele – Ernährungssicherung für die Zukunft

55. DGE-Kongress in Stuttgart-Hohenheim.

Wie kann es gelingen, zukünftig die Nährstoffversorgung im Zuge des Klimawandels weltweit zu sichern oder dem Mangel an Nährstoffen wie Zink, Jod, Eisen oder Selen entgegenzuwirken? Mit welchen Strategien die Ernährungswissenschaft und angrenzende Fachgebiete zur Nahrungssicherheit beitragen können, diskutieren Wissenschaftler vom 7. bis 9. März 2018 auf dem 55. Wissenschaftlichen Kongress der DGE.

Er steht unter dem Titel „Nachhaltige Entwicklungsziele – Ernährungssicherung für die Zukunft“ und findet an der Universität Hohenheim in Stuttgart statt und fokussiert die Ernährungsprobleme weltweit und vor der eigenen Haustür. „Ein zentraler Aspekt bei der Lösung der Probleme ist die Nachhaltigkeit, die in Hohenheim seit jeher eine große Rolle spielt. Sie war einer der zentralen Gründungsgedanken der Universität Hohenheim vor 200 Jahren“ sagt Prof. Dr. Lutz Graeve, Mitglied im Wissenschaftlichen Präsidium der DGE. „Und das ist bis heute so. Ein Großteil unserer Forschungsprojekte widmet sich ganz konkreten Aspekten und Fragestellungen der Nachhaltigkeit. Das zeigen u. a. auch der Schwerpunkt Bioökonomie und die Forschungszentren für Ernährungssicherung und Gesundheitswissenschaften.“ Gemeinsam mit Prof. Dr. Jan Frank und Prof. Dr. Stephan C. Bischof hat Prof. Graeve die wissenschaftliche Leitung des Kongresses inne.

Den über 550 Teilnehmern steht an den 2 ½ Kongresstagen ein interessantes und vielfältiges Programm zur Verfügung. In zahlreichen Vorträgen und Posterbeiträgen stellen Nachwuchswissenschaftler aktuelle Forschungsergebnisse u. a. zur Analytik und biologischen Aktivität sekundärer Pflanzenstoffe, zur Ernährung vulnerabler Bevölkerungsgruppen, Gesundheitsförderung und Essverhalten sowie Herausforderungen in der Gemeinschaftsverpflegung vor.

Die Vortrags- und Posterreihe „Ernährungssicherung für die Zukunft“ vertieft das Kongressthema mit Fragestellungen zur Ökobilanz und Nährstoffzusammensetzung alternativer Proteinquellen. Die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in der tierischen Lebensmittelproduktion wird ebenfalls thematisiert. Ein Minisymposium beschäftigt sich mit Insekten als Lebens- und Futtermittel und beim Nationalen Ernährungsmonitoring des Max Rubner-Institutes geht es um Ansätze zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen in privaten Haushalten. Die Nachhaltigkeit ist Schwerpunkt der drei Plenarvorträge des Kongresses zu den Themen Landwirtschaft, Klimawandel und Mangelernährung.

Bio für alle?

Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), stellt die Frage: „Welche Landwirtschaft taugt für die Zukunft?“. Eine Lösung für die zukünftige weltweite Ernährungssicherung sieht Löwenstein in der ökologischen Intensivierung. Sie beinhalte eine intelligente Nutzung der Natur bei möglichst geringem Einsatz von zusätzlichen Betriebsmitteln.

Der Schlüssel für den Übergang zu einer ökologischen Landwirtschaft liegt für zu Löwenstein in der „Kosteninternalisierung“. Es müsse Schluss damit sein, dass die Umwelt einen erheblichen Teil der Produktionskosten zahlen würde, statt damit den Preis der Produkte zu belasten. Am Beispiel des Fleischkonsums hieße das: Die Hälfte zum doppelten Preis. Das würde die Lebensmittelausgaben nicht erhöhen, sei gesundheitsfördernd und bilde einen Beitrag zur Sicherung der Welternährung. Auch die DGE empfiehlt, nicht mehr als 300-600 g Fleisch pro Woche zu essen. Männer überschreiten diesen Orientierungswert in Deutschland durchschnittlich um das Zweifache.

Klimawandel und Nährstoffversorgung

Die vielfältigen Kausalketten, über die sich der Klimawandel auf den menschlichen Ernährungszustand auswirkt, erörtert Prof. Dr. Rainer Sauerborn, Leiter des Instituts für Public Health der Universität Heidelberg und Mitglied im Weltklimarat. Experimentelle Feldversuche zeigen, dass hohe CO2-Konzentrationen den Gehalt an Zink, Eisen und Protein in Weizen, Reis und Leguminosen verringern.

Weitere Effekte des Klimawandels sind beispielsweise niedrigere Ernten durch Veränderungen im Niederschlag, geringere Produktivität der Landwirtschaft bedingt durch Hitze, Versalzung der Böden durch Überschwemmungen oder die Zunahme von Infektionskrankheiten und Diarrhoe bei Kleinkindern. Vor allem bei Kleinkindern und in ärmeren Bevölkerungsschichten folgen daraus häufigere und ausgeprägtere Mangel- und Unterernährung. Als Gegenmaßnahmen benennt Sauerborn die Verstärkung des Klimaschutzes, landwirtschaftliche Anpassungsmaßnahmen sowie Ernährung und Gesundheitsdienste wie u. a. Impfungen gegen Infektionskrankheiten.

Mangelernährung mit Pflanzenernährung bekämpfen

Prof. Dr. Ismail Cakmak von der Sabanci Universität in Istanbul diskutiert die Rolle der Landwirtschaft bei der Bekämpfung von Mikronährstoffdefiziten beim Menschen. Denn diese seien trotz steigender verfügbarer Nahrung für den menschlichen Verzehr nach wie vor ein globales Gesundheitsproblem, insbesondere in Entwicklungsländern, zunehmend aber auch in gut entwickelten Ländern.

Gut dokumentierte Mikronährstoffmängel sind z. B. Zink-, Jod-, Eisen- und Selenmangel, an denen rund zwei Milliarden Menschen leiden und die diverse Gesundheitskomplikationen bedingen. In gezielten Düngestrategien sieht Cakmak eine nützliche, natürliche und kostengünstige Möglichkeit, um die Akkumulation von Mikronährstoffen in Feldkulturen zu verbessern und damit entsprechende Defizite beim Menschen deutlich zu reduzieren.

Quelle: und Pressekontakt DGE