Stadternährungsplanung: Wie Biostädte Land und Stadt zusammenbringen

„Wir werden in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr um den letzten Euro kämpfen sondern um den letzten Quadratmeter“, sagte Dr. Ulrich Maly, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg zur Eröffnung der Fachmesse StadtLandBio in Nürnberg.

Hier trafen sich 300 Vertreter aus Städten und Gemeinden, um sich dafür stark zu machen, dass es auf kommunaler Ebene künftig mehr Bio gibt. Doch was hat Flächenversiegelung in der Stadt mit biologischer Landwirtschaft zu tun? „Für jeden versiegelten Quadratmeter in der Stadt brauchen wir Ausgleichsfläche im Umland“, meinte Maly. „Sie muss möglichst biodivers sein, das heißt biologisch und auf keinen Fall unter Glas.“

Biostädte setzen genau an diesem Punkt an. Sie stärken die Nachfrage nach biologischen Lebensmitteln und machen auf diese Weise Agrarpolitik in der Region. „Biostadt ist keine Auszeichnung, sondern eine Verpflichtung, sich auf einen Weg zu machen“, stellte Dr. Werner Ebert klar. Er ist Biostadtkoordinator in Nürnberg und kümmert sich seit15 Jahren um das Thema. Außerdem ist er Sprecher des deutschen Biostädte Netzwerkes.

Insgesamt 17 Biostädte gibt es mittlerweile in Deutschland. Wer dem Netzwerk beitreten möchte, muss mehrere Anforderungen erfüllen. Die Stadt braucht einen Ratsbeschluss und klar definierte, selbstgesteckte Ziele. Nürnberg beispielsweise will bis 2020 in allen Kitas einen Bioanteil von 75 % erreichen. In den Schulen und auf Märkten soll es in zwei Jahren 50 % Bio geben, in den städtischen Einrichtungen 25 %. Auf diese Weise wollen die Nürnberger dafür sorgen, dass es im Umland dann 20 % Biolandwirte gibt.

Wer in Nürnberg Schulen, Kitas oder öffentliche Kantinen versorgen möchte, muss den definierten Mindestanteil an Bioware liefern. Aber auch die Bevölkerung will eingebunden werden. In Nürnberg gibt es dafür große Veranstaltungen, Brotboxaktionen, Exkursionen und sogar Bio-Reisen.

Die Biostadt Darmstadt veranstaltet einmal im Jahr den Nachhaltigkeitsaktionstag „Sinn & FairStand: Nachhaltig leben.“ Michael Kolmer, Amt für Wirtschafts- und Stadtentwicklung Darmstadt: „Der Grund, warum Darmstadt eine Biostadt ist, liegt an den vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen.“

Ausgangspunkt aller Aktivitäten war die ehemalige Staatsdomäne Hofgut Oberfeld. Sie wurde von einer bürgerschaftlichen Initiative zu einem integrativen Lernort entwickelt, mit allem was das Städterherz begehrt: Schafe, Rinder, Bienen, Café, Hofladen, Käserei und einem bunten Kultur- und Bildungsprogramm. Von dort ist ein Projekt nach dem anderen dazu gekommen, zum Beispiel Schulungen für Köche oder Gastronomieauszeichnungen.

„Biostadt ist aber auch Wirtschaftsförderung“, sagte Kolmer. Das Bekenntnis zur Biostadt hat dazu geführt, dass sich nun der Naturkostgroßhändler Alnatura in Darmstadt niederlässt und unter anderem das weltweit größte Bürohaus in Lehmbauweise baut. All diese Aktivitäten wiederum waren eine gute Basis für den Antrag, eine Ökomodellregion in Hessen zu werden. „Domino-Effekt“ nennt Kolmer das und macht Mut, einfach an einem Punkt anzufangen.

Auch Benedikt Bisping, erster Bürgermeister der Kleinstadt Lauf an der Pegnitz, ist ein Freund von pragmatischen Strategien. Im Ferienprogramm können Kinder mit ihm auf dem Bauernmarkt einkaufen. Die Hauswirtschaftskräfte von den Laufer Schulen nimmt er mit auf die BioFach Messe. Sein Ziel: Wir wollen Bio ein Gesicht geben. Aus der Biostadt München hört man, dass auch das Küchenmanagement eine große Rolle spielt.

„Es geht nicht um die Frage, ob etwas billig oder teuer ist“, sagte Katharina Schwarzenberger, Biostadt München. „Es geht vor allem um die Frage: Wo kaufe ich ein, wie sind meine Abläufe, die Arbeitsbedingungen und die Speisepläne?“ Die Stadt hat in drei Jahren 400 Kitas geschult, ein Biomentoren-Programm aufgesetzt und die Internetplattform www.biospeiseplan.de eingerichtet. Dort können Küchenleiter kostenfrei ihre Biospeiseplanung vornehmen.

Weitere Informationen:

STADTLANDBIO wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft gefördert.

Zu den Partnern und Unterstützern gehören der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e. V. (BÖLW), das Netzwerk Deutscher Biostädte, das Organic Cities Netzwerk, NÜRNBERG DIE BIOMETROPOLE, Nürnberg Messe GmbH, Europäische Metropolregion Nürnberg e.V., Deutscher Städtetag, Deutscher Städte- und Gemeindebund, Deutscher Landkreistag.

Quelle: Gesa Maschkowski, www.bzfe.de