Biotech-Industrie kritisiert pauschale Gentechnik-Definition des EuGH

EuGH-Entscheidung zu Genom-Editing blockiert Innovationen.

Biotech-Unternehmen in Deutschland enttäuscht von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur rechtlichen Einordnung molekular-biologischer Methoden. Pauschale Ausweitung der europäischen GVO-Richtlinie blockiert oder behindert enormes Innovationspotenzial von Genom-Editing für Landwirtschaft, Medizin und biobasierte Chemikalien.

Das Urteil des EuGH ist nicht nur ein Rückschlag für Pflanzenzüchter, sondern auch für die Medizin und die Produktion biobasierter Chemikalien. Die neuen molekularbiologischen Werkzeuge bieten völlig neue Möglichkeiten bei der Erforschung und Entwicklung von Arzneimitteln, Pflanzensorten und in der industriellen Biotechnologie.

Die Biotech-Unternehmen in Deutschland sind enttäuscht von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur rechtlichen Einordnung molekularbiologischer Methoden, die als „Genom-Editing“ bezeichnet werden. Die Richter entschieden, dass mit Genom-Editing bei jeder Anwendung gentechnisch veränderte Organismen (GVO) entstehen, auch wenn ihr Erbmaterial von natürlichen Varianten oder konventionellen Züchtungsergebnissen nicht zu unterscheiden ist. Aus Sicht der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) wird mit dieser pauschalen Ausweitung der europäischen GVO-Richtlinie das enorme Innovationspotenzial von Genom-Editing für die Landwirtschaft blockiert sowie für Medizin und biobasierte Chemikalien behindert.

Ricardo Gent, Geschäftsführer der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) sagte: „Das Urteil ist eine sehr schlechte Nachricht für Pflanzenzüchter, Arzneimittelforscher und Hersteller biobasierter Chemikalien. Hochinnovative Methoden wie Crispr/Cas werden überreguliert, ohne dass dies wissenschaftlich gerechtfertigt wäre.“

Die Auffassung des Gerichtes, dass moderne Verfahren der Mutagenese, wie zum Beispiel Genom-Editing, vergleichbare potenzielle Risiken bergen wie ältere Transgenese-Verfahren (Einbringen artfremder DNA in einen Organismus) teilt die DIB nicht. Wenn die Politik die Anwendung von Genom-Editing auf dieser Grundlage einschränken werde, so Gent, würden Deutschland und Europa gegenüber Ländern wie China und den USA in allen Bereichen der Biotechnologie ins Hintertreffen geraten.

Durch Genom-Editing stehen heute molekularbiologische Werkzeuge zur Verfügung, die große Chancen für die Erforschung und Entwicklung neuer Therapien und Pflanzensorten oder in der industriellen Biotechnologie eröffnen, betont der DIB-Geschäftsführer. „Ein Verzicht auf diese Werkzeuge wird negative Auswirkungen auf die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen haben.“

Die Logik des EuGH-Urteils kann die DIB nicht nachvollziehen: Rechtlich gesehen lag bisher ein GVO nur dann vor, wenn das Erbgut von Pflanzen oder Bakterien so verändert wird, wie es auf natürliche Weise nicht möglich wäre. Mit Genom-Editing kann man das Erbmaterial aber so modifizieren, dass dies einer Mutation durch natürlichen Wandel gleicht.

„Genom-Editing kann zu einem gentechnisch veränderten Organismus führen, muss es aber nicht zwangsläufig“, so Gent, „Das sehen auch unabhängige wissenschaftliche Behörden wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) so. Wir hätten uns sehr gewünscht, dass die Richter sich in ihrem Urteil an der Wissenschaft orientieren.“

Service:
Genom-Editing wird auch als „gezielte Mutagenese“ bezeichnet. Daten und Fakten zu dieser molekularbiologischen Methode finden Sie in der hier verlinkten PDF-Datei (Umfang: 3 Seiten).

Quelle und Pressekontakt DIB